Ja, Reinhard Dümler und Jochen Kalisch waren fürwahr die Gesichter der Julius-Kardinal-Dopfner-Schule in Gerolzhofen. Denn sie haben die Sprachheilschule Gerolzhofen, wie sie damals noch hieß, nicht nur wesentlich mit aufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist – nämlich eine wichtige Einrichtung, deren Einzugsgebiet weit über Gerolzhofen hinausgeht. Obendrein haben sie auch von der Eröffnung 1978 bis jetzt als Außenstellenleiter die Schule zur individuellen Sprachförderung unter dem Dach der Caritas 35 Jahre lang geprägt.
Mit Ablauf des Schuljahres zum 30. Juli sind die beiden 62-Jährigen im Rahmen der Altersteilzeit aus ihrem aktiven Dienst als Lehrer an der Sprachförderschule ausgeschieden. Eine Ära ging damit zu Ende.
Reinhard Dümler hatte nach dem Pädagogik-Studium und der Zeit als Lehramtsanwärter an der damaligen Teilhauptschule II und heutigen Mittelschule in Gerolzhofen noch ein Studium als Taubstummenlehrer, wie es damals hieß, angehängt.
Im September 1978 übernahm er an der Julius-Kardinal-Döpfner-Schule Schweinfurt die Leitung der in den Räumen der ehemaligen Berufsschule neu eröffneten Außenstelle in der Gerolzhöfer Dreimühlenstraße.
Nach Zwischenstationen ab 1985 in der Stammschule in Schweinfurt, der Außenstelle in Römershofen und im Mobilen Dienst kehrte der im In- und Ausland gefragte Referent und rege Fachbuchautor 2004 als Klassen- und Praktikumslehrer zu den beruflichen Wurzeln an die Außenstelle Gerolzhofen zurück.
Jochen Kalisch hatte nach seinem Pädagogikstudium und seiner Zeit als Lehramtswärter an verschiedenen Schweinfurter Schulen, darunter zuletzt an der Sprachheilschule in Schweinfurt, ebenfalls von 1977 bis 1979 ein Studium als Taubstummenlehrer absolviert. 1979 kam er zunächst als Klassenlehrer an die Außenstelle Gerolzhofen der Julius-Kardinal-Döpfner-Schule, ehe er 1985 die Nachfolge von Reinhard Dümler als Außenstellenleiter antrat.
Die Leistung beider langjähriger Lehrer und Außenstellenleiter wurde sowohl bei der Jahresabschlusskonferenz in Schweinfurt als auch bei einer Verabschiedungsfeier unter Mitwirkung aller Kinder in Gerolzhofen durch Caritas, Schulleitung, Tagestätte und Eltern herausgestellt und in Form von Reden, Gedichten, Musik und Geschenken gewürdigt. Auch die Busfahrer von den Maltesern waren zur Verabschiedung gekommen.
Als die „Sprachheilschule“, wie sie in der Bevölkerung genannt wird, im September 1978 in der Dreimühlenstraße unter Reinhard Dümlers Regie ihre Pforten öffnete, gab es eine erste Klasse, zwei Gruppen im „Sprachheilkindergarten“ sowie eine Tagesstättengruppe, die sich aus den insgesamt rund 30 Kindern rekrutierte. Nun schon seit etlichen Jahren sind es eine erste und eine zweite Schulklasse, vier Gruppen in der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) und drei Tagesstättengruppen (zwei gebildet aus SVE- und eine gebildet aus den Schulkindern) mit um die 75 Buben und Mädchen.
Von Anfang an deckte die Schule landkreisübergreifend ungefähr das Gebiet des ehemaligen Landkreises Gerolzhofen mit seinen Teilen in den heutigen Landkreisen Schweinfurt, Haßberge und Kitzingen ab, wobei zeitweise sogar Kinder bis aus dem Raum Scheinfeld nach Gerolzhofen kamen.
Großer Einzugsbereich
Der große Einzugsbereich sollte sich als Problem erweisen, als sich 1998 herausstellte, dass das Schulgebäude wegen des schlechten baulichen Zustands dringend saniert werden musste, ein Neubau aber wirtschaftlicher sei. Dessen Finanzierung gestaltete sich nämlich schwierig, da die Tendenz dahin ging, dem dezentralen Standort Gerolzhofen eine zentrale Fördereinrichtung in Schwebheim vorzuziehen.
Nun machten vor allem die Eltern mobil, um Landkreis, Schulträger und Politiker durch eine Demonstration und eine groß angelegte Unterschriftensammlung für das Problem zu sensibilisieren. Mit Erfolg. Doch gerade als der Fortbestand der Sprachheilschule in Gerolzhofen in trockenen Tüchern schien, tauchten neue Schwierigkeiten auf. Erst die Unterzeichnung des Kaufvertrags zwischen Landkreis und Caritas im April 2000 sicherte langfristig die Zukunft der Einrichtung in der Steigerwaldstadt.
Im September 2000 begann der Abriss. Doch wenige Monate nach Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2001 standen diese an der Außenstelle Gerolzhofen still. Der Träger, die Caritas, war nicht bereit, mehr Geld als die für dieses Jahr in Aussicht gestellten Mittel zu verbauen.
20 Jahre lange Ungewissheit
Es folgt ein längerer Streit zwischen Landkreis und Caritas um die Finanzierung des Bauvorhabens. Erst als die aufgestockten Fördermittel ausbezahlt waren und klar war, dass weitere Gelder fließen würden, ging es auf der Baustelle weiter und das Bangen hatte nach 20 Jahren der Ungewissheit ein Ende.
Im September 2002 konnte der schmucke Neubau bezogen und eingeweiht werden. Nach zwei nicht einfachen Jahren in örtlich getrennten Notquartieren in Sulzheim und Gerolzhofen war die Schule somit wieder unter einem Dach vereint.
Am Ziel der Sprachförderschule, Kindern sowohl in der Überwindung sprachlicher Defizite beim Lesen und Schreiben, als auch allgemeiner Entwicklungsschwächen zu helfen und ihnen somit die Grundlage zu bieten, möglichst schnell wieder in die Regelschule einzutreten, hat sich bis heute nichts geändert.
In den Nuancen der täglichen Arbeit allerdings schon. Wurden anfangs nur Kinder betreut, die Sprachauffälligkeiten hatten, indem sie etwa stammelten oder stotterten, so seien die Auffälligkeiten im Laufe der Zeit immer komplexer geworden, so Jochen Kalisch.
So kommen heutzutage neben den Auffälligkeiten in der Sprache zunehmend Auffälligkeiten in den Bereichen der Grob- und Feinmotorik, der visuellen Wahrnehmung, der auditiven Wahrnehmung, Gleichgewichtsstörungen, Konzentrationsschwächen oder Formen der Hyperaktivität hinzu. „Dies trat früher in diesem Ausmaß nicht zutage“, so der nun mit Reinhard Dümler gemeinsam in Altersteilzeit gegangene langjährige Außenstellenleiter.