Die Pläne für die Erweiterung des Baugebiets Röthen Nord waren schon auf der Zielgeraden, auf die Bauleitplanung und die öffentliche Beteiligung sollte nun die Erschließungs-Planung folgen. Nun ist das Projekt in Nöten: Gleich zu Beginn einer Bürgeranhörung zum Streitthema Röthen Nord 2 gab Bürgermeisterin Lisa Krein bekannt, dass ein Antrag auf Bürgerentscheid eingegangen ist. Jetzt habe der Gemeinderat vier Wochen Zeit, über die Zulässigkeit zu entscheiden. "Der Zeitpunkt ist natürlich geschickt gewählt", sagte die Rathauschefin mit Blick auf den 31. Dezember. Bis dahin müsste der Satzungsbeschluss spätestens erfolgen.
In der Schulturnhalle schlugen die Emotionen immer wieder mal hoch, rund um die 13 geplanten Bauplätze, für die es 46 Interessenten gibt. Diese Bauwilligen würden sich auch anderswo umsehen, so Krein. Es gäbe konkreten Bedarf für 21 Schwanfelder Familien, entschieden werde nach Kriterien-Katalog. Der Vorwurf, dass das Areal von vorneherein zu klein dimensioniert sei, kam unter rund dreißig Besuchern öfters auf. Auch von Naturzerstörung und teilweiser schwieriger Hanglage war die Rede.
Grundstücke im oder am Altort würden trotz Bedarf nicht verkauft
"Wer so etwas plant, wer da zustimmt, hat für mich keine Ahnung von der Baustelle", monierte ein Gegner, der auf eine schwierige Zufahrtssituation und Alternativen näher am Ort verwies. Man sei mit dem Gemeinderat auf der Fläche gewesen, sagte die Bürgermeisterin. Sie verstehe, dass die Bürger das Thema bewege: "Es bewegt mich auch." Was vor ihrer Amtszeit gelaufen sei, entziehe sich aber ihrer Verantwortung. Die Entwurfsplanung habe es schon gegeben. Die könne man wieder ändern, hieß es im Saal. Verwiesen wurde auf Nachtigall, Fledermäuse und Eidechsen, die sich in dem Gebiet finden würden, ebenso wie hochwertige Vegetation. "Es gibt auch junge Familien", konterte Krein, die Umweltprüfung sei kompetent erfolgt.
"Wir überlegen ernsthaft, wegzuziehen", sagte eine Anwohnerin aus dem bestehenden Baugebiet. Die Siedlung an der Wipfelder Straße liege schon jetzt zu weit weg vom Dorf, wenn das Alter die Fußläufigkeit einschränken werde.
Es gibt auch Befürworter, vor allem unter jungen Bauwilligen. Die Natur leide in solchen Fällen immer, hieß es. Grundstücke im oder am Altort würden trotz Bedarf nicht verkauft. "Ein Hamster kann sich ein neues Heim suchen", formulierte es ein Interessent, der vor dem Wegzug der Jungen warnte. "Es wird sich in Zukunft zeigen, dass das keine gute Entscheidung sein wird", widersprach Skeptiker Wolfgang Lechner, man schaffe voreilig Fakten.
Krein: Preise müssen bezahlbar bleiben
Am Sportplatz und am Areal 55+ hätte es passendere Gemeinde-Grundstücke gegeben, meinte eine Kritikerin, Stichwort Innenentwicklung. Die Kommune habe derzeit einfach keine Flächen, die schnell zum Verkauf stünden, hieß es von Seiten der Rathauschefin. Sie führe Einzelgespräche mit Eigentümern, könne aber nicht alle Entscheidungen wieder rückgängig machen. Auch die Preise müssten bezahlbar bleiben. Ebenso wenig könne man auswärtige Grundstücksbesitzer "an den Pranger" stellen, wenn sie Boden nur als Wertanlage kaufen würden. Das hatte Wolfgang Lechner vorgeschlagen: mit Blick auf die Debatte um die "Straf-Grundsteuer C" oder das kommunale Baugebot von Tübingens Bürgermeister Boris Palmer.
Der Würzburger Planer Matthias Pröstler beantwortete einige technische Fragen zum Baugebiet. Unter anderem ist eine Druckerhöhung in den Wasserleitungen nötig, die auch den Bestandsflächen zugutekommen soll. Der vorhandene Feldweg soll nicht befestigt, sondern darin nur "Infrastruktur" verlegt werden, beschied er einer älteren Anwohnerin. Pröstler widersprach auch der Behauptung, dass eine Naturschutz-Fläche betroffen sei. Ob und wann im Röthen wirklich (weiter) gebaut wird, ist nun eine kommunalpolitische Entscheidung.