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GEROLZHOFEN: 2163 Einwohner in Gerolzhofen im Jahr 1900

GEROLZHOFEN

2163 Einwohner in Gerolzhofen im Jahr 1900

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    Besondere Stadtführung: Die im Boden eingelassene Steinplatte zeigt den Standort des  einstigen „Tuchhauses“ in Gerolzhofen, dem wohl ältesten Haus der Stadt. Später wurde es abgerissen und die Steine wurden für den Schulhausbau verwendet, wie Stadtführerin Evamaria Bräuer den Mitgliedern des Historischen Vereins bei einer Stadtführung erläuterte.
    Besondere Stadtführung: Die im Boden eingelassene Steinplatte zeigt den Standort des einstigen „Tuchhauses“ in Gerolzhofen, dem wohl ältesten Haus der Stadt. Später wurde es abgerissen und die Steine wurden für den Schulhausbau verwendet, wie Stadtführerin Evamaria Bräuer den Mitgliedern des Historischen Vereins bei einer Stadtführung erläuterte. Foto: Foto: Karin Sauer

    „Handel und Wandel – Von der Ackerbürgerstadt zum Mittelzentrum“ war das Thema der Stadtführung, zu der der Historische Verein seine Mitglieder eingeladen hatte. Evamaria Bräuer vermittelte den Teilnehmern mit Sachkenntnis und Schilderungen so mancher lustiger Begebenheiten anschaulich und spannend die Stadtgeschichte.

    Auch wenn Gerolzhofen geografisch nie an den großen Handelsstraßen lag, so entwickelte sich doch schon im 13. Jahrhundert ein reger Handel in der Stadt. So mancher Bürger läuft, ohne sich etwas dabei zu denken, über eine Steinplatte neben dem Stadtmodell. Hier stand das „Tuchhaus“, das älteste öffentliche, städtisch genutzte Handelsgebäude. An Jahrmärkten wurden hier Brot, Fleisch und Tuch angeboten. Im 19. Jahrhundert riss man das Haus dann ab, „weil nicht mehr bewohnbar, nächst der Kirche mitten in der Stadt, keine Reparatur mehr wert ist, eine Mistestall“, wie Evamaria Bräuer zitierte. Die Steine verwendete man zum Bau der Schule in der Salzstraße.

    Im heutigen Modehaus Iff residierten früher Schreiner, Büttner, Gerber, Bäcker, Schuster und Schneider. Auch die beiden anderen Giebelhäuser nebenan vollzogen sich einem Wandel. Schon immer wurden in dem heutigen Schuhgeschäft Schuhe verkauft. 1936 war hier der „Salamander Alleinverkauf“ durch Herman Gaul. Gewandelt hat sich der Handel im Geschäft Modewaren Papillon. Büttner, Metzger und Gastwirte waren hier zuhause. „Gasthaus Grüner Baum“ war der Hausname. Später war es ein Fachgeschäft für Hüte, Mützen und eine Kürschnerei. Heute kauft man Blumen, früher lieh man sich Geld in dem Gebäude in der Salzstraße 2.

    Aufgrund einer Missernte im Jahre 1770 herrschte Hungersnot. Ein Beamter der Grafen zu Castell-Remlingen schlug vor, eine Credit Cassa zu eröffnen. Später zog dann die Castell Bank auf die gegenüberliegende Seite und Gerolzhofens erste Eisdiele zog 1968 ein.

    Die Schreinerei Thurn war ehemals eines der beiden Badehäuser, die es in Gerolzhofen gab. Der Bader wusch den Leuten den Kopf, kämmte die Haare, führte Rasuren und kleinere chirurgische Eingriffe aus. Die Musikanten sorgten für Unterhaltung, für Speis und Trank war ebenfalls gesorgt. Noch heute stammt der Ausdruck „alles über einen Kamm scheren“ aus dieser Zeit, denn der Bader benutzte nur einen Kamm für alle. Wegen angeprangerter Sittenlosigkeit und Ansteckungsgefahren (Syphillis) wurden die Badehäuser später geschlossen.

    Evamaria Bräuer führte die Gruppe in die Salzstraße, vorbei am alten Schulhaus, zurück in die Marktstraße, die seit jeher die eigentliche große Geschäftsstraße in Gerolzhofen war. Bräuer wies auf das große Anwesen von Hermann und Mali Kohn, die heutige Hypovereinsbank, hin. Aufgrund persönlicher Schikanen „Wer bei Juden kauft, ist ein Verräter“ flohen Hermann und Mali Kohn nach Amsterdam. Der Vernichtung allerdings entkamen sie nicht.

    1956 zog dann die Weingaststätte mit Weinhandlung Göttemann hier ein. Den deutlichsten Wandel eines Unternehmens in Gerolzhofen darf wohl die Spedition Gress für sich in Anspruch nehmen. 1876 richtete Johann Gress in dem Ackerbürgerhaus mit überbauter Wageneinfahrt eine Pferdewechselstation ein. In einer Anzeige von 1876 gab er Folgendes bekannt: „Der Unterzeichnete gibt hiermit bekannt, dass jeden Mittwoch ein Omnibus(!) nach Schweinfurt abgeht. Abfahrt früh dreiviertelvier Uhr. Gerolzhofen, Johann Gress, Omnibusbesitzer. Und der Nachfolger Adam Gress gab 1903 bekannt: „Kgl. Poststallung Gerolzhofen. Einspänner, Landauer und Gesellschaftswagen stehen jederzeit bereit. Vorzügliches Fahr- und Pferdematerial. Mäßige Preise. Besitzer: Adam Gress. Heute ist es die sechste Generation der Familie, die immer noch im Transportwesen tätig ist. Die Tradition in der Bahnhofstraße allerdings ist beendet, denn die Firma zog in ein neues Industriegebiet um.

    Abschließend gab Evamaria Bräuer noch einige interessante Zahlen für Gerolzhofen bekannt: Vom 17. Jahrhundert bis 1911 gab es in Gerolzhofen sieben Bäckereien; die Volkszählung von 1900 ergab 2163 Einwohner – 1038 männliche und 1125 weibliche in 503 Haushalten–, 98 Pferde, 884 Rinder, 400 Schafe, 862 Schweine, 312 Ziegen, 2138 Hühner, 248 Gänse, 135 Enten, elf Truthühner, 106 Bienenstöcke, 5188 Apfelbäume, 1299 Birnbäume und 4726 Zwetschgenbäume. Im Oktober 1919 lag die Einwohnerzahl bei 2719, davon 1271 männliche und 1448 weibliche Personen (Immer noch Frauenüberschuss). Im Februar 1903 begann die Einrichtung des Telefonverkehranschlusses und im August war die Eröffnung des Ortsnetzes mit 22 angemeldeten Anschlüssen.

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