"Null-Füüünf, Null-Füüünf!" Normalerweise hallen solche Gesänge durch das Rund des Sachs-Stadions, wenn die Anhänger des FC 05 "ihren" Fußballclub anfeuern. Einmal im Jahr aber verdrängen "Oh du fröhliche" und "Kling, Glöckchen, kling" die Fangesänge beim Weihnachtsliedersingen des katholischen Citypastorals, der evangelischen Citykirche und des Fußballclubs. Etwa 1000 Besucher waren am frühen Sonntagabend wieder dabei.
Musiker und Chöre aus Stadt und Land
Stimmungsvoll hatten die Organisatoren das Stadion hergerichtet: Mit Laternen auf der Laufbahn und einem leuchtenden Auftakt mit der Jonglier-Gruppe "Firlefanz" und deren leuchtenden LED-Bändern und -Keulen. Musiker und Chöre aus der Stadt und dem Landkreis Schweinfurt bildeten die Untermalung, wenn aus 1000 Kehlen bekannte Weihnachtslieder wie "Süßer die Glocken nie klingen" ertönten.
Und genau dieses Gemeinschaftserlebnis sei die Motivation für die Menschen, sich zum Singen in einer Sportarena zu treffen, sagt Organisationschef Ullrich Göbel: "Viele singen gerne in Gemeinschaft." Zudem bilde der Abend für viele Gläubige eine passende Einstimmung in die Adventszeit: eine Zeit der Besinnung statt des üblichen Weihnachtsstress'. Fußballfan Göbel hatte die Idee, das Singen auch in Schweinfurt einzuführen, nachdem er sich das "Original" beim 1. FC Union Berlin angeschaut hatte. Und Oberbürgermeister Sebastian Remelé gestand seine Freude darüber ein, sich über Göbels vor Jahren vorgetragenen Einfall getäuscht zu haben. Denn der OB war zunächst skeptisch, ob sich tatsächliche hunderte Besucher auf den Weg ins Stadion machen würden, bloß um zu singen.
Fünfte Auflage völlig offen
Zum vierten Mal war die Tribüne vollends gefüllt. Ob es allerdings eine fünfte Auflage geben wird, ist ungewiss. Wie Göbel am Rande der Veranstaltung gegenüber der Redaktion sagte, sei geplant, dass seine Stelle bei Citypastoral auslaufe und eine Fortsetzung nicht geplant sei. Damit würde auch sein Etat wegfallen, mit dem neben Spenden die Veranstaltung finanziert wird. Zwar kann die Arena mietfrei genutzt werden, es fallen aber Kosten etwa für Technik und Druck der Liederhefte an.

Und ein kleiner Zwischenfall
Auf dem Programm stand ein Mix aus sakralen und manchmal kaum bekannten sowie populären Adventsliedern. Musikalischer Höhepunkt war sicherlich "Maria", komponiert und gesungen von der Kolumbianerin Maria Helena Quineones Lalino. Den zeitweisen Sprühregen nahmen die Teilnehmer auf den nicht überdachten Stehrängen ebenso gelassen wie einen kleinen Zwischenfall, als eine Besucherin während einer Ansage von Pfarrer Heiko Kuschel auf die Bühne stieg und das Wort ergreifen wollte, es aber nicht erhielt. Nach kurzem Widerstand wurde die Frau aus dem Stadion gebracht.
Nach 90 Minuten war das Sing-Spiel vorbei. Wie bei einem "richtigen" Fußballkick. Die Nachspielzeit füllte das gemeinsame "Stille Nacht" aus.
Weihnachtsliedersingen in FußballstadienGlaubt man den Überlieferungen, stand die Wiege des Adventsliedersingens bei Fußball-Fans aus Berlin, als vor Jahren mehrere handvoll Anhänger des 1. FC Union ins Stadion "An der alten Försterei" eindrangen und weihnachtliche Weisen intonierten. Inzwischen ist das Treffen legal und offiziell. 28 000 Besucher füllen alljährlich die Tribünen. Die Karten dafür müssen wegen der Nachfrage mittlerweile unter den Vereinsmitgliedern verlost werden.Die Aktion hat stetig neue Nachahmer gefunden; jedes Jahr kommen weitere Fußballarenen dazu. So wird zum Beispiel in Nürnberg, Gelsenkirchen, Dortmund, Köln und Leverkusen mit Kerzen in der Hand gesungen. Mit dabei sind verstärkt auch Prominente und Musiker wie etwa der BAP-Gründer Wolfgang Niedecken.Während in Schweinfurt die Teilnahme kostenlos ist, haben einige Veranstaltungen eher einen kommerziellen Anstrich mit relativ hohen Eintrittspreisen. Viele Organisatoren lassen das Geld oder Teile des Umsatzes dem eigenen Fußballer-Nachwuchs oder karitativen Einrichtungen zugute kommen.