Die großen politischen Themen, die derzeit Deutschland und die Welt dominieren, haben auch den Frühjahrsempfang des CSU-Kreisverbands Schweinfurt-Land am Sonntagnachmittag in Gerolzhofen beherrscht. Der Krieg in der Ukraine, die allgemeinen Preissteigerungen, vor allem im Bereich der Energieversorgung, sowie die daraus resultierende Forderung nach finanziellen Entlastungen der Menschen in diesem Staat zählten dazu.
Doch die große Politik wirkte sich auch auf anderer Ebene auf die Veranstaltung im Pfarrer-Hersam-Haus aus: Der angekündigte Ehrengast, Alexander Dobrindt, hatte kurzfristig seine Teilnahme absagen müssen. Als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag hatte er am Sonntag in Berlin die Verhandlungen zwischen der Ampel-Koalition und der Opposition über das 100 Milliarden Euro umfassende sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr zu begleiten, über das sich die Parteien dann letztlich auch einigten.
Seit 20 Jahren Mitglied im Bundestag
Doch Dobrindt hat Anja Weisgerber als Vorsitzende des CSU-Kreisverbands nicht im Regen stehen lassen und mit Stefan Müller, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, einen zwar weniger bekannten, doch nicht minder qualifizierten Ersatzmann – an dessen Hochzeitstag –nach Gerolzhofen geschickt. Der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Erlangen/Erlangen-Höchstadt sitzt seit 20 Jahren im Bundestag und ist damit fast genauso lange an hoher Stelle politisch tätig wie Weisgerber, die vor 18 Jahren ins Europaparlament gewählt wurde und seit dem Jahr 2013 für die CSU den Wahlkreis Schweinfurt im Bundestag vertritt. Beide kennen sich zudem seit ihrer gemeinsamen Zeit in der Jungen Union.
Zwangsläufig lag der Schwerpunkt während des Vier-Augen-Talks der beiden im Saal des Pfarrer-Hersam-Hauses auf der in Berlin geführten Politik. Müller gab den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Einblick in das neue Rollenverständnis der CSU als Teil der oppositionellen Union. Die CSU, so schilderte es der politische Gast, schaue der Bundesregierung genau auf die Finger und vertrete über eingebrachte Anträge und Verbesserungsvorschläge eigene Standpunkte. Zudem sparte Müller nicht an deutlicher Kritik an der Ampel, die als Regierungskoalition "keine oder die falschen Entscheidungen" treffe.
Müller: Lieferung von Waffen aller Art in die Ukraine
Ein aktuelles Beispiel sei die Frage, wie der durch Russland angegriffenen Ukraine am besten zu helfen sei. Müller sprach sich klar für die Lieferung von Waffen aller Art aus, denn für Waldimir Putin sei Deutschland ohnehin bereits Kriegspartei und ein Gegner, "egal, welche Waffen wir liefern".
Müller unterstützte auch Weisgerbers Einwand, Heizen und Mobilität dürften angesichts der stark gestiegenen Energiepreise in unserem Land nicht "Luxus" werden, den sich nur noch Reiche leisten könnten. Laut Müller müsse der Staat ("der größte Krisengewinnler") den Menschen das durch die Kostensteigerung eingenommene Geld zurückgeben. Das von der Regierung auf den Weg gebrachte Entlastungspaket sei allerdings nicht zielgenau.
Den Grünen warf der CSU-Politiker vor, "scheinheilig und heuchlerisch" zu sein, weil diese die Möglichkeit, Kernkraftwerke ein paar Jahre länger laufen zu lassen, um der drohenden Energieknappheit vorzubeugen, ablehnten. Mit Weisgerber war er sich einig, dass der Staat dafür sorgen müsse, dass Genehmigungen für den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden. Um den Rundumschlag zu komplettieren, durfte ein weiterer Vorwurf nicht fehlen: der der unsoliden Finanzpolitik, die die Bundesregierung betreibe. Auf den vorhandenen Schuldenberg dürften nicht ständig weitere Schulden "draufgepackt" werden. "So können wir nicht weitermachen", warb Müller für die CSU als Hüterin geordneter Staatsfinanzen.
Weisgerber: CSU muss ursprüngliche Werte hochhalten
Mit Blick auf die künftige Ausrichtung der eigenen Partei mahnte Weisgerber, die Co-Vorsitzende der Kommission ist, die ein neues Grundsatzprogramm der CSU erarbeitet: Die Christsozialen müssten sich wieder stärker auf ursprüngliche Werte, etwa soziale und christliche Themen, besinnen. Die CSU sei die einzige Partei, die die Vielzahl unterschiedlicher Felder und Ansprüche – von Wirtschaft bis Sozialpolitik und Umweltschutz – gut zusammenführe.

Während ein Teil der Anwesenden im Saal im Hintergrund, doch unüberhörbar, bereits mit dem eigentlich für später angesetzten lockeren Plausch begonnen hatten, folgte eine zweite Talk-Runde zwischen Weisgerber und den CSU-Bezirkstagsmitgliedern Gerlinde Martin (Obervolkach) und Stefan Funk (Schweinfurt). Beide Delegierten gaben einen Einblick in die Aufgaben des Bezirkstags, die vor allem in der Übernahme von Aufgaben in der Sozialhilfe liegen.