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ÜCHTELHAUSEN: Chaos im Ziehharmonika-Bus

ÜCHTELHAUSEN

Chaos im Ziehharmonika-Bus

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    Stehen statt sitzen: Seit für die Schüler der Gemeinde Üchtelhausen ein großer Ziehharmonikabus eingesetzt wird, hagelt es Klagen über Schwindelanfälle und Stürze.FOTOs: Ursula Lux
    Stehen statt sitzen: Seit für die Schüler der Gemeinde Üchtelhausen ein großer Ziehharmonikabus eingesetzt wird, hagelt es Klagen über Schwindelanfälle und Stürze.FOTOs: Ursula Lux

    Es ist ein Dilemma. Lösen könnte es nur der Gesetzgeber. Seit über einem Jahr werden die Kinder und Jugendlichen der Gemeinde Üchtelhausen, die in Schweinfurt in die Schule gehen, von einem Ziehharmonikabus abgeholt. Seitdem gibt es Klagen über chaotische Zustände. Und auch in den Bürgerversammlungen ist dies ein Dauerthema. Die Jugendlichen wünschen sich die alte Lösung wieder zurück.

    Bis zu den Osterferien 2012 fuhr ein Linienbus von Ebertshausen über Hesselbach nach Schweinfurt, der auch die Schüler beförderte. Anschließend brachte dieser Bus die Schüler von Üchtelhausen in die Stadt. Nach den Ferien setzte das Busunternehmen den wesentlich größeren Bus ein, der jetzt von Ebertshausen über Hesselbach kommend auch gleich die Üchtelhäuser Schüler mitnimmt. Diese Routenänderung geschah nicht zuletzt auf Anregung der Gemeinde, die den Schülern von Ebertshausen eine zu frühe Abfahrt ersparen wollte. Die Änderung im Terminplan hätte den Einsatz eines zweiten Busses erfordert, was für das Busunternehmen „einen großen finanziellen Mehraufwand“ bedeutet hätte, so Harry Metz gegenüber dieser Zeitung. Also entschloss sich der Unternehmer, stattdessen einen großen Ziehharmonikabus einzusetzen.

    Das Problem der Jugendlichen in Üchtelhausen ist nun, dass der Bus bereits sehr voll ist, wenn er ankommt. Und da das Fahrzeug ohnehin mehr Steh- als Sitzplätze zur Verfügung hat, müssen die meisten Schüler stehen. Und nicht nur das, sie fühlen sich „eingequetscht“, bekommen „keine Luft mehr“. „Die Kleineren haben Schwierigkeiten, an Haltestangen zu kommen. Es gehört zum Alltag, dass Kinder beim Bremsen oder in Kurven immer wieder auf andere fallen. Die Größeren haben Probleme mit den flexiblen Haltegurten. Ein Schüler verletzte sich deshalb bereits am Handgelenk und wurde nachgewiesenermaßen unfallchirurgisch versorgt“, schreiben die Eltern.

    Der Busunternehmer antwortet, „dass der Bus mit einem Aufwand von mehreren tausend Euro mit zusätzlichen Haltemöglichkeiten und Schlaufen ausgerüstet und einer zusätzlichen TÜV-Abnahme unterzogen wurde. Es sind ausreichend Festhaltemöglichkeiten vorhanden.“

    Jetzt haben sieben Kinder einen neuen Anlauf gestartet. Mit einem offenen Brief an Harry Metz. „Hallo Busfahrer, besetzt du mir einen Platz, wenn ich im September in die Montessori-Schule komme?“, fragt die sechsjährige Maja schon mal vorsichtshalber. Ina (14) fährt bereits seit fünf Jahren mit diesem Bus, aber worauf sie sich früher gefreut hat, das macht ihr jetzt „keine Freude mehr“. Der zwölfjährige Tim schreibt: „Immer wieder kommt es zu dummen Stürzen und man kann nicht mal helfen, weil es länger dauert, zum Gestürzten zu kommen, als dass er selbst wieder aufsteht.“

    Die 16-jährige Miriam erinnert sich mit Schrecken, dass sie in der „schwülwarmen Luft“ des nach Auskunft des Unternehmens voll klimatisierten Busses einmal ohnmächtig geworden ist und auch anderen Schülern oft schwindelig ist. Und Finn (11) wünscht sich einen „neuen Bus, der glücklich macht“. Er spielt dabei auf einen Artikel dieser Zeitung mit diesem Titel an. Auf Anregung einer Mutter hatte der Busunternehmer nämlich in Marktsteinach einen zusätzlichen Bus eingesetzt.

    Werner Holzapfel vom Landratsamt kennt die Problematik und kann beide Seiten verstehen. Einerseits sei Metz nun mal ein Unternehmen, das wirtschaftlich arbeiten muss, andererseits kennt er die Klagen der Eltern und Schüler. „Eine Situation, die sich für beide Seiten nicht befriedigend lösen lasst“, sagt Holzapfel. Jeder Bus ist für eine bestimmte Zahl an Sitz- und Stehplätzen zugelassen und solange diese Anzahl nicht übertroffen wird, habe die Ordnungsbehörde keinerlei Handhabe. Auch die Firma Metz weist in einem ihrer Schreiben auf diesen Umstand hin. Den Anspruch auf einen Sitzplatz gebe es nach geltendem Recht nicht. Die Kapazität des Busses sei mehrfach vom Aufgabenträger überprüft und nach aktuellem Stand mit einer durchschnittlichen Auslastung von 75 Prozent bewertet worden.

    Den Vorwurf der Eltern, dass kein spezieller Schülertransport, sondern eine Linienbusverbindung benutzt wird, entkräftet Holzapfel mit dem Verweis darauf, dass Fahrten in weiterführende Schulen im gesamten Kreis im Linienverkehr abgedeckt werden. Reine Schülerfahrten gebe es nur im innerschulischen Betrieb.

    Gemeinderat Ingo Göllner hat sich vor Ort selbst ein Bild gemacht: „Die Situation hat sich speziell für die Üchtelhäuser Schüler verschlechtert, da sie in der Vergangenheit sitzen konnten und jetzt stehen müssen.“ Er fordert, dass für die jüngeren Kinder ein Sitzplatz zur Verfügung stehen sollte, weiß aber auch, dass dies nur erreicht werden kann, wenn die Kinder der anderen Ortschaften wieder früher fahren und alle beteiligten Stellen dieser Änderung zustimmten.

    Ina kann sich das gut vorstellen. Sie schreibt in ihrem Brief an Metz: „Selbst den Kindern aus Ebertshausen ist die neue Situation unangenehm, weil sie daran schuld sind.“ Ein Schüler habe ihr sogar gesagt, dass es besser war, eher in der Schule zu sein und so noch etwas vorbereiten zu können.

    Wenn das wirklich so ist, meint Busunternehmer Harry Metz, sei es kein Problem, den alten Zustand wiederherzustellen. Im Gespräch mit dieser Zeitung bietet er an, wieder erst die Kinder von Ebertshausen und Hesselbach zu holen und dann die Üchtelhäuser. Allerdings würden dann auch wieder die früheren Abfahrtzeiten gelten.

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