Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Gerolzhofen
Icon Pfeil nach unten

GEROLZHOFEN: Abriss: Kino spielt endgültig keine Rolle mehr

GEROLZHOFEN

Abriss: Kino spielt endgültig keine Rolle mehr

    • |
    • |

    Dieser Tage zieht sich der Vorhang für die Gerolzhöfer Kinogeschichte in der Bahnhofsstraße für immer zu. Der Abriss des Kinosaals, der einstigen Filmbühne, ist in vollem Gang. Wo einst Winnetou in den Armen von Old Shatterhand starb, oder zum Schluss noch das „Wunder von Bern“ filmische Auferstehung erlebte, läuft bei der letzten Aufführung das „Lied vom Tod“.

    Norbert Rumpel, der das Grundstück an der Bahnhofstraße von Hermann Schäfer, dem langjährigen Besitzer der Filmbühne, erworben hat, will die Kino-Kneipe erhalten und das repräsentative Fachwerkhaus an der Bahnhofstraße aufwändig sanieren. Der alte Kinosaal muss jedoch zwei Doppelgaragen und einem überdachten Freisitz weichen. 56 Jahre lang währte damit die Geschichte des alten Kinosaals.

    Angesichts des baulichen Zustands, der übermächtigen Konkurrenz in Dettelbach, Schweinfurt und Würzburg und der zunehmenden Film-Piraterie in Form von Kopien auf DVD hatte es bereits seit 2004 niemand mehr gewagt, das wirtschaftliche Risiko eines Kinobetriebs in der Kleinstadt einzugehen.

    Kino-Kneipe überlebt

    4500 Besucher auf Sperrsitz- und Loge-Plätzen im Jahr 2003 waren am Ende zu wenig, um die Betriebskosten für das Kino zu decken. So warf die letzte Pächterin mit Beginn der Sommerpause endgültig das Kino-Handtuch. Nur die Kneipe überlebte bis heute als Kino-Bistro.

    Als „neuen Musentempel Filmbühne“ mit dem „modernsten Vorführraum aller Kinos in Unterfranken“ hatte einst „Der Steigerwald-Bote“ in seiner Ausgabe vom 21. August 1954 die Neueröffnung eines Lichtspieltheaters in der Bahnhofstraße in den höchsten Tönen gepriesen. Das am Abend zuvor offiziell eröffnete Kino hatte bereits eine Klimaanlage – ungewöhnlich für die damalige Zeit.

    Als erster „Bildstreifen“, damals ein Synonym für den Film, ging „Ein Herz spielt falsch“ mit Ruth Leuwerik und O. W. Fischer über die 9,80 mal sechs Meter große Projektionsfläche.

    Fritz Schäfer investierte damit mitten in den Kino-Boom der 50er Jahre hinein. Die Klappsitze im Kino waren fast immer ausverkauft. Schäfers Kino sollte das mit der längsten Tradition in der Stadt werden. Die Filmbühne blieb immer in Familienbesitz. 1975 übernahm Heidi Mai, die Tochter von Fritz Schäfer, den gut eingeführten Betrieb und leitete ihn zehn Jahre. Längst hatte zu dieser Zeit allerdings das Fernsehen dem Kino viele Besucher weggenommen.

    Nach einjähriger Pause, mit Umbau und Erweiterung um das Bistro, eröffnete Hermann Schäfer, der Sohn von Fritz Schäfer, 1986 das Kino „Crambambuli“. 1990 übernahmen Günter Spannrad und Franz Klebrig Filmtheater und Kneipe unter dem schlichten Namen „Das Kino“, das Klebrig bis 2002 alleine weiterführte. Katja Behrens und Rainer Bauer waren die letzten Kino-Betreiber.

    Das Jahre 1954 war allerdings nicht die Geburtsstunde der Gerolzhöfer Kinogeschichte. Davor gab es teilweise sogar mehrere parallel laufende Kinos.

    Jahre des Booms

    Den Anfang machte 1918 das „Lichtspieltheater“ von Heinrich Mehrbrey im Saal der Bauerei Tröster. Dann ging es Schlag auf Schlag. 1919 eröffneten die Kammerlichtspiele, kurz „KALI“, im Kaiserhof, sowie das Lichtspieltheater von Edmund Behr. Und der Boom geht weiter. 1924 erwähnt der Steigerwald-Bote die Eröffnung eines Lichtspieltheaters im Saalbau Härterich (Wilder Mann) und von weiteren Kammerlichtspielen durch Hans Förster in seinem Gasthaus an der Dingolshäuser Straße. Dem will die Brauerei Henkelmann nicht nachstehen, ab 1926 nutzt sie ihren Saal auch als Lichtspieltheater.

    Eine neue Kino-Qualität hielt 1934 mit den Central-Lichtspielen von Georg Höret am Marktplatz 14 als erstem Tonfilm-Kino mit 310 bequemen Sitzplätzen Einzug. Zur Eröffnung wird der Abenteuerstreifen „Der Flüchtling aus Chicago“ gezeigt. In den Central-Lichtspielen laufen bis Ende des Zweiten Weltkriegs die meisten der in der Nazi-Zeit produzierten Spiel- und „Kultur“-Filme, die ebenso wie die Deutsche Wochenschau als wichtiger Programm-Bestandteil alle irgendwie der Propaganda dienen. 1956 schließen die Central-Lichtspiele als letztes Filmtheater vor der Filmbühne in der Bahnhofstraße.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden