Einem heftigen Streit um Geld und Einfluss, genauer um Zehntrechte, verdankt Mühlhausen an der Wern seine erste schriftliche Erwähnung in einer Urkunde vor 1200 Jahren. Tatsächlich dürfte der Ort aber fast 4000 Jahre älter sein, wie Scherbenfunde nahelegen. An die reiche Geschichte dieses „Mulinhuus“ erinnert eine neu geschriebene, umfangreiche Dorfchronik, die – rechtzeitig zum großen Jubiläumsfest vom 13. bis 17. Mai – der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Stattliche 463 Seiten dick und genau 2201 Gramm schwer ist das Buch. Nicht nur äußerlich ein „Prachtexemplar“, wie die Schirmherrin der 1200-Jahrfeier Mühlhausens, Wernecks Bürgermeisterin Edeltraud Baumgartl, bei der Chronik-Vorstellung im vollbesetzten Sportheim lobte. Ein Gemeinschaftswerk von 15 Autoren, wobei die Hauptarbeit bei Klaus Göbel, Oskar Eschenbacher und Ludwig Schmitt lag, unterstrich Heinrich König, der für die Vereinsgemeinschaft Mühlhausen den Chronik-Abend im vollbesetzten Sportheim eröffnete.
Wirklich stattlich kam die Auflistung der 65 Chronik-Kapitel daher, die Klaus Göbel den Besuchern vorführte. Dass die Technik dabei ein Eigenleben führte und manche historischen Fotos nicht zu sehen waren, überspielte Göbel mit einer Fülle an Informationen.
Ihm war es wichtig, auf die vielen Quellen hinzuweisen, die das Autorenteam in zahlreichen Archiven benutzt hatte, von Protokollbüchern über Rechnungen und Urkunden bis zu Tagebüchern. Wissenschaftlichen Anspruch erhebt daher die Chronik, zumal alle Quellen in Fußnoten nachvollziehbar erläutert werden.
Dank der Bereitschaft der Mühlhäuser, neben mündlichen Informationen auch Fotos für die Chronik bereitzustellen – 440 sind abgedruckt – gelang eine anschauliche Illustration des Buches. Dieses lädt, wie auch Baumgartl anmerkte, zum Schmökern ein und lässt „unsere Heimat noch besser greifbar werden und das Wesen des Ortes verstehen“.
Etwa Mitte 2013 hatten die drei Hauptakteure mit der Arbeit begonnen. Allerdings konnten sie auf etliche historische Veröffentlichungen, meist im Jahrbuch des Arnsteiner Heimatkundevereins aus den vergangenen 25 Jahren, zurückgreifen, erläuterte Klaus Göbel. Ansonsten wäre das umfassende Werk in der kurzen Zeit bis zur 1200-Jahrfeier nicht zu bewältigen gewesen.
Der Chronik-Untertitel „1200 Jahre Dorf der Mühlen“ verweist auf die Rolle der vier Mühlen in der Dorfgeschichte: Wolfsmühle, Vallesmühle, Kleine Mühle und Wehnersmühle liegen auf der Gemarkung, die Grundmühle oder Eßlebener Mühle grenzt direkt daran an. Statt Getreide zu mahlen wird in zwei Mühlen heute Strom erzeugt, in der Vallesmühle und der Wolfsmühle.
Die Geschichte der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 815 liest sich ebenso spannend: Damals war „Mulinhuus“ zum Benediktinerkloster Holzkirchen zehntpflichtig, das wiederum ein Tochterkloster der Reichsabtei Fulda war. Dem Würzburger Bischof Wolfger war es aber ein Dorn im Auge, dass Holzkirchen in seinem Einflussgebiet die Abgaben nach Fulda abführte. Der dortige Abt Radgar war nicht weniger energisch und verteidigte seine Rechte an Einnahmen. Letztendlich einigte man sich auf einen Kompromiss, der am 27. März 815 beurkundet wurde. Der Zehnt von „Mulinhuus“ wurde darin Holzkirchen zugesprochen.
Alle Chronik-Kapitel enthalten auch Besonderheiten und verdeutlichen alte Zeiten. Etwa bei „Gerichtszugehörigkeit“ der Fall einer Kindsmörderin, die 1726 auf dem Eichelberg mit dem Schwert enthauptet wurde. Oder auch das Beispiel des jungen Vaters Peter Hofmann aus der Vallesmühle, dessen Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg an seine Frau das Leid des Krieges widerspiegeln.
Vor allem ist das Buch ein hervorragendes Dokument aller Mühlhäuser Familien und Bauernhöfe, die über die Jahrhunderte begleitet werden. Wie natürlich das ganze dörfliche Leben mit seinen Besonderheiten vom Flurer über die Gemeindehebamme bis zum Gänsehirten beleuchtet wird.
Auch die Geschichte der Werntalbahn und des Bahnhofs, der 1879 gebaut wurde, ist etwas Besonderes. Am großen Jubiläumsfest vom 13. bis 17. Mai soll sie wieder spürbar werden.
Erhältlich ist die Chronik „Mühlhausen an der Wern“ für 33 Euro bei Edeka Gerber-Wiesner in Mühlhausen und bei Sport-König in Werneck.