Es ist Gründonnerstag, in der Pfarrkirche St. Laurentius feiert man am Abend die Messe vom letzten Abendmahl Jesu Christi. Nach dem feierlichen Gloria schweigen dann die Eichfelder-Orgel und auch die vier Glocken im Turm.
Nach dem Gottesdienst machen sich – wie in vielen anderen Orten auch – Ministranten auf, diese nun schweigenden Glocken zu ersetzen. Angeführt von den drei Oberministranten Manuel Menth, Marie Walter und Marina Kleespies ziehen etwa 20 Ministranten durch die Straßen der Gemeinde. Lieder und Texte wie „Ave Maria, gracia Plena, so grüßte der Engel die Jungfrau Maria“ oder „Wir laden euch zur Kirche ein, das soll ein Zeichen für alle sein“ gehören ebenso wie das Klappern, Ratschen, Leiern oder wie man es immer nennen mag, dazu.
Dies ist ein Brauch der in der Gemeinde seit langer Zeit gepflegt wird. Der Überlieferung nach schweigen die Glocken von Gründonnerstag nach dem Gloria im Gottesdienst über Karfreitag und Karsamstag bis in die Osternacht, da sie im Sprachgebrauch „nach Rom geflogen“ sind.
Da Kirchenglocken ja meist eine festliche Stimmung ausdrücken, ist deren Erklingen, während der Zeit der Grabesruhe Jesu natürlich nicht angebracht. In Dingolshausen wird das „Fehlen“ der Glocken um 6 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr lautstark durch das Rappeln der Ministranten ersetzt. Auch zur um 15 Uhr stattfindenden Karfreitagsliturgie und dem in diesem Jahr am Karfreitag begangenen Kreuzweg der Kinder wird rechtzeitig lautstark eingeladen.
Verwunderte Kinderaugen
Bei einem der Oberministranten, Manuel Menth, merkt man den Stolz auf das Geleistete an wenn er sagt: „Es macht viel Freude mit Botschaften durch den Ort zu laufen“. „Man sieht, wie gespannt die Einwohner sind, die unseren Gesängen lauschen, oder man blickt auch in die verwunderten Augen von noch kleineren Kindern.“
Für Pfarrer Günter Höfler ist dieser Dienst wichtig „denn auch die Gemeinschaft der Kinder und Jugendlichen untereinander wird gestärkt, und das Bewusstsein, sich für die Gemeinschaft einzusetzen, sich als wichtiges Teil der Gemeinschaft zu begreifen, wird gefördert“ so Höfler.
Der Leiter der Pfarreiengemeinschaft „Kirche am Zabelstein“ findet, dass die Ministranten „damit nicht nur einen kirchlichen Dienst verrichten, sondern sie zeigen öffentlich und lautstark „Flagge“ für den christlichen Glauben.
Der Seelsorger findet zudem dankende Worte zum Engagement: „Für diesen Einsatz danke ich allen beteiligten Kindern und Jugendlichen ganz herzlich und bitte sie, neben dem Dank der Gemeinde und ihrem „Lohn“ in Form des Sammelns, nicht zu vergessen, dass der Sinn dieses alten Brauchtums ein Dienst an Gott und für die Kirchenmitglieder vor Ort ist und bleiben soll“.
Am Karsamstag freuen sich die Kinder natürlich darauf, bei den Dingolshäusern Ostereier, Süßigkeiten oder auch ein bisschen Geld sammeln zu können. Dies wird unter allen Ministranten geteilt oder kommt zum Teil in die Ministrantenkasse. „Ich finde es gut, dass es in unserer Gemeinde eine solche Tradition noch gibt“, sagt Rainer Möslein vom Pfarrgemeinderat von St. Laurentius, der die Ministranten in seiner Eigenschaft als einer der beiden Mesner auch in der Kirche erlebt. Bürgermeister Lothar Zachmann (von 1977 bis 1983 Ministrant) erinnert sich gerne an gemeinsame Frühstücke auf dem Bastelberg, das Gemeinschaftserlebnis aber auch daran, dass „man gelernt hat zu verzichten und dass man für einen Einsatz etwas bekommt und nicht fürs Nichtun“, so Zachmann. „Vom Küster bekam man dann einen Kerzenleuchter mit zum Putzen nach Hause“, so das Gemeindeoberhaupt „und da war man dann stolz, wenn der blankste und sauberste der Eigene war“. Auch der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Gerald Effertz rappelte viele Jahre mit: „Einmal habe ich verschlafen und wurde gleich mit dem stürmischen Rappeln vieler Ministranten geweckt“, so Effertz.
An Karfreitag und Karsamstag frühstücken die Ministranten gemeinsam, auch Zeit miteinander zu verbringen. Die beiden Frühstücke werden von Reiner Kleespies und Helfern organisiert.