Die Sonne kleckst helle Kringel auf den Strom, mit denen die Wellen jonglieren, dass es nur so flimmert und blitzt. Und die Wolken am ultramarinblauen Himmel plustern sich auf wie Spatzen, die im Sand baden.
Der junge Paddelbootkapitän, der hier die Donau bis zum Schwarzen Meer hinabfährt, wurde später durch die Verfilmung seines Kriegsromans „Das Boot“ weltberühmt: Obige Zeilen stammen aus Lothar-Günther Buchheims Erstlingswerk von 1938, „Tage und Nächte steigen aus dem Strom“.
Arno Schenk, Maurermeister aus Hambach, ruderte sechs Wochen lang auf Buchheims Spuren. „Ein Jugendtraum“ sei für ihn die Reise den längsten Fluss Europas hinab zu dessen Mündung bei Constanta gewesen, erzählt der ehemalige Fallschirmjäger, Jahrgang 1947.
Eine Abenteuerlust, die Frau und Kinder nicht unbedingt verstanden haben, als er am 25. Juli mit Kajak sowie Schäferhund Charro bei Budapest in den Fluss stach. 1997 und 2000 hatte er es schon mal vergeblich probiert, von Passau her. Beim zweiten Mal wurde er von den Ungarn vor der Weiterfahrt nach Serbien gewarnt: Minengefahr. 2007 ein weiterer Versuch, von Wien aus – irgendwann machte die Seele die lange Strecke nicht mehr mit.
Nun die abgekürzte Route: immer noch 1300 Kilometer an fünf Ländern (Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien) vorbei. Genau 41 Tage im Zweisitzer. Der Hund lag immer vorne im Bug und war nötig als Schutz vor manch „dunklen Gestalten“ am Ufer. Denn nachts wurde dort im Freien geschlafen, unter einer Plane, den Proviant – vor allem gedörrte, zerschnippelte Jagdwurst – und das Hundefutter führte Schenk im Bootsrumpf mit.
„Es gab viele schöne Erlebnisse“, erinnert sich der Hambacher: „Ich wurde öfters rausgewunken, vor allem von Anglern.“ Die Donau sei sehr sauber, bis zum Industriegebiet der ... ...bulgarischen Großstadt Ruse. Und breit, bis zu 800 Meter: „Teilweise war es wie ein See.“
Eine stille Reise, Schenk konnte sich buchstäblich treiben lassen, musste nur nach Wasserzeichen Ausschau halten, manchmal setzte er ein kleines Vorsegel, gelegentlich hieß es, nach einer Welle auch einmal Wasser zu schöpfen. Nur einmal wurde es gefährlich: Nach einem Sekundenschlaf hätte ihn auf der ungarischen Donau beinahe ein Tragflächenboot erwischt. Es ist eine Fahrt zurück in die Geschichte, die an der Donau Jahrhunderte lang von den Österreichern, Türken, Römern geschrieben wurde, oft in blutigen Kriegen, von denen Festungen und Ruinen zeugen. Noch 1997 ragten die zerschossenen Häuser von Vukovar am kroatischen Ufer auf. An den einst gefährlichen Stromschnellen des serbischen Lepenski Vir fand sich aber auch eine über 8500 Jahre alte Siedlung, einer der ältesten Orte weltweit, wo Ackerbau betrieben wurde.
Hier, in der Nähe des Staudamms „Eisernes Tor“, kündet eine Steintafel „Tabula Traiana“ von der Großtat des Kaisers Traian um das Jahr 105 nach Christus herum: Der Imperator überwand im Dakerkrieg „Gebirge und Strom“, ließ Löcher in die senkrechte Felswand am Fluss bohren, schuf so einen auf dem Fluss schwebenden Fußweg für seine Truppen, zum Schutz vor Steinwürfen sogar mit Überdachung.
Eine moderne Meisterleistung ist der benachbarte Kraftwerks-Staudamm. In der tiefen Schlucht des Eisernen Tors ist die Donau nur 150 Meter breit, aber mancherorts über hundert Meter tief. Hier ging es mit dem Boot zwei Staustufen 32 Meter nach unten.
Es folgte die letzte Etappe auf dem Weg zum Meer. Bei Sophia wird der Weltenbummler spontan ins Dorf eingeladen, zum Übernachten. Die Gastfreundschaft sei beeindruckend gewesen, die Leute hätten oft Deutsch gesprochen.
Dann geht es in den „Ceaucescu-Kanal“ runter, wie Schenk die 65 Kilometer lange Abkürzung von Cernovoda zum Schwarzen Meer nennt, 1985 unter dem rumänischen Diktator fertiggestellt, teilweise von Zwangsarbeitern. Ins verwirrende Donau-Delta im Norden wollte sich Schenk dann doch nicht vorwagen.
Die Fahrt durch den Kanal mit seinem dunkel glitzernden Wasser war eine Premiere: Zum ersten Mal wohl habe ein Paddelboot die schmale Rinne passiert, was eigentlich verboten und ob des Gegenverkehrs auch nicht ungefährlich gewesen sei. Im letzten Drittel gab es bereits Gegenwind: Schenk landete im Militärhafen, von Polizei und Armee aufmerksam beäugt – während draußen schon das offene Meer dräute.
Es ging glimpflich aus, ein freundlicher Offizieller packte das Boot auf einen Anhänger und fuhr den Deutschen ins Touristenviertel Mamaia. Dort warteten schon der Bruder und Freunde, im Kleinbus ging es gemütlich zurück in die Heimat.
„Es war schön“, meint Schenk rückblickend zu den 41 Tagen und Nächten, die für ihn aus dem Donaustrom gestiegen sind: „Ich könnte eigentlich ein Buch schreiben.“