Die Slogans sind schon mal süffig, im Kneipenbereich des KuK: Die Hopferei Hertrich aus Feucht lässt ihr Craft Beer als Veto „gegen Massenbierhaltung“ in die Kehlen rinnen. Die Brauerei Pax aus Oberelsbach pocht lautstark auf den namensgebenden Frieden: „Schmiedet Schwerter zu Zapfhähnen!“.
Es geht kreativ zu, individuell und regional, gleich neben dem Programmkino, bei der 2. Schweinfurter Craft Beer Messe: eine Programmkino für den Geschmack, sozusagen. Sankt Patricks Day ist zufällig auch noch, bei der Hopfenschorle-Verkostung, drinnen wie draußen. Wo sich durchaus internationales Publikum tummelt, dank der nahen FH.
Grünes Bier, wie in Dublin, wird zwar nicht ausgeschenkt, von etwa einem Dutzend Aussteller, mit rund hundert Sorten. Aber reichlich Ale und Stout, wie im Irish Pub.
Besucherzahl kräftig gestiegen
Ludwig Fischbach, der Betreiber des KuK (www. einfachkuk.de) ist ob des Andrangs zufrieden: Letztes Jahr waren es rund 350 Besucher, jetzt, am Nachmittag, wurde die 500er Marke schon geknackt. Bis zum großen Zapfenstreich um 23 Uhr hofft er auf bis zu tausend Bierliebhaber.
„Es macht Spaß, da steckt Leidenschaft dahinter“, sagt der Mittdreißiger aus Landshut, der die Kneipe vor zwei Jahren übernommen hat. Zusammen mit seinem Mitstreiter, dem Designer Dennis Fink von der Grafikagentur Fink will der Koch und Gastronom die Biertheke entstauben. Das geht damit los, dass der Kneipenwirt öfters mal die Getränkekarte durchwechselt, ohne Brauereibindung.
Als Versucherle hat er einen „Weißen Hai“ eingeschenkt. Ein Weizenbock besagter Hausbrauerei Hertrich, die außerdem noch einen Hopfentiger oder einen Schokobär im Angebot hätte: Der kaltgehopfte „Weiße Hai“ macht wirklich high, dank sieben Prozent im Glas, und schmeckt fruchtig, mit herbsüßen Anklängen an Banane oder Physalis. Ganz ohne künstliche Aromastoffe: In Deutschland meint Craftbier in der Regel aromaintensive Experimente mit Hopfen und Malz, von der Brauerei nebenan, auf Basis des Reinheitsgebots.
Es gibt eine Vielzahl von Hopfensorten
„Es gibt allein 150 Hopfensorten“, sagt Dennis Fink. Kaltgehopft meint in dem Fall, dass der Hallertauer Edelhopfen noch zusätzlich bei Gärung und Lagerung zugesetzt wird. Bei manchen Kreationen dürfen sogar Ingwer, Chili, Muskat und andere Gewürze wirken. Fast wie im Mittelalter, wo gerne Bilsenkraut, Tollkirsche und andere Rauschkräutlein beigemengt wurden.
Herübergeschwappt ist die neue deutsche Bierwelle natürlich aus den USA, als Gegenentwurf zur kraftlosen Industriebrühe der Konzerne, Folge auch der Prohibition. Dem Alkoholverbot der 20er- und 30er-Jahre fielen in den USA gerade die kleineren Firmen zum Opfer. Während andererseits zahlreiche „Privatbrauereien“ entstanden sind, um diskret dem Heiligen Gambrinus zu huldigen. Präsident Jimmy Carter, Bruder eines Braumeisters, regelte 1978 per „Homebrewing-Gesetz“ die Tätigkeit von Mikrobrauereien: „Craft Beer“ heißt nichts anderes als handwerklich gebrautes Bier. Wobei mancher Rebell von einst mittlerweile kaum weniger Barrels ausstößt wie eine Großbrauerei in Deutschland. Hierzulande ist in der kleinsten Sparte bei 1000 Hektoliter jährlich Schluss.
Die Geschmäcker gehen auseinander
Diesseits des großen Teichs gehen beim Thema „Craft“ die Geschmäcker auseinander. Puristen wittern Schaumschlägerei, in der Urheimat von Klosterbier, Märzen, Zwickel & Co. Wo das Nationalgetränk schon vor tausend Jahren auf heiligem Grund gebraut worden ist. Wer da, noch dazu auf Englisch, extra betont, dass er sein Bier „handwerklich“ herstellt, erntet schnell Misstrauen an den Stammtischen.
Die Fans freuen sich über frische Ideen und ungewohnte Vielfalt, nach Jahren der Austrocknung auf dem Biermarkt, im Land der fast schon wieder 1500 Brauereien. Es sind die kleinen Gasthaus- und Häuslebrauer, die mit der deutschen Craftszene boomen.
Starke Brauereien in der Region
Gerade in Schweinfurt drängen sich die durstigen Kehlen vor den Zapfanlagen. Von Regionalbrauereien wie Hecht aus Pappenheim, „Eppelein & Friends“, benannt nach einem beim Zechgelage überwältigten Raubritter der Nürnberger Gegend, oder der Braumanufaktur Hertl aus Oberfranken.
Ebenso vertreten sind das Brauhaus Brandmeier (Cadolzburg), die Hohmanns Brauerei Fulda, Max Mundus aus Würzburg und Friedrich Düll (Krautheim), die Handwerksbrauerei Zwanzger aus dem schönen Aischgrund oder „Okey!s Craft Beer & Spirits“: Das Gochsheimer Unternehmen bringt original amerikanisches Importbier wie „Sea Dog“ oder „Black Diamond“ unter die Leute. Mitten im Getümmel bietet ein Barber Shop modische Schnitte und Rasuren an.
Reinheitsgebot gilt nicht mehr absolut
Fest steht, dass das 501 Jahre alte Bayerische Reinheitsgebot nicht mehr das absolute Maß für den Inhalt eines Maßkrugs darstellt. Schon gar nicht in Zeiten des EU-Rechts. „Gesetzlich geschützt ist nur, was das Finanzamt interessiert“, flachst Ludwig Fischbach, „da kann man auch mit Schuhsohlen brauen.“ Muss man aber nicht. „Bier kann viel mehr als Pils, Helles oder Hefe“ lautet sein Credo. Selbst ein Weizen halte sich ja nicht an die Regel von 1516, wonach nur Hopfen, Wasser und Gerstenmalz im Fass schwappen darf. Plus Hefe.
„Schweinfurts Craftbeer-Adresse Nr. 1“ veranstaltet auch unterm Jahr Koch- und Bierkurse, ein dankbarer Teilnehmer bedankt sich mit Rosmarin-Stöckchen. Dem Volk scheints mit jedem Trunk mehr zu schmecken. Ab einem Euro ist man bei der Verköstigung dabei, in einer Branche, deren Qualitätsanspruch sich oft beim Preis widerspiegelt. Viele sind zu Fuß da, falls doch mal eine(r) vom Hai gebissen wird, alle Generationen vertreten. Die Genießerinnen scheinen dabei keinesfalls in der Unterzahl. Natürlich wissen vor allem die klassischen Kunden das Angebot zu schätzen: „Es ist was anderes“, schwärmt ein Schweinfurter, „deswegen nimmt man sich halt mal einen Männerabend frei.“
Demnächst mit noch mehr Prozenten
Am 8. April müssen die Kneipenbesucher wieder fit sein: Dann lädt „einfachkuk“ zur 1. Schweinfurter Whisky-, Rum-, und Spirituosenmesse ein, ab 15 Uhr.