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EBRACH/BAMBERG: Brutale Attacke auf JVA-Vollzugsbeamtin

EBRACH/BAMBERG

Brutale Attacke auf JVA-Vollzugsbeamtin

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    Hinter den Mauern der JVA Ebrach kam es am 16. August 2016 zu einem schweren Übergriff eines Häftlings auf eine Justizvollzugsbeamtin. Darum geht es derzeit in einem sogenannten Sicherungsverfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts Bamberg.
    Hinter den Mauern der JVA Ebrach kam es am 16. August 2016 zu einem schweren Übergriff eines Häftlings auf eine Justizvollzugsbeamtin. Darum geht es derzeit in einem sogenannten Sicherungsverfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts Bamberg. Foto: Foto: Norbert Vollmann

    „So einen Übergriff eines Gefangenen auf das Aufsichtspersonal mit solchen Verletzungen habe ich im Lauf meiner 25-jährigen Dienstzeit im Strafvollzug noch nicht erlebt“, sagt Gerhard Weigand. Der Leiter von Bayerns größtem Jugendgefängnis, der Justizvollzugsanstalt Ebrach, ist immer noch ob des schweren Übergriffs auf eine Justizvollzugsbeamtin im August 2016 betroffen.

    Er unterstreicht: „Die Unberechenbarkeit und Aggressivität dieses Angriffs ist beispiellos in der jüngeren Geschichte der besonderen Vorkommnisse in der JVA Ebrach“.

    Der mutmaßliche Täter muss sich aktuell wegen gefährlicher Körperverletzung in einem sogenannten Sicherungsverfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts Bamberg verantworten.

    „Die Unberechenbarkeit und Aggressivität dieses Angriffs ist beispiellos in der jüngeren Geschichte der JVA Ebrach.“

    Gefängnisleiter Gerhard Weigand

    Dem jetzt 21-jährigen Beschuldigten wird zur Last gelegt, als Heranwachsender im juristischen Sinn am 16.

    August 2016 in der JVA Ebrach, wo er eine mehrjährige Jugendstrafe verbüßen sollte, völlig unvermittelt mit einem von ihm selbst hergestellten, messerähnlichen, zehn Zentimeter langen Bruchstück aus einem Porzellanteller mindestens drei Mal auf eine Justizvollzugsbeamtin eingestochen zu haben.

    Dabei fügte er der Mitarbeiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes tiefe, bis in die Muskulatur reichende, stark blutende Schnittwunden im Gesichts- und Halsbereich auf der linken Seite zu, und zwar unterhalb des Jochbeins, an der Wange sowie am Kinn und an der Kinnunterseite.

    Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei dem Beschuldigten „zum Tatzeitpunkt eine bestehenden Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis“ vorlag. Dem 21-Jährigen sei aufgrund der vermutlich auf langjährigen Drogenkonsum zurückgehenden Wahnvorstellungen und Halluzinationen sein Tun nicht bewusst gewesen. Da er in dem Moment „nicht bei Sinnen gewesen“ sei, habe er im schuldunfähigen Zustand gehandelt, so der Gutachter.

    Da anzunehmen sei, dass er auch künftig weitere Straftaten begehen werde und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, strebt die Staatsanwaltschaft in dem sogenannten Sicherungsverfahren keine Verurteilung des Angeklagten mit einer langen Vorstrafenliste zu einer erneuten Haftstrafe, sondern seine zunächst unbegrenzte Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung an.

    Nachdem die mehrjährige Jugendstrafe des jungen Mannes rechtskräftig geworden war, war er zu deren Verbüßung am Freitag, 12. August 2016, aus der Untersuchungshaft in die JVA Ebrach eingewiesen worden. Die nach Aussage in dem psychiatrischen Gutachten bereits zu diesem Zeitpunkt beginnende Psychose hat sich dann offenbar am Dienstag, 16. August 2016, manifestiert.

    Der neue Häftling wählt den Notruf. Auf die Frage der Beamtin über die Anlage, was los sei, reagiert er nicht. Darin macht sie sich auf den Weg zu seiner Zelle, um sich zu vergewissern, ob alles in Ordnung sei. Als sie Tür öffnet, geht er ohne ein Wort zu sagen auf sie mit brachialer Gewalt los. Trotz der Verletzungen gelingt es ihr noch, den Alarmknopf zu drücken. Die Kollegen sind umgehend zur Stelle.

    Die Beamtin hat riesiges Glück. Die Stichverletzung unter dem Kinn hätte nach Angaben des behandelnden Arztes in der Gesichtschirurgie im Klinikum Würzburg wenige Zentimeter daneben tödlich sein können. Einer Gesichtslähmung entkommt sie außerdem nur, weil der Angreifer den Gesichtsnerv knapp verfehlt. Gerhard Weigand:„Letztendlich bin ich froh, dass alles im Nachhinein doch noch so ausgegangen ist. Es hätte viel mehr passieren können.“

    Der Gefängnisleiter: „Das Verhalten des Häftlings war weder ein- noch abschätzbar. Trotzdem ist es unser tägliches Geschäft, mit solch schwierigen Situationen umzugehen und Maßnahmen dagegen zu entwickeln.“

    Wegen des Überfalls wird der sogenannte Zugangshäftling umgehend aus dem Jugendstrafvollzug herausgenommen und noch am selben Tag in die Vollzugspsychiatrische Abteilung der JVA Würzburg überstellt.

    Beeindruckend sei der Zusammenhalt der gesamten Belegschaft einschließlich der Mithilfe von Gefangenen bei der Bewältigung der Situation unmittelbar im Anschluss an den Angriff gewesen, aber auch in der Folgezeit, so Weigand.

    Hier habe sich vor allem das Kriseninterventionsteam der JVA Ebrach verdient gemacht, das sich bereits ab dem 16. August intern um die Beamtin gekümmert habe. Die Mitarbeiter der JVA leisten hier quasi „Erste Hilfe“ in psychischer Hinsicht, sind aber ebenso behilflich, wenn es etwa darum geht, zum Beispiel Therapeuten zu vermitteln.

    Nach relativ kurzer Zeit von nur wenigen Wochen habe die Beamtin ihren Dienst wieder angetreten. Gerhard Weigand: „Dies war ein unglaublich starkes Signal an alle Kolleginnen und Kollegen sowie die Inhaftierten.“ Zu beobachten sei gewesen, wie auffallend respektvoll die Gefangenen mit der Beamtin nach deren Dienstantritt umgegangen sind und welch großer Zuspruch aus dem Kollegenkreis erfolgte.

    Das sei eine wichtige, sehr positive Erfahrung für die gesamte Anstalt gewesen. Zugleich habe der Vorfall Anlass gegeben, Abläufe in der Abteilung mit den gerade erst neu eingelieferten Gefangenen umzustellen.

    Der Beschuldigte hat sich am ersten von drei angesetzten Verhandlungstagen übrigens bei seinem Opfer entschuldigt. Angaben zur Tat machte er aber keine. Das Geschehen wurde allerdings von der Überwachungskamera festgehalten, was dem Gericht die Beweisaufnahme durch die vorliegende Videoaufnahme erleichtert.

    Beim zweiten Verhandlungstag fehlte der Angeklagte krankheitsbedingt. So blieb es bei der Aussage eines damaligen Mitgefangenen und deren Einschätzung durch den Sachbearbeiter der Polizei.

    Der Prozess soll am Montag, 14. August, fortgesetzt und eventuell zum Abschluss kommen.

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