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STUTTGART: Rückkehr nach „Monrepos“

STUTTGART

Rückkehr nach „Monrepos“

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    Vor Jahren noch undenkbar: Manfred Zach, der frühere Sprecher der baden-württembergischen Landesregierung, hat am Samstag im Park der Villa Reitzenstein – dem Sitz der Regierungszentrale – in Stuttgart aus seinem Roman „Monrepos oder Die Kälte der Macht“ gelesen.
    Vor Jahren noch undenkbar: Manfred Zach, der frühere Sprecher der baden-württembergischen Landesregierung, hat am Samstag im Park der Villa Reitzenstein – dem Sitz der Regierungszentrale – in Stuttgart aus seinem Roman „Monrepos oder Die Kälte der Macht“ gelesen. Foto: Foto: Bernd Weissbrod/DPA

    Unter der CDU-Regierung galt er als Persona non grata: Manfred Zach verfasste vor 18 Jahren mit „Monrepos“ einen Schlüsselroman über die baden-württembergische Landespolitik. Wie sieht er die Dinge heute?

    Als Manfred Zach 1996 seinen Roman „Monrepos oder die Kälte der Macht“ veröffentlichte, war die Aufregung groß im politischen Stuttgart. In dem Buch geht es um die rauschhaften Züge der Macht in einer Regierungszentrale und den Kater der Ernüchterung. Das Brisante war: Es brauchte nicht viel Fantasie, um die handelnden Figuren zu identifizieren – etwa den früheren Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU) als rastlosen Regierungschef „Oskar Specht“.

    Zach war Späths letzter Regierungssprecher und somit ein politischer Insider. Kritiker beschimpften ihn als Verräter – im Staatsministerium galt er fortan als unerwünschte Person. Das änderte sich erst unter Grün-Rot. Am Samstag las Zach am Originalschauplatz aus seinem Buch. „Ich verhehle nicht, dass das für mich eine bewegende Situation ist“, sagt der 67-Jährige bei der Begrüßung der rund hundert Zuhörer im Park der Villa Reitzenstein („Schloss Monrepos“). Damals habe das Buch als Tabubruch gegolten – eine Lesung direkt hier sei undenkbar gewesen. Dem Park kommt im Roman die Rolle eines Gegenpols zum Schloss Monrepos zu. Er verkörpere das Urtümliche, Nicht-Steuerbare – „und ein Stück Sehnsucht nach dem, was man alles versäumt, wenn man nur noch in der Mühle der Politik ist“, erklärt Zach, der insgesamt 15 Jahre lang im Staatsministerium und danach rund 20 Jahre im Sozialministerium arbeitete, bis er Ende 2013 in den Ruhestand ging.

    Fähigkeit zur Selbstkritik

    Zach hat mehrere Bücher verfasst, aber keines war so erfolgreich wie „Monrepos“. Zwischen 130 000 und 150 000 Exemplare gibt es - die genaue Zahl kennt er nicht. Auch einige CDU-Politiker lasen den Roman – etwa Landtagspräsident Guido Wolf, der gerade darauf hinarbeitet, 2016 selbst Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden.

    „Ich habe ihn verschlungen“, bekennt Wolf, der selbst zwei Jahre im Staatsministerium gearbeitet hat und sich anhand des Buches in der Regierungszentrale orientierte. „Ich kenne die Treppenaufgänge, die Baracken, die Sofas.“ Hält er Zach für einen Verräter? „Es gilt schon der Grundsatz einer nachlaufenden Loyalität“, meint Wolf. Insofern habe sich Zach mit dem Roman in einem Grenzbereich bewegt. Die beschriebenen Geschehnisse spielten von 1975 bis 1991 – aber das Thema Macht ist bis heute aktuell.

    „Ich glaube, dass jemand in einem politischen Spitzenamt spätestens nach zehn Jahren Gefahr läuft, den Bezug zur Realität einzubüßen“, meint Zach. Zwar kämen die Menschen zumeist mit den besten Absichten ins Amt. „Aber sie werden dann von dem Apparat und der zum Teil fast devoten Bevorzugung, die sie genießen, langsam wie in einen Kokon eingesponnen.“ Jeder gebe einem das Gefühl, der Größte zu sein.

    Um „auf dem Teppich“ zu bleiben, brauche es eine große Fähigkeit zur Selbstkritik – und nach Auffassung von Zach auch Mitarbeiter, die sich trauen, offen und kritisch ihre Meinung zu sagen, ohne um ihren Job fürchten zu müssen. Im Südwesten stellte die CDU 58 Jahre lang ununterbrochen den Ministerpräsidenten. Obwohl er selbst CDU-Mitglied ist, war Zach nicht traurig über den Wechsel 2011 hin zu Grün-Rot. „Die Entwicklung der CDU und auch an der Spitze hat deutlich gezeigt, dass diese Partei dringend einer geistigen Erneuerung bedarf.“

    Große Bank der Grünen

    Lernt die CDU nun? „Ich hoffe es. Sonst dauert es noch sehr viel länger, bis sie wieder an die Regierung zurückkehrt“, meint Zach, der den amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann für eine „große Bank“ der Grünen hält. Ob die Grünen eher dagegen gewappnet sind, sich von den Insignien der Macht beeindrucken zu lassen sind, vermag Zoch noch nicht zu bewerten: „Dafür ist es noch zu früh.“

    Die Zeit im Staatsministerium betrachtet Zach heute als den spannendsten Teil seines Lebens, „ob es der beste war, weiß ich nicht“. Mit dem Rücktritt von Späth als Ministerpräsident und spätestens dem Erscheinen von „Monrepos“ war Zachs Karriere im Politikbetrieb zwar vorbei. Aber er sei seit 40 Jahren glücklich verheiratet, habe zwei Söhne – und er wolle auch wieder ein Buch schreiben, deutet er an. Worüber, verrät Zach noch nicht.

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