Wer kennt das Gefühl nicht, wenn man so die eine oder andere Entscheidung im Stadtrat oder von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) als Bürger zur Kenntnis nimmt: Das hätte ich aber anders gemacht. Erst kürzlich gingen die Haushaltsberatungen 2022 zu Ende, die Stadt verwaltet rund 250 Millionen Euro pro Jahr. In der neuen Ausstellung "Pay Day - heute regiere ich die Stadt" im Alten Rathaus kann man nun ausprobieren, was es heißt, Oberbürgermeister zu sein.
Die 20. Ausstellung aus der Reihe "Made in Schweinfurt", in diesem Jahr eine Gemeinschaftsproduktion des Kulturforum-Teams um Leiterin Katharina Christ und ihre Mitarbeiterin Johanna Körner sowie dem Leiter des Stadtarchivs, Dr. Uwe Müller, ist wieder eine ganz besonders gelungene Ausstellung.
Und sie ist ein Vorgeschmack darauf, wie sich das neue Stadtmuseum, das gemeinsam mit dem Kulturforum am Martin-Luther-Platz 2025 eröffnet werden soll, einmal präsentieren soll. Als ein Museum, in dem der Besucher noch viel mehr als Akteur gefragt ist. Als ein Museum, das "Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindet", wie es Katharina Christ beschreibt.

"Pay Day - heute regiere ich die Stadt!" ist eine beeindruckende Mischung des Ursprungskonzepts der Stadt Tübingen mit einem aus Automaten bestehenden Parcours und den Schweinfurter Verhältnissen. Im Kern geht es darum, dass man selbst als Besucher entscheidet, wie viel Geld man in die einzelnen Bereiche stecken will, für die eine Stadtverwaltung verantwortlich ist. Was ist mir Soziales wert? Wie viel die Schulen? Wie viel die Kultur? Ist Straßenunterhalt nicht besonders wichtig? Oder die Feuerwehr?
"Wir wollen auch zeigen, was die Stadt als Dienstleister für ihre Bürger macht und, dass alle Mitarbeitende jeden Tag ihr Bestes geben."
Katharina Christ, Leiterin des Kulturforums.
Die Interaktivität ist erstaunlich und macht vor allem Spaß. Gleich zu Beginn darf der Besucher in einem großen, roten Leder-Thron Platz nehmen. Oberbürgermeister Sebastian Remelé führt virtuell in die Ausstellung ein und übergibt sogar seine goldene Amtskette – schließlich ist ja jetzt der Bürger der Chef.

An jeder Station gibt es aktuelle Informationen zum Haushalt 2022, wofür das Geld investiert wird und einen Rückblick. Mit historischen Bildern oder spannenden Artefakten, die Uwe Müller zur Verfügung gestellt hat. Sei es mit der historischen Speisekarte für die Armen und die Reichen in der Hospitalstiftung, dem Stundenplan des Gymnasiums aus dem Jahr 1654 oder was den französischen Truppen zu Beginn des 19. Jahrhunderts alles kredenzt werden musste.
"Wir wollen mit dem Besucher auf Entdeckungsreise gehen", erklärt Johanna Körner. Eine Entdeckungsreise, die bewusst auf Anfassen und Ausprobieren setzt und somit im Grunde das Gegenteil dessen ist, was man von einer klassischen Ausstellung erwartet. Aber genau das ist gut so, zum Beispiel wenn man per Magnet-Bagger Schlaglöcher stopft oder an den Schalthebeln der Macht im Wortsinne den eigenen Haushalt zusammenstellt.

Es gibt 13 Themenfelder, zehn Automaten-Stationen, aber nur neun Münzen für den Besucher, mit denen er Schwerpunkte setzen kann. Sprich: Man muss sich entscheiden, wofür man Geld ausgeben will, und das ist genau das, was die Stadtverwaltung und der Stadtrat jeden Tag tun. "Man muss haushalten", so Johanna Körner schmunzelnd.
"Wir wollen auch zeigen, was die Stadt als Dienstleister für ihre Bürger macht und, dass alle Mitarbeitende jeden Tag ihr Bestes geben", erklärt Katharina Christ, die auch auf die verwaltungsintern sehr gute Zusammenarbeit im Vorfeld der Ausstellung verweist.
Ausstellung Made in Schweinfurt: Pay Day - Heute regiere ich die Stadt! in der Halle Altes Rathaus bis 6. März 2022. Eintritt frei, es gelten die jeweils aktuellen Hygienebestimmungen, derzeit 2G plus. Öffnungszeiten: Mittwoch 11 bis 20 Uhr, Donnerstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr. Führungen für Gruppen auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Anmeldung und Informationen unter (09721) 514770 oder kulturforum@schweinfurt.de