Die auf der Straße stehenden Container gaben den Hinweis: Das allenthalben unter dem Namen „Armenhaus“ bekannt städtische Anwesen in der Steingrabenstraße 22 ist verkauft. Das bestätigt die Stadt auf Anfrage dieser Zeitung. Ein Armenhaus wird das Gebäude somit nicht bleiben. In dem seit Jahren sehr heruntergekommenen Haus soll nämlich moderner Wohnraum entstehen, ist zu erfahren.
Schon seit längerem hat die Stadt versucht, die Immobilie loszuwerden. Alle vorherigen Interessenten waren bislang aber „am Endes des Tages“ stets wieder abgesprungen. Jetzt hat es also mit einem Investor geklappt. Zur großen Freude und Erleichterung von Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak.
Derzeit wird kräftig entrümpelt
Der Notariatsvertrag ist bereits länger unterschrieben und der Kaufpreis auch überwiesen. Ein Rücktritt wäre nur noch innerhalb der nächsten Wochen möglich, wenn die Stadt ihre Verpflichtungen nicht einhalten würde. Die sehen unter anderem vor, dass das Gebäude bis zum 1. Dezember zum einen frei von Mietern als auch „besenrein“ übergeben werden muss. Dazu wurde der Auftrag in Sachen Entrümpelung an die „APLAWIA'' (Andere PLAnen WIr Arbeiten“) vergeben. Die gemeinnützige Organisation mit Sitz in Kitzingen gibt ehemals arbeitslosen Menschen neue berufliche Perspektiven.
Seit Oktober keine Mieter mehr im Haus
In bestimmten Fällen, etwa wenn es um den „Feinschliff“ geht, wird der städtische Bauhof beim Ausräumen mit eingreifen. Der letzte Mieter in dem Gebäude war bereits Mitte Oktober von der Stadt in eine andere Wohnung im Stadtgebiet umquartiert worden.
Der Kaufpreis für das Anwesen Steingrabenstraße 22, das aktuell 760 Quadratmeter Wohnfläche in 22 kleinen Wohnungen vorweist, bewegt sich im Bereich des von einem Gutachter ermittelten Schätzwertes, ist weiter dazu aus dem Rathaus zu hören.
Bürgermeister zeigt sich zufrieden
Bürgermeister Thorsten Wozniak betont: „Ich persönlich bin froh, dass es gelungen ist, das Gebäude zu veräußern und dass es noch dazu Gerolzhöfer gekauft haben.“ Zufrieden sei er zudem auch deshalb, weil wieder Wohnungen in der Innenstadt geschaffen werden und die Immobilie somit künftig wieder stärker genutzt wird.
Das weitläufige Haus war dereinst im Jahr 1859 für die Unterbringung sozial schwacher Mitbürger von der Stadt errichtet worden. Beim Bau legte man damals wenig Wert auf Qualität und Komfort. Der Zahn der Zeit tat sein Übriges, so dass das Haus einen hohen Sanierungsbedarf aufweist. Zudem stehen große Teile des „Armenhauses“ unter Denkmalschutz.
Notquartiere als Ersatz angemietet
Die Stadt als bisherige Eigentümerin sah sich finanziell nicht in der Lage, das Haus selbst zu sanieren, und hatte deshalb schon vor geraumer Zeit neue Notquartiere in der Dingolshäuser Straße angemietet und ihre Fühler nach einem Käufer und Investor ausgestreckt.
Die Geo-net-Fraktion war 2016 im Stadtrat mit ihrem Antrag gescheitert, das „Armenhaus“ mit Mitteln aus dem Bund-Länder-Förderprogramm „Soziale Stadt“ zu sanieren, um dort preiswerten Wohnraum für sozial Schwache und anerkannte Flüchtlinge zu schaffen. Hierzu hätte ein Architekturbüro 2017 mit der Vorplanung und Kostenschätzung beauftragt werden sollen.
Sanierung scheiterte am Geld
Der Antrag fand, wie erwähnt, keine Mehrheit. CSU-Fraktionschef Arnulf Koch drückte die mehrheitliche Stimmung damals wie folgt aus: „Ich denke, wir können uns das im Moment nicht leisten. Alles andere bedeutet neue Verschuldung.“ Bürgermeister Wozniak hatte die Sorge geäußert, dass bei aller Förderung eine hohe sechs- bis siebenstellige Summe übrig bleiben würde, die die Stadt im Moment schlichtweg nicht aufbringen könne.