Sie sind weiblich, sie sind katholisch und sie haben es satt, dass sie in ihrer Kirche nicht gleichberechtigt sind. Auch in Gerolzhofen haben sich engagierte Katholikinnen der deutschlandweiten Aktion Maria 2.0 angeschlossen. Am Samstagabend durften sie im Steigerwalddom ihre Anliegen der Gemeinde vortragen.
Eine Kirche ohne aktive Frauen? Undenkbar. Die allermeisten Arbeiten in einer Pfarrgemeinde werden von Frauen erledigt. Und dies zumeist im Hintergrund, ganz ohne großes Aufsehen. Ohne Frauen wäre Kirche in dieser Breite nicht möglich. In den Pfarrgemeinderäten und Aktionsgruppen engagieren sich Frauen in vorderster Reihe. Viele Lektoren und Kommunionhelfer sind weiblich, die caritativen, von Nächstenliebe geprägten Besuchsdienste in Krankenhäusern, Heimen oder Zuhause werden von Frauen geprägt. Frauen sind in den Kirchenchören oder als Organistinnen tätig, Frauen arbeiten in den Pfarrbüros und organisieren den Sakristei-Dienst. Selbst der Blumenschmuck im Gotteshaus und das Waschen der Altartücher wäre ohne den Einsatz von Frauen deutlich schwieriger zu bewerkstelligen. Und schließlich darf man nicht vergessen, dass eine religiöse Kindererziehung und das Hinführen der Kinder zum Glauben zumeist fast ausschließlich in den Händen der Mütter liegt.
Für eine Erneuerung
Und doch hat die Amtskirche vor über eintausend Jahren den Grundsatzbeschluss gefasst, dass Frauen nicht gleichberechtigten Zugang zu kirchlichen Weiheämtern haben sollen. Dass zu den ersten Jüngern Jesu einst auch viele Frauen gehörten, dass es gerade Frauen waren, die später dann in den Gemeinden der Urkirche wichtige Führungsaufgaben übernahmen, dies alles wurde von einer immer frauenfeindlicher werdenden Amtskirche später einfach vom Tisch gewischt. Bis heute hat sich daran im Grundsatz - trotz aller Beteuerungen der Kirchenoberen - wenig geändert.
Die Frauen wollen sich dies nicht mehr gefallen lassen. Statt sich – wie viele – enttäuscht und desillusioniert von der Kirche abzuwenden, bleiben sie in der Kirche und treten für eine Erneuerung ein. Weil ihnen die Kirche am Herzen liegt.
Zum Altar gebeten
Über 40 in Weiß gekleidete Frauen und einige Männer trafen sich am Samstag zum Vorabendgottesdienst vor der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche. Viele waren durch die Berichterstattung dieser Zeitung auf die Aktion aufmerksam geworden. Eine alte Frau kam mit ihrem Rollator ganz in Weiß gekleidet und meinte: „Auch mit 90 ist man nicht zu alt zum Protestieren!“ Kurz vor Beginn der Messe zogen sie dann gemeinsam in das Gotteshaus ein. Es gab also keinen "Kirchenstreik", sondern ein bewusstes Mitfeiern des Gottesdienstes. Pfarrer Stefan Mai, der schon im Vorfeld seine Sympathie für die Aktion "Maria 2.0" geäußert hatte, lud die weißgekleideten Frauen dann auch zum gemeinsamen "Vater Unser" in den Altarraum ein. Gegen Ende des Gottesdienstes durften die Organisatorinnen Eva Maria Ott und Monika Sahlender sogar vom Ambo aus ihre Anliegen verdeutlichen.
Ausgegrenzt durch das Geschlecht
"Wir Frauen wünschen uns eine geschwisterliche Kirche, in der sowohl Frauen als auch Männer Zugang zu den Weiheämtern haben", erklärten die Frauen. Obwohl Frauen schon immer die vielfältigsten Aufgaben in der Kirche übernehmen, dürften sie nicht einmal Diakonin werden. "Gott hat den Menschen als Frau und Mann nach seinem Bilde geschaffen und hat beiden Geschlechtern die gleiche Würde verliehen", sagten die Frauen. Die katholische Kirche könne es sich nicht länger leisten, die Hälfte der Bevölkerung von wichtigen Ämtern allein auf Grund ihres Geschlechts auszugrenzen und damit auf deren Fähigkeiten, Kirche zu gestalten und weiterzuentwickeln, zu verzichten. "Als Getaufte und Gefirmte sind Frauen und Männer gleichermaßen auch zum sakramentalen Dienst berufen." Die Rednerinnen machten sich auch für die Abschaffung des zwingenden Zölibats stark: "Unserer Meinung nach sollte auch den Menschen, die in einer Ehe leben, der Zugang zum Priesteramt nicht verwehrt werden."
Aufstehen für eine Wende
"Unser Herz hängt an dieser Kirche, trotz all ihrer Fehler und Missstände." Deshalb sei man dem Gottesdienst nicht ferngeblieben und nicht in einen Streik getreten, sondern man wolle für die Anliegen der Frau aufstehen und ein Zeichen setzen. Dieses Zeichen wurde schließlich eindrucksvoll gesetzt: Alle, die die Forderungen von "Maria 2.0" unterstützen, traten aus den Bänken in den Mittelgang des Steigerwalddoms. Fast alle Gottesdienstbesucher, die im Mittelschiff saßen, machten mit.
Gleich nach dem Gottesdienst wurde von teilnehmenden Frauen dann die Frage gestellt: „Und wie geht es jetzt weiter? Was können noch tun, um auf unser Anliegen aufmerksam zu machen?" Spontan kam man auf die Idee, bei weiteren kirchlichen Veranstaltungen wieder in Weiß gekleidet zu kommen, zum Beispiel bei der Fronleichnamsprozession. "Es wird also hoffentlich irgendwie weitergehen", sagt Organisatorin Monika Sahlender.