Wer an diesem Wochenende das Mahlholz besucht, dem kann es leicht passieren, dass ihm ein freundlicher junger Mann in den Weg tritt und Fragen stellt. Simon Tangerding ist im Stadtwald unterwegs, um Waldbesucher nach den Motiven für ihr Kommen zu interviewen.
Wie oft jemand in den Wald geht, welche Aktivitäten er dort ausübt, ob der das alleine, zu zweit oder in der Gruppe tut und auf welchen Wegen er läuft, möchte Simon Tangerding wissen. Dazu kommt der Fragenkomplex, in dem der Besucher seine Einschätzung der Funktionen des Waldes nach Wichtigkeit bewerten soll. Wie wichtig ist es zum Beispiel, dass der Wald klimaschädliche Treibhausgase bindet und gute Luft produziert? Wie wichtig ist der Wald als Rohstofflieferant für Brennholz, Möbel- oder Papierproduktion?
Quell der Inspiration?
Der Interviewer will auch wissen, ob der Stadt- und auch der Bürgerwald als Inspirationsquelle dienen, etwa zum Fotografieren oder für Spiritualität und Religiosität. Die Befragten sollen ferner einschätzen, wie wichtig ihnen der Wald als Lebensraum für Wildtiere und bestäubende Insekten ist oder als Ort zum Sammeln von Beeren, Pilzen oder Bärlauch. Abschließende Kriterien sind sauberes Trinkwasser, Schönheit der Landschaft und Schutz vor Hochwasser. In drei Minuten will der Interviewer mit seinen Fragen durch sein, kein großer Zeitaufwand also für die Waldbesucher.
Simon Tangerding stellt diese Fragen im Rahmen einer Projektarbeit am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt. Die Fragestellung zeigt eigentlich schon, worum es geht. Wie soll Revierförster Volker Conrad die gleichzeitige touristische und forstwirtschaftliche Nutzung in Einklang bringen, wo doch klar ist, dass Bewirtschaftung und ihre sichtbaren Folgen das Wohlgefühl des Waldbesuchers negativ beeinflusst.
Das hat Volker Conrad gemerkt, als er vor geraumer sehr oft gefragt wurde, warum in der Nähe des Waldkindergartens ein regelrechter Kahlschlag entstanden ist. Der Grund: Käferbefall in der Fichtenkultur, die an dieser Stelle stand. Alles musste raus aus dem Wald. „Vielleicht hätte ich das besser vorher kommuniziert, dann hätten die Leute Bescheid gewusst“, gesteht Conrad ein.
Volker Conrad und Forstreferendar Simon Tangerding sind sich einig, dass der nur drei Kilometer südwestlich von Gerolzhofen liegende Stadtwald zu einer positiven Entwicklung der Region beitragen kann. Längst hat Conrad die forstwirtschaftliche Nutzung weit hinter die touristische zurückgestellt. So hat er zum Beispiel die Rückegassen so weit zurückgebaut, dass sie nicht mehr sichtbar sind.
Auch der Naturschutz steht noch vor der Holzentnahme. Im Zentrum des Stadtwaldes liegt ein in Mitteleuropa seltenes Dolinenfeld (Senken). Dorthin führt absichtlich kein Weg. Wer es nicht weiß, geht an dem außergewöhnlichen und unter Naturschutz stehenden Landschaftsbild vorbei. Hier sieht der Förster einen Konflikt wischen Tourismus und Naturschutz. „Die Dolinen sind ein sehr empfindlicher Lebensraum. Ich weiß nicht, ob ich dort Touristen hinführen soll.“ Besonders im Winter sind die Dolinen ein Rückzugsraum für viele Tiere.
Rund 10 000 Besucher kommen jährlich ins Mahlholz. Dass sie ganz unterschiedliche Motive haben, weiß Volker Conrad schon jetzt. Die einen suchen Stille und Naturnähe, die andern nutzen den Wald eher zu wilden Mountainbike-Fahrten oder rennen mit lauter Musik aus dem Kopfhörer durch den Wald. Vielleicht hilft die Umfrage, das alles besser zu kanalisieren.
Eine derartige Umfrage des ALF, wie jetzt im 108 Hektar großen Stadtwald, ist bisher eine Ausnahme. Gemeinden können die Interviewer beim Amt anfordern. Allerdings glaubt Simon Tangerding, dass eine solche Meinungserhebung nicht für jeden Wald nötig ist. „Was wir in Gerolzhofen herausbringen, können wir ohne Weiteres auch auf andere Wälder auf der fränkischen Platte übertragen“, meint er.
Bevor er jetzt mit seinem Fragebogen in den Wald geht, hat Tangerding Experteninterviews mit Landschaftsentwicklern der Technischen Universität München, der bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft, Tourismus und Jagdverbänden und der Stadt als Eigentümerin geführt. Aus den Ergebnissen ist dann der Fragebogen entstanden.
Der Fragebogen kann auch im Internet beantwortet werden: de.surveymonkey.com/r/5HCRQ76