Die Schweinfurter Schützen werden erstmals im Zusammenhang mit einem Preisschießen erwähnt, das die Freie Reichsstadt Nürnberg im August 1433 ausrichtete. Diese verbriefte Teilnahme Schweinfurter Schützen am „groß schiessen mit armbrust“ wird von der Bürgerlichen als „Gründungsurkunde“ angesehen und seit 1933 alle 25 Jahre auch als Geburtsstunde gefeiert, heißt es in einer von Reinhold Jordan zum Jubiläum gefertigten ausführlichen Historienschrift zur Schweinfurter Schützentradition von 1433 bis 2008.
Jordan geht davon aus, dass es sich damals um eine Art Gilde handelte, die sich als eine dem Heiligen Sebastian geweihte Bruderschaft verstand. Dafür spräche, dass es vor der Reformation einen dem Heiligen Sebastian geweihten Altar in der Johanniskirche gab. Die Gesellschaft sei jedenfalls vom Stadtrat gefördert worden und habe im Rahmen der damals selbstverständlichen Wehrpflicht eine besondere Rolle gespielt.
Gewinne im Wert von 36 Gulden
Aus dem Jahr 1454 existiert ein Ladbrief an „Bürgermeister, Räte, Schützenmeister und Schießgesellen“ zu einem Preisschießen nach Schweinfurt. Ausgelobt waren damals acht Gewinne im Wert von insgesamt 36 Gulden, die Teilnahme kostete einen Gulden, die Schussentfernung waren 100 Meter. Wo damals geschossen wurde, ist nicht erwähnt.
Die Reichsstadt muss seinerzeit über zielsichere Schützen verfügt haben. Eine Mannschaft der Bürgerlichen muss jedenfalls 1464, 1465 und 1466 den Sieg im so genannten Kleinodschießen errungen haben, was die Stadt 1467 zwang, „die fremden Schützen nach Schweinfurt“ einzuladen.
Jordan nimmt an, dass schon im 15. Jahrhundert vor dem Mühltor im heute sanierten Stadtgraben nicht nur geschossen und geübt wurde, sondern dass dort auch ein erstes Schützenhaus stand. Obwohl es mit großer Wahrscheinlichkeit während der Kriegsereignisse um 1554 (Stadtverderben) zerstört wurde, fand im Stadtgraben 1565 ein großes Schützenfest mit 200 Teilnehmern statt. Gleichwohl: 1571 erhielten die damaligen Büchsenschützen ein „neues Schießhaus“ auf der Maininsel, die weitere über 300 Jahre Heimat der Bürgerlichen bleiben sollte.
Gar nicht viel später, am 20. August 1606 weihten die Bürgerlichen auf dem Bleichrasen ein neues Schützenhaus ein. Den ersten Preis errang damals übrigens ein Schweinfurter, der „Visierer“ Mathäus Heller. Man könnte jetzt meinen: logisch. Jordan klärt allerdings auf: Visierer kontrollierten damals die Weinvorräte und wachten darüber, ob der Verbrauch den Summen der abgeführten Getränkesteuer entsprach.
Viele Anekdoten
Mit Anekdoten – neben viel altem Bildmaterial – lockert Jordan seinen immerhin 83 Seiten umfassenden Geschichtsunterricht ohnehin immer wieder auf. Beispielsweise mit der vom Erfolg der Schützen Kuhn, Göbel und Stöhr beim „Kunst- und Hauptritterschießen“ in Bamberg 1712. Das Trio zeigte sich zielsicher, Kuhn besonders, gewann er doch einen „fetten Ochsen im Wert von 60 Gulden“. Die Zeit, bis er das Vieh nach Schweinfurt getrieben hatte, nutzten die informierten Schützen in Schweinfurt zur Vorbereitung für einen gebührenden Empfang. Sie geleiteten Kuhn, Co. und Ochs jedenfalls „mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen in die Stadt“.
Obwohl das Schießen auf einen Vogel andernorts viel früher zelebriert wurde, kam der „Vogelschuss“ erst 1787 nach Schweinfurt. Zum 100. Geburtstag des Vogelschusses kürten die Schützen den „hochverdienten Bürgermeister Carl Ritter von Schultes“ zum Vogelkönig, damals im 1873 gebauten, größeren und dritten Schützenhaus auf dem Bleichrasen.
Der 1883 begonnene Ausbau des Mains war der Grund, dass es abgebrochen werden musste. Das Material verwendeten die Schützen aber zum Bau des nächsten Schützenhauses in der Deutschhöfer Straße. 1912 anlässlich des 125. Vogelschuss-Geburtstages machten die Bürgerlichen mit Ernst Sachs erneut eine Honoration zum Vogelkönig.
Sprung in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Im Gasthaus Vier- Jahreszeiten, einst in der Manggasse gelegen, wiederbelebten 25 Schützenmitglieder im Jahr 1949 die Bürgerliche. 1951 fusionierte der Verein mit der 1875 gegründeten Zimmerstutzengesellschaft und nahm den Schießbetrieb auf, zunächst in den Vier-Jahreszeiten. Vom Freischütz übernahm die Bürgerliche die bis heute praktizierte Tradition des Silvester-Schießens mit einer zweiten Majestät neben dem Vogelkönig, dem Silvesterkönig.
Schießanlage hergerichtet
1952 wurde die Schießanlage an der Deutschhöfer Straße behelfsmäßig hergerichtet, am 31. Juli 1955 übergeben. Das den Vogelschuss begleitende Volksfest fand damals letztmals auf dem Bleichrasen statt, danach auf dem neuen Gelände am Gottesberg. Wegen des boomenden Schützenwesens musste das Schützenhaus weiter ausgebaut werden.
Auch wegen der Lage inmitten eines Wohngebiets und wegen des Wunsches nach einer 100 Meter-Anlage wurde erneut über einen Neubau nachgedacht. Das Rennen machte der Hainig. Das neue Heim dort wurde im April 1977 eingeweiht und ist seitdem Standort der heute 630 Mitgliedern zählenden Jubelgesellschaft. „Wieder war den Schützen ein Quantensprung gelungen“, schreibt Jordan.
Das zweitägige Jubelfest beginnt am Freitag mit einem Gottesdienst in St. Johannis. Begleitet von Salutschüssen startet um 18.30 Uhr ein Schützenzug zum Rathaus, wo ein Empfang stattfindet. Auch der Samstag beginnt unüberhörbar mit Böllerschüssen um zirka 18 Uhr. Danach ziehen die Fahnenträger ins Konferenzzentrum ein, wo Schirmherr Michael Glos um 20 Uhr seine Festrede hält. Für den guten Ton sorgt die TG Big Band.