Es war Mittwochspätnachmittag, als Kneipenwirt Klaus Rothlauf mit gelber Farbe in riesigen Buchstaben „Raucherkneipe“ an die Scheibe des „Casa Rotti“ pinselte. Das breite Grinsen im seinem Gesicht und die „Jawoll“-Rufe seiner Gäste sprachen für sich.
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr trat das Nichtraucherschutzgesetz (NRSG) in Baden-Württemberg in Kraft. Hielten sich in den ersten Wochen die Gastronomen noch an die Regelung, dauerte es keine zwei Monate, bis man in kleinen Kneipen im Main-Tauber-Kreis wieder Leute mit der Zigarette im Mund beim Bierchen an der Theke sitzen sah. Begründung der Wirte: das Ausbleiben der Gäste, zunehmende Zechprellerei und kein Kontrollorgan.
An Kontrolle ist nicht zu denken
„Ein Gesetz ist nur so lange gut, wie es eingehalten wird und sich eine Institution für die Kontrolle zuständig fühlt.“ Alex Hertl, Betreiber des Hexenkessels in Tauberbischofsheim, hat eher ein müdes Lächeln für das Nichtraucherschutzgesetz übrig, denn an Kontrolle ist im Main-Tauber-Kreis nicht zu denken.
Vom Aufweichen des NRSG hat er allerdings nichts, denn er serviert lecker Baguette und Salat. „Ich denke, in Kürze werden die nächsten Betreiber von 80 Quadratmeter kleinen Kneipen klagen. Irgendwann fällt dann auch der Hexenkessel unter eine der Zusatzregelungen.“
Bei seiner Gastronomienachbarin Maria Haag, Chefin des „Le Clochard“, herrscht eher Ratlosigkeit über die Neuregelung. Zählt der Raum hinter der Theke mit oder nicht? „Sollte er nicht mitgerechnet werden, hab' ich weniger als 75 Quadratmeter. Dann werde ich in den Wintermonaten einfach kein Essen mehr anbieten“, so ihre derzeitige Position.
Mit der Neuregelung ist auch Maria nicht wirklich glücklich, denn ihr Bistro ist weder Restaurant noch reine Kneipe. „Ich falle damit in die Mitte, das ist doch nicht fair!“ macht sie ihrem Unmut Luft.
Kaum noch Gäste
„Meine Gäste freuen sich.“ Christina Flath, Inhaberin der Rock & Jazzkantine hat gerade das Schild „Raucherkneipe“ an die Tür gehängt. „Wir haben das Gesetz die ersten vier Wochen straff durchgezogen. Das war krass, wir hatten fast keine Gäste mehr“, schildert sie die Anfangszeit. Inzwischen hat auch sie von den fehlenden Kontrollen profitiert und ließ ihre Gäste rauchen. Jetzt ist sie mit ihrer Eckkneipe jedenfalls auf der begünstigten Seite – genauso wie Klaus Rothlauf.
Für die, die jammern, weil ihre Kneipe zu groß ist, hat er nur ein raues Lachen übrig: „Die sollen einfach eine Mauer hochziehen“ ist sein Rat. Er hat nach anfänglicher Einhaltung des NRSG sehr schnell seine Gäste wieder rauchen lassen. „Damit war ich meiner Zeit einfach ein Jahr voraus!“
Das Stichwort
Nichtraucherschutzgesetz Das Gaststättenrecht ist Ländersache. Deshalb gibt es keine bundeseinheitliche Regelung zum Nichtraucherschutz in Gaststätten. Jedes Bundesland regelt das Thema separat. Für die Nichtraucherschutzgesetze in Baden-Württemberg und Berlin hat das Bundesverfassungsgericht nun entschieden: In kleinen Kneipen, die kein Essen anbieten und in denen Besuchern unter 18 Jahren keinen Zutritt haben, darf geraucht werden – sofern ein Schild darauf hinweist.