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WAIBLINGEN: Rossschlachter freut sich über Zulauf

WAIBLINGEN

Rossschlachter freut sich über Zulauf

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    Gutes Fleisch vom Ross: Der Waiblinger Pferdemetzger Rolf Beerwart in seinem Kühlraum. Der Pferdemetzger freut sich über mehr Kunden.
    Gutes Fleisch vom Ross: Der Waiblinger Pferdemetzger Rolf Beerwart in seinem Kühlraum. Der Pferdemetzger freut sich über mehr Kunden. Foto: Foto: dpa

    „Katalanischer Schäferhund zu verkaufen“, steht auf einem Zettel, der mit Klebestreifen an der Ladentür befestigt ist. Neben dem Text schaut ein kleiner Welpe herzzerreißend in die Kamera. Nanu, verkauft der Waiblinger Pferdemetzger Rolf Beerwart nun etwa auch Hundefleisch? Mitnichten: Dunkelrotes und von feinen weißen Maserungen durchzogenes Pferdefleisch ist seit knapp zwanzig Jahren seine Spezialität, von Hund in der Auslage selbstverständlich keine Spur.

    Bei Beerwart gibt es so ziemlich alles, was ein Pferdekörper als Produktlieferant eben so hergeben kann: Rücken, Filet, Braten, Steak, Gulasch, Würste, natürlich auch Maultaschen, mariniertes Grillfleisch, Suppenfleisch, Leberkäswecken, Bolognese, Rouladen. Rund zehn Tiere verarbeitet Beerwart pro Woche gemeinsam mit seinen beiden angestellten Metzgermeistern.

    Gerade jetzt, seit Beginn des Skandals um falsch deklariertes Pferdefleisch in Fertigprodukten, könnte er pro Woche gut und gern das Fleisch von fünf Tieren mehr verkaufen. Denn kurioserweise ist der Anteil der Kunden in den vergangenen Wochen um etwa zehn Prozent angestiegen. „Und das, obwohl sich jeder über das Pferdefleisch in Fertiglasagne aufregt – ich verstehe es auch nicht, weshalb jetzt plötzlich so viele freiwillig gerade das eigentlich verschmähte Pferdefleisch kaufen“, sagt Beerwart und schüttelt den Kopf.

    Auch einige Gastronomen hätten bei ihm angefragt mit dem Hintergrund, eventuell Pferdefleisch auf die Karte im Restaurant zu setzen. Dass Pferdefleisch eines Tages zum Standardangebot auf den Speisekarten in deutschen Restaurants gehört, kann sich der Waiblinger Metzger allerdings nicht vorstellen. „Pferdefleisch war zu Kriegszeiten ein Arme-Leute-Essen, das steckt den Menschen bis heute im Kopf – und deshalb ist dieses Produkt bis heute in dieser Ecke.“

    Bis vor zehn Jahren hätten einige Kunden beim Einkaufen sogar nach einer neutralen Tüte verlangt, weil es ihnen peinlich gewesen sei, mit dem Aufdruck des Pferdemetzgers gesehen zu werden. Dabei ist es gutes, gesundes und muskulöses Fleisch; nicht jedes Schlachttier hat zu Lebzeiten eine so schöne oder zumindest aus Ernährungssicht gesunde Zeit gehabt. „Die Pferdebesitzer geben ja wahnsinnig viel Geld für ihre Tiere aus. Da wird Müsli gekauft und Kraftfutter, da werden Obst und Gemüse verfüttert – und dann haben die Tiere auch genug Bewegung und frische Luft, das sind ja traumhafte Bedingungen“, sagt der Schlachter.

    Zudem werden jede einzelne Medikamentengabe und jeder Tierarztbesuch von Geburt an lückenlos durch den sogenannten Pferdepass dokumentiert. In jenem Dokument ist vor allem eine ganz bestimmte Seite wichtig, nämlich jene, in dem der Pferdebesitzer angekreuzt hat, ob sein Tier einmal zur Schlachtung freigegeben ist oder nicht. „Fehlt das Kreuz an der Stelle, wird das Tier nicht geschlachtet und als Lebensmittel freigegeben.“

    Er liebe seinen Beruf, sagt der 64-jährige Beerwart – auch wenn es ihm selbst manchmal leid tut, wenn er den Abschiedsschmerz der Pferdebesitzer kurz vor dem Todesschuss mit ansehen müsse. „Fast alle der Pferdebesitzer bringen ihre Tiere selbst zu mir, weil sie einfach dabei sein möchten, wenn es stirbt.“

    Doch auch wenn es den Besitzern in jenem Moment zumeist die Tränen in die Augen treibt: Für Sentimentalitäten bleibt in dem 1946 von Beerwarts Großvater gegründeten Betrieb keine Zeit. Fleisch ist Fleisch – zumindest sieht das Beerwart so.

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