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Schweinfurt: Berliner Wandertheater spielte in Schweinfurt

Schweinfurt

Berliner Wandertheater spielte in Schweinfurt

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    Wenn man einfach in Berlin losfährt, um als Wandertheater durch ganz Deutschland zu ziehen, braucht es wohl Improvisationstalent. Dieses stellte das Agon Wandertheater vergangenen Donnerstag unter Beweis. Ausgerechnet bei ihrem Stopp in Schweinfurt regnete es nämlich.

    Flexibel mussten all diejenigen sein, die es geschafft hatten, die Gruppe zu finden. Denn noch am Spieltag änderten sie kurzfristig den Ort des Auftritts. Statt in den Wehranlagen schauspielerten die Studenten lieber im Wildpark.

    Damit verspielten sie vermutlich auch ihre Chance auf großes Publikum. Die 20 Menschen, die dann tatsächlich im Publikum saßen, dürfen erst einmal warten. Noch ist die Gruppe mit Kameraeinstellungen und Kostüm beschäftigt. Zehn Minuten nach geplantem Start ertönt dann endlich Musik. Hinter der Kamera, die den Auftritt ins Internet überträgt, beginnt Daniel Pronin hin und her zu wippen. Im Mundwinkel hat er lässig eine Zigarette. Er scheint es gelassen zu nehmen – den Regen, das wenige Publikum, das Leben als fahrender Künstler.

    Theaterstück "Der Bär" von Anton Tschechow

    Pronin blickt nach vorne. Zugegeben, der Rand des Planschbeckens im Wildpark kommt einer Bühne ziemlich nahe. Darauf: ein Plastikstuhl. Sollte man sich allerdings fragen, was ein paar abenteuerlustige Studenten aus Berlin schon aufführen wollen, lautet die Antwort: tatsächlich ein ganzes Stück. Genauer gesagt: "Der Bär" von Anton Tschechow.

    Auf dem Plastikstuhl sitzt Alice Rose Hamberger. Sie spielt die Witwe Helena. Und das ziemlich überzeugend. Ganz in schwarz und mit Schleier sitzt sie da. Dann beginnt sie zu schluchzen. Für einen kurzen Moment legt sich bedrückte Stimmung über das Publikum. Ihr Diener, Luka, gespielt von Cosmo Panama betritt die Bühne. Er kündigt ihr Besuch an. Helenas Verstobener Mann hatte Schulden bei Gregor. Die will dieser jetzt zurück. Bis er das Geld bekommen hat, will "der Wilde" nicht gehen. Oder wie Lejan Samuelson es in der Fassung des Wandertheaters ausdrückt: "Ich werde bleiben, bis die Tante zahlt." Er spuckt bekräftigend auf den Boden.

    Auf Spielort Schweinfurt zugeschnitten

    Die Studenten haben das Stück überarbeitet. Sie machten ihre eigene Version daraus. Vermutlich wirkt es deshalb so authentisch. Jeder der drei Schauspieler konnte sich selbst ins Stück einbringen. Sogar speziell auf den aktuellen Spielort ist es zugeschnitten. "In Schweinfurt ist jeden Tag Party am Main", sagt der Diener auf der Bühne. Ihren ersten Abend in Schweinfurt scheinen die Studenten genossen zu haben. Panamas Berliner Dialekt ist dabei kaum zu überhören. Samuelson hingegen interpretiert seine Rolle moderner. Häufigstes Wort: "Vallah." Eine Gruppe Jugendlicher im Publikum beginnt zu grinsen. Die Erwachsenen schenken den Studenten eher verwirrte Blicke.

    Das Studium der sechs Gruppenmitglieder hat etwas mit Theater zu tun. Das merkt man, denn schauspielern können sie. Als Hamberger ihren Blick über die Menge schweifen lässt, hat man den Eindruck, man säße in einem viel größeren Theatersaal. Der Wildpark ist aber kein Theater. 

    Es geht nicht um ein großes Publikum

    Während im Wildpark langsam die Sonne untergeht, stellt sich "der Wilde" als gar nicht so wild heraus. "Mädchen, schrei mich nicht so an", sagt er zu Helena. Schließlich kommen sie sich näher. "Willst du meine Hausfrau werden?", fragt Gregor. Sie küssen sich. Das Publikum applaudiert.

    Als das Wandertheater nach dem Auftritt zum Zeltplatz aufbricht, wirken sie zufrieden. Um ein großes Publikum ginge es ihnen sowieso nicht. "Die Erfahrungen, die wir sammeln sind wichtiger", erklärt Samuelson später. Er spuckt auch abseits der Bühne öfters auf den Boden. Ob es das Agon Wandertheater allerdings noch einmal in die Gegend verschlägt, bleibt fraglich. Wie es mit der Gruppe weitergeht, wissen sie nämlich auch nicht genau.

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