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SCHWEINFURT: Chemiefabrik Darm & Co.

SCHWEINFURT

Chemiefabrik Darm & Co.

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    Wenn's am Bauch drückt: Wertvolle Informationen gab es beim Arzt-Patienten-Seminar des Leopoldina-Krankenhauses.
    Wenn's am Bauch drückt: Wertvolle Informationen gab es beim Arzt-Patienten-Seminar des Leopoldina-Krankenhauses. Foto: Foto: Thinkstock

    30 Tonnen Nahrung und 50 000 Liter Flüssigkeit werden in einem Menschenleben durch den Körper geschleust. Die Hauptarbeit bei der Verdauung leistet die Chemiefabrik Darm & Co.: Sie wandelt die Nährstoffe in Energie um und zerstört gefährliche Gifte und Infektionserreger.

    Zu diesem genialen, hoch komplexen System Verdauung und seinen Beschwerden sprach Prof. Dr. Stephan Kanzler, Chefarzt der Medizinischen Klinik II des Leopoldina-Krankenhauses. Schluckstörungen, Sodbrennen, Leibschmerzen, Blähungen, Verstopfung, Durchfälle, Inkontinenz – die Beschwerden bieten ein buntes Bild mit vielen Ursachen, so beginnt Kanzler. Und er beantwortet im voraus die oft gestellte Frage zum „normalen“ Stuhlgang: Zwischen drei Entleerungen pro Woche und drei Entleerungen am Tag ist alles normal.

    Am Verdauungssystem beteiligt sind Mund, Speiseröhre, Magen, Zwölffingerdarm, Dünndarm, Dickdarm, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Leber. Pro Tag werden etwa sieben Liter Verdauungssekrete produziert, aber auch wieder absorbiert: Denn von dieser Flüssigkeitsmenge verlassen – zusammen mit den zwei Litern aus der Nahrung – nur etwa 100 ml Wasser mit dem Stuhl den Körper.

    Zuerst sorgfältige Diagnostik

    „Natürlich drückt und zwickt es einmal“, sagt der Chefarzt. Aber alle länger als drei Wochen anhaltenden Beschwerden im Bauchraum bedürfen einer sorgfältigen Diagnostik: Vorgeschichte, körperliche Untersuchung, Labordiagnostik, Sonografie, Endoskopie und Funktionsdiagnostik. Finden sich dabei keine sichtbaren Veränderungen der Verdauungsorgane, dauern die Beschwerden länger als drei Monate oder treten sie immer wieder auf, spricht man von sogenannten funktionellen Magen-Darm-Beschwerden (15 bis 40 Prozent der Bevölkerung leiden daran).

    Beim Reizmagen klagen die Patienten über Oberbauchschmerzen, frühes Sättigungsgefühl, Druck- und Völlegefühl, Sodbrennen, nicht-saures Aufstoßen, Übelkeit, Erbrechen. Therapeutische Möglichkeiten bieten Medikamente zur Säureunterdrückung (Antazida, Protonenpumpen-Hemmer), Medikamente zur Erhöhung der Muskeltätigkeit des Darms, trizyklische Antidepressiva und als pflanzliches Produkt Carminativum.

    Das Reizdarm-Syndrom wird mit einer Häufigkeit von 6 bis 25 Prozent der Bevölkerung angegeben, es betrifft doppelt so viel Frauen wie Männer. „Da es einen erheblichen negativen Einfluss auf die Lebensqualität hat, bedarf es gerade hier eines ausführlichen Gesprächs mit dem Patienten“, betont Kanzler. Stuhlregulation bei Verstopfung, Lopedium bei Durchfällen, viel Ballaststoffe und wieder das beruhigende Carminativum sind weitere Möglichkeiten. (Soweit die sogenannten funktionellen Beschwerden).

    Kapsel-Endoskopie

    Die eigentliche Verdauung findet im Dünndarm statt – er ist mit seiner speziellen Zotten- und Mikrozotten-Oberflächenstruktur von 200 Quadratmetern ein Wunderwerk. Man unterscheidet Störungen der Aufspaltung der Nahrungsbestandteile zur Aufnahme (Maldigestion) und Störungen der Aufnahme selbst (Malabsorption). Beispiele für eine Maldigestion sind die Laktose- und Fruktose-Intoleranz und die bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms. Sie können mit einem Atemtest diagnostiziert werden.

    In der modernen Endoskopie-Abteilung der Medizinischen Klinik II inklusive Doppel-Ballon-Enteroskop und Kapsel-Endoskopie (eine frei schwimmende winzige Digitalkamera wird zur Inspektionsreise durch den Verdauungstrakt geschickt, dabei liefert sie 50 000 Bilder) kann der gesamte Dünndarm gespiegelt werden.

    Die Leber als zentrales Stoffwechsel-Organ sorgt vor allem für die nahrungsabhängige Speicherung, Umwandlung und Freisetzung von Zuckern und Fetten, für den Abbau und die Ausscheidung körpereigener und medikamentöser Giftstoffe, für die Bildung der meisten Bluteiweiße und der Gallenflüssigkeit.

    Die Bauchspeicheldrüse hat eine zweifache Funktion: Die von ihr gebildeten Verdauungsenzyme spalten Eiweiße, Kohlehydrate und Fette der Nahrung auf eine vom Darm aufnehmbare Größe. Außerdem bildet sie Hormone, unter anderem das Insulin zur Regulierung des Blutzuckerspiegels. Auch hier nennt Kanzler die häufigsten Erkrankungen, die einer individuellen Diagnostik und Therapie bedürfen.

    Am Schluss der Dickdarm. Hier verweist der Referent auf die Verweilzeit des Nahrungsbreies im Verdauungstrakt: Speiseröhre zehn Sekunden, Magen eine Stunde, Dünndarm drei Stunden, Dickdarm aber 30 Stunden. Dies sei oft ein Grund für chronische Verstopfung, aber auch leider Nährboden für eine Darmkrebs-Erkrankung. Kanzler empfiehlt dringend, die Chance einer Vorsorgeuntersuchung durch eine Darmspiegelung häufiger zu nutzen.

    Jedes Jahr erkranken in Deutschland mehr als 70 000 Menschen neu an Darmkrebs. „Diese Zahl ließe sich durch Früherkennung drastisch verringern“.

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