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EUERBACH: Annika macht die „Leinen los“

EUERBACH

Annika macht die „Leinen los“

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    Leinen los: In Kiel ist die „Thor Heyerdahl“ für das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“ in See gestochen. Mit an Bord die 15-jährige Euerbacherin Annika Sagstetter, die dort bis April leben und lernen wird.
    Leinen los: In Kiel ist die „Thor Heyerdahl“ für das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“ in See gestochen. Mit an Bord die 15-jährige Euerbacherin Annika Sagstetter, die dort bis April leben und lernen wird. Foto: Fotos: Uwe Sagstetter

    „Leinen los“ hieß es am Samstag für die 15-jährige Annika Sagstetter aus Euerbach, die mit 31 weiteren ausgewählten Jugendlichen ein halbes Jahr lang um die Welt segelt. Als einzige Schülerin aus Mainfranken. Von Kiel aus stach der Dreimast-Schoner „Thor Heyerdahl“ in See, auf eine 190-Tage-Reise um den halben Globus. „Klassenzimmer unter Segeln“, kurz KUS, lautet das wissenschaftliche Projekt der Universität Erlangen.

    „Sie hat einfach nur gestrahlt.“ Wenn Heike Sagstetter an den Abschied von ihrer Tochter Annika am Kieler Seefischmarkt denkt, weiß sie, dass die 15-Jährige nur glücklich ist: voller Vorfreude auf die vielen Erfahrungen und voller Optimismus, das Abenteuer Segelschiff – und die eigenen Grenzen – zu bestehen. Das befürchtete „heulende Elend“ beim Abschied überkam die Mutter und die ganze Familie auch deshalb nicht, weil sie sich von der „Thor Heyerdahl“ und deren Crew sowie von den pädagogischen Begleitern des KUS-Projektes ein genaues Bild verschaffen konnten.

    Die Eltern haben gesehen, wo und wie ihre Tochter für sechs Monate, schlafen, essen, lernen wird. Sie haben die vier Quadratmeter großen Kajüten für vier Mädchen in Augenschein genommen. „Das macht Annika nichts aus, die Enge ist sie vom Wohnwagen gewöhnt“, sagt ihr Vater Uwe. Sie haben die „Messe“ gesehen, wo das Geschirr in den Sitzbänken verstaut ist. Auf denen die Jugendlichen bei schlechtem Wetter sitzen werden, um Mathe, Englisch oder Deutsch zu pauken. Wenn sie nicht an Deck sind, um dort die Physik an den aufgeblähten Segeln ihres Schiffes zu erkunden.

    „Ich habe mich für ein Biologie-Projekt über Delfine gemeldet“, hat die sportliche Zehntklässlerin des Schweinfurter Humboldt-Gymnasiums vor der Abfahrt mitgeteilt. Das heißt, von Bord aus über einen längeren Zeitraum beobachten, wann, wie oft, welche Delfin-Arten sich in welchen Kreisen bewegen. Außerdem will sie nach ihrer Rückkehr Ende April 2011 über das Ökosystem Regenwald ein Referat im Biologieunterricht halten, hat sie bereits mit der Lehrerin vereinbart. Und ihre ganze Reise auf Englisch im Unterricht wiedergeben.

    Assistentin des Proviantmeisters

    Zunächst steht für die Gymnasiastin aber Lernen der anderen Art an: Das begann bereits mit dem Beladen des 50 Meter langen und sechs Meter breiten Schiffes im Kieler Hafen. Annika war die rechte Hand des Proviantmeisters, verstaute Unmengen von Lebensmitteln, hatte den Überblick über Gefriergut, Nudeln oder Schokolade.

    „Am ersten Tag an Bord hatte sie gleich ,Backschaft‘“, Küchendienst also, erzählen die Eltern. Etliche Kilogramm Kartoffeln schälen, Zwiebeln schneiden und Fisch braten, war angesagt, schließlich sind die 32 Schüler für den gesamten Betrieb an Bord nicht nur zuständig, sondern immer mehr auch verantwortlich. Für Annika heißt das gleich zu Beginn der Reise auch: zweimal täglich von fünf bis acht Uhr Wache schieben.

    Anfangs sind die Masten tabu

    Alle Positionen, vom „Reinschiff“ (Putzen) über den Maschinisten bis zum Steuermann, müssen die Jugendlichen ausprobieren, um dann letztendlich selbstständig das Schiff wieder nach Hause zu führen. „Beim Auslaufen durften sie beim Segel-Setzen noch nicht nach oben in die Masten“, ist Uwe Sagstetter mit den Sicherheitsvorkehrungen zufrieden, „nur von unten die Seile halten“.

    Erst mussten die Neulinge in der Kieler Bucht Segelübungen durchführen, bevor es am Sonntag aufs offene Meer ging: durch den Nord-Ostsee-Kanal und die Nordsee Richtung England. Von dort geht es weiter auf die Kanaren nach Teneriffa, wo ab 7. November der erste Landaufenthalt geplant ist. Über den Atlantik segelt die „Thor“ dann Richtung Karibik, macht in Mittelamerika Halt und kommt auf der Rückfahrt nach Kuba, zu den Bahamas, Bermudas, die Azoren zurück in die Nordsee.

    Dabei werden die Schüler lernen, Verantwortung zu übernehmen, Konflikte zu bewältigen, teamfähig zu sein, durchzuhalten, die physischen und psychischen Grenzen auszuloten. „Du gibst sie als Kind weg und bekommst sie als junge Erwachsene wieder“, haben sich Annikas Eltern sagen lassen.

    Annika auf großer Fahrt

    Annika Sagstetter aus Euerbach wird sich immer wieder von ihrer Segelreise um die Welt im „KUS“-Projekt melden. Ihre Nachrichten und Erlebnisse werden wir in dieser Zeitung und im Internet veröffentlichen. Die KUS-Reise 2009/10 begleitete ein Team des Bayerischen Rundfunks. Deren 25-teilige Doku-Serie wird ab 22. November im KI.KA ausgestrahlt.

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