(lsw) Abgebissene Ohren, fehlende Arme oder ramponiertes Fell - auch einem teuren Stofftier der Marke Steiff bleibt so ein Schicksal nicht immer erspart. Abhilfe gibt es in einer eigenen Klinik.
Die Schildkröte ist ein schwerer Fall für die „Ärztin“. Nur ihr Panzer ist zu sehen, als das etwa 50 Jahre alte Tier auf einem von Waltraud Brenners OP-Tischen liegt. Den Kopf hat sie nicht etwa eingezogen. Er fehlt schlichtweg. „Vermutlich war es ein Hund“, sagt Brenner. Ihre Patienten sind Plüschtiere der Marke Steiff und die meisten von ihnen sind tatsächlich einem echten Vierbeiner zum Opfer gefallen. Als eine von zwei „Ärztinnen“ soll sie in der „Teddybärklinik“ die Schäden wieder richten.
Seit 25 Jahren arbeitet „Dr. Brenner“ als Näherin bei Steiff. Und seit im Juni 2009 die Klinik eröffnet wurden, kümmert sie sich mit einer Kollegin um abgerissene Schwänze, abgebissene Ohren oder stumme Brummstimmen. Viele Patienten kommen per Post. Zwischen einem und fünf werden aber auch persönlich pro Tag eingeliefert. Vor allem Kinder bleiben dann aber auch gerne solange vor Brenners Tisch stehen, bis sie ihr Kuscheltier wiederhaben. Abgerechnet werden 50 Euro pro „OP-Stunde“. „Innereien“ wie zum Beispiel eine neue Brummstimme kosten 20 Euro extra.
Die meisten „Operationen“ dauern nur wenige Minuten. Viele Tiere bekommen danach noch eine neue Füllung aus Holzwolle oder anderem Material, erzählt Brenner, während sie einen fertig geflickten, noch ungefüllten Teddy auf rechts dreht. Den hat sie deutlich schneller gesunden lassen, als ihren bislang schwierigsten Fall – „Zotti“. „Das einzige, was an dem noch ganz war, war der Kopf“, erinnert sich Brenner an den Bären nach einer Hundeattacke. Mühselig nähte sie alle Teile wieder zusammen. Mit Erfolg. Die Besitzerin sei extra vorbeigekommen, um sich zu bedanken. Sie hatte den Bären von ihrem Ehemann geschenkt bekommen, als dieser für längere Zeit beruflich weg musste.
Steiff bietet auch Maniküre oder „Complete-Body-Wellness“ für die Plüschtiere an für Preise zwischen fünf Euro für das Polieren der Augen über 30 Euro für vier Ersatzkrallen bis hin zu 45 Euro für das Komplettpaket aus Waschen, neuer Füllung und Konturen sowie einer Lavendelduft-Pflege. Am häufigsten genutzt wird die „Sanfte-Motten-Behandlung“.
Kurgäste mit entsprechendem Befund kommen zuerst in Quarantäne. In einer Plastiktüte verbringen sie zwei bis drei Tage in einer Tiefkühltruhe, damit auch die letzte Motte abstirbt. Danach wird das Plüschtier komplett entleert, gereinigt und abschließend neu befüllt inklusive eines Zedernholzwürfels, der künftigen Befall verhindern soll. „Nach der Behandlung sehen sie wieder richtig anständig aus“, sagt Brenner.
Bis es bei der Schildkröte soweit ist, wird es aber noch dauern. Denn firmeneigene Mechaniker müssen als „OP-Gehilfen“ von Brenner ran und den Kopf später wieder auf einen rollenden Metalluntersatz schweißen. „Nach maximal vier Wochen sollte der Reha-Aufenthalt bei uns aber beendet sein“, sagt Simone Färber, Leiterin des Museums und zuständig für die Klinik. Auch die Kosten sind noch unklar, den Schildkröten-Besitzern sei das aber egal. „Hauptsache wieder heil“, hätten sie gesagt und gar nicht erst einen Kostenvoranschlag verlangt. So wie viele andere Kunden auch.