Auf den ersten Blick sieht alles aus wie in einem gewöhnlichen Gefängnis: hohe Mauern, lange Gänge, kleine Zellen. Und überall Sicherheitskameras. Doch wer genauer hinsieht, erkennt die Unterschiede. Im Jugendarrest in Rastatt gibt es keinen Stacheldraht und keine Beamte in Uniform. Hier steht nicht die Sicherheit an erster Stelle, sondern die Erziehung der Jugendlichen.
„Das ist keine Haftanstalt“, bringt es Leiter Stephan Holl auf den Punkt. „Wir haben ganz andere Ziele und weniger strenge Umgangsformen.“ Das zeigt sich bereits an den Bezeichnungen: Statt Zelle heißt es hier Arrestraum. Während ihrer Zeit in Rastatt sollen die Jugendlichen über sich nachdenken. Sie sollen Wege finden, ihr Leben zu leben, und nicht wieder rückfällig zu werden. Deshalb genießen sie auch größere Freiheiten als die Häftlinge in anderen Gefängnissen.
Nur bei kleineren Straftaten
Mit pädagogischen Programmen sollen sie auf eine Zukunft ohne Gewalt vorbereitet werden. Dazu gehören neben dem täglichen Schulunterricht auch Kurse, in denen die Jugendlichen den Umgang mit anderen Menschen einüben. „Wahrscheinlich haben sie die Regeln des Zusammenlebens nie richtig gelernt“, sagt Stephan Höll. Das gilt auch für die sinnvolle Nutzung ihrer Freizeit. In der Anstalt gibt es dafür Sportkurse, Malunterricht und eine kleine Bibliothek. Auf dem Programm steht auch Sexualkunde und Drogenprävention.
Der Jugendarrest in Rastatt bietet Platz für rund 50 Jugendliche im Alter von 14 bis 23 Jahren. Je nach dem, was sie verbrochen haben, bleiben sie nur wenige Tage oder mehrere Wochen. Aufgenommen werden nur Jugendliche, die kleine Straftaten begangen haben wie Wohnungseinbruch oder eine Schlägerei. Stephan Höll kann sich aussuchen, wen er aufnimmt und wen nicht. Die schweren Jungs kommen in den Jugendknast.
Geöffnet wurde der Jugendarrest in Rastatt vor knapp vier Monaten. Er ersetzt die beiden kleineren Anstalten in Müllheim (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) und Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis), die geschlossen wurden. Das Gebäude in Rastatt bietet deutlich mehr Plätze für jugendliche Straftäter - und das ist nach Ansicht des Justizministeriums der große Vorteil. Jugendliche müssen jetzt nach dem Urteil nicht mehr lange auf ihre Strafe warten, sondern können sie direkt antreten. Und hinter den Mauern etwas für ihr Leben mitnehmen.