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GELDERSHEIM: Anspannen zum Ausspannen

GELDERSHEIM

Anspannen zum Ausspannen

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    Ein Hauch Ben Hur am Biegenbach: Peter Werner lässt beim Ferienspaß mit Wagonette die Leine locker.
    Ein Hauch Ben Hur am Biegenbach: Peter Werner lässt beim Ferienspaß mit Wagonette die Leine locker. Foto: Foto: Uwe eichler

    Es rasselt das Gespann, die Pferde gehen mit Karacho in die Kurve: Eigentlich fehlt nur noch eine Gruppe Indianer, die Peter Werner, dem Fahrer mit Hut und Peitsche, verfolgt. Es sieht schon etwas dramatisch aus, wie die kleine, gut gefederte „Wagonette“ in den Parcours am Biegenbach fährt – aber der Chef der Reitergruppe hält die Zügel fest in der Hand. Die Kinder im Wagen freuen sich sichtlich über „Action“ beim Ferienspaß, die beiden Zugpferde Sancho und Dornado sind nun wirklich gutmütig: Kompakte Oldenburger, von der gleichen, bewährten Rasse wie die Tiere der deutschen Olympiareiter in London. Weil auch viele kleinere Kinder (teilweise mit Fahrradhelm) dabei sind, haben die Geldersheimer Reiter extra die nach hinten geschlossene Droschke angespannt.

    Sigrid Balda und Jutta Förtsch zeigen stolz das Übungsgelände der „RG“, das erst im Frühjahr erweitert wurde: Der Reitverein mit eigener Stallgemeinschaft, rund 80 Mitgliedern und elf Pferden ist zugleich ein Fahrverein. Von den 25 Aktiven sind einige schon bei fränkischen Fahr-Meisterschaften auf Spitzenplätze gerollt. Gefahren wird, auf Zeit, in den drei Disziplinen Dressur, Gelände und Hindernis - im ersteren Fall werden vor allem die korrekten Gangarten bewertet, ähnlich wie beim Reiten, beim Geländefahren geht es gleich querfeldein, über Brücken und Bachläufe: „Wenn so eine Kutsche durchs Wasser fährt, das sieht schon klasse aus“, findet Jutta Förtsch. Knifflig sind die Hindernisstrecken – Kegel markieren die Engstellen, die durchfahren werden müssen. Auf den Hüten liegen Bälle, fallen die herunter, werden Fehlerpunkte angerechnet. Die Breite der Durchfahrten bemisst sich nach „Hubraum“, sprich der Größe der Pferde.

    Etwa ab fünf Jahren kann ein Pferd eingespannt werden, erzählt Mitfahrerin Balda. Ein eleganter Sport, der buchstäblich immer mehr Anhänger findet und an die umweltfreundlichere, ruhigere Fortbewegung in den Jahrhunderten vor dem Auto erinnert.

    Begründet wurde das moderne Gespannfahren durch Benno von Achenbach, dem letzten Leiter des kaiserlichen Fahrstalls. Der Autor des Klassikers „Anspannen und Fahren“ hat schon um 1920 die europäischen Normen vereinheitlicht und etwa das Durcheinander aus Leinen und Stangen an den Fahrzeugen entwirrt. Neben England ist vor allem Ungarn eine Hochburg der Fahrkunst: In Kocs wurden im Mittelalter die ersten gefederten Fahrzeuge nach der Antike gebaut - daher der Name „Kutsche“. Auch wenn heute überwiegend zum Ausspannen angespannt wird: Die Profi-„Kutschiererei“ bleibt eine Wissenschaft für sich, von der Fliegenhaube auf den Ohren der Oldenburger bis zum Ortscheit, der Stange hinter den Pferden, an der das Geschirr befestigt ist.

    Die Helfer Peter Werner, Sigrid Balda, Jutta Förtsch, Sabrina Gütlein, Thomas Christ, Helmut Markert und Mayanna Weghorn, haben an diesem Tag einiges zu deichseln: Rund 30 Kinder sind an der Reitermühle angetreten. Neben der Kutschenfahrt steht auch das unverwüstliche Pony- und Pferdereiten auf dem Programm: Der große Auftritt von Carlos, Conrad, Pinta und Baroness. Dazu gibt's Hufeisenwerfen und – nach einem langen Nachmittag im Sattel oder auf Achse – für jeden Pferdefreund eine Bratwurst.

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