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GEROLZHOFEN: Alte Kameraden auf dem Rückzug

GEROLZHOFEN

Alte Kameraden auf dem Rückzug

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    Nahes Ende soldatischer Tradition: Die Soldatenkameradschaft Gerolzhofen hat sich aufgelöst und auch die Reservistenkameradschaft hat nur noch einmal im Jahr einen öffentlichen Auftritt. Bei der Feierstunde zum Volkstrauertag stellt sie die Mahnwache am Kriegerdenkmal. Im Bild bei der Feier 2008 mit (von links) Matthias Becker, Heinrich Burger, Gerhard Ahles, Paul Hugo, Herbert Böhnlein und Reinhold Gerber.
    Nahes Ende soldatischer Tradition: Die Soldatenkameradschaft Gerolzhofen hat sich aufgelöst und auch die Reservistenkameradschaft hat nur noch einmal im Jahr einen öffentlichen Auftritt. Bei der Feierstunde zum Volkstrauertag stellt sie die Mahnwache am Kriegerdenkmal. Im Bild bei der Feier 2008 mit (von links) Matthias Becker, Heinrich Burger, Gerhard Ahles, Paul Hugo, Herbert Böhnlein und Reinhold Gerber. Foto: FOTO Barbara Pfister

    Der Auflösungsprozess begann im Grunde schon vor 15 Jahren. Da fusionierte die Soldatenkameradschaft bereits mit der Reservistenkameradschaft. Beide Gruppen hatten zwar einen gemeinsamen Vorsitzenden, aber noch getrennte Kassen. Die Reservisten erklärten sich bereit, die Tradition der Soldaten fortzusetzen und übernahm schon vor 20 Jahren die Mahnwache zum Volkstrauertag am Gerolzhöfer Kriegerdenkmal.

    Auch die Kriegsgräbersammlung an Allerheiligen unterstützen die Reservisten schon lange, standen aber nach und nach alleine an den Friedhofseingängen. Bis vor drei Jahren – dann schafften es auch die Reservisten personell nicht mehr und Schüler der Hauptschule übernahmen diese Aufgabe.

    Ein Zeichen, dass es auch mit den Reservisten rückwärts geht. 60 bis 65 Mitglieder aus allen Waffengattungen hat die Kameradschaft Gerolzhofen noch, doch die kommen fast alle aus dem weiteren Umkreis und nur vereinzelt aus Gerolzhofen selbst. „Junge Reservisten gibt es nicht mehr; es geht keiner mehr in den Verband“, sagt Günter Glück, seit zehn Jahren Vorsitzender der Kameradschaft. Seit 1992 ist kein einziger Neuzugang mehr zu verzeichnen. Spätestens die deutsche Wiedervereinigung hat das ohnehin schon geschrumpfte Interesse am Soldatentum im zivilen Leben vollends einschlafen lassen.

    „Soldaten haben in Friedenszeiten keine Lobby. Wenn wir heute in Uniform erscheinen, dann fragen sich die Kinder: ,Von welcher Feuerwehr sind denn die?'“, formuliert 2. Vorsitzender Gerhard Ahles ziemlich drastisch. Das eigene Bedauern über den Rückgang der soldatischen Tradition dürfe allerdings nicht falsch verstanden werden, denn auch jeder Reservist sei froh, dass dauerhaft Frieden ist.

    Die 1962 gegründeten Reservisten hatten einst die Funktion als Mittler zwischen Bundeswehr und ziviler Welt, sagt Gerhard Ahles aus Sulzheim. Heute ist davon nur noch ein „hervorragendes Vereinsleben“ übriggeblieben. Viermal im Jahr trifft man sich noch zu einem Wochenende, wo das Leben im Feld gepflegt wird, zweimal auf dem Zabelstein und zweimal entweder bei Reupelsdorf oder bei Rimbach. Wie lange das noch so sein wird, ist ungewiss. Höchstens zehn bis 15 Jahre, sagt einer aus der Runde. Dann wird auch das Reservisten-Leben ein Auslaufmodell sein.

    So richtig militärisch ausgerichtet sind diese Treffen längst nicht mehr. „Höchstens, dass wir nochmal nach Kompass laufen.“ Es gehe lustig, aber geordnet zu, sagt Ahles. Den Kasernenhofton gebe es bei den Reservisten schon lange nicht mehr.

    Nicht ganz so pessimistisch blickt indes der unterfränkische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Soldatenbunds, Franz Sennefelder (Volkach), in die Zukunft. Die Auflösung des Gerolzhöfer Soldatenvereins sei nicht typisch. Im Bezirk gebe es immer noch 154 Soldaten- und 135 Reservistenkameradschaften. Klar ist aber auch für Sennefelder, dass die Bundeswehr keine Reservisten mehr „produziert“. Vor der Wende habe es mit dem Ostblock ein eindeutiges Feindbild gegeben. Jetzt gebe es über die ganze Welt verstreute Einsätze des deutschen Militärs, deren Sinn auch so mancher Soldat bisweilen nicht verstehe.

    Die Pflege der soldatischen Tradition – so hat Sennefelder registriert – sei auf dem Land tendenziell noch besser zu erkennen als in Städten. „In einem kleinen Dorf hat ein Kriegerdenkmal noch eine ganz andere Bedeutung als in der Stadt.“

    Die Gerolzhöfer Reservisten übrigens haben mit der Vereinskasse auch das finanzielle Vermächtnis der Soldatenkameradschaft übernommen. Aber nicht, um das Geld für sich zu verwenden, sondern es gilt, das Versprechen einzulösen, mit dem Geld zu einer würdigen Bestattung der letzten 34 alten Kameraden beizutragen, die der Soldatenverein in Gerolzhofen am Tag seiner Auflösung noch hatte.

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