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SCHWEBHEIM: Das Konzentrationslager überlebt

SCHWEBHEIM

Das Konzentrationslager überlebt

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    Der österreichische Psychoanalytiker Viktor Frankl galt als Erfinder der Logotherapie, die er auf Basis der Psychoanalyse Sigmund Freuds entwickelte.
    Der österreichische Psychoanalytiker Viktor Frankl galt als Erfinder der Logotherapie, die er auf Basis der Psychoanalyse Sigmund Freuds entwickelte. Foto: Foto: dpa

    „Und was auch unser Schicksal sei, wir wollen trotzdem Ja zum Leben sagen.“ Diese Zeile stammt aus dem Buchenwaldlied, das als Marschlied zum Ein- und Auszug der Arbeitskolonnen im Konzentrationslager gesungen wurde und zynischer nicht hätte sein können. Der KZ-Häftling Viktor E. Frankl wählte die Zeilen als Titel für sein kleines Büchlein „Trotzdem Ja zum Leben sagen“, in dem er sich mit seinem Erleben in den Konzentrationslagern auseinandersetzte. Und nicht nur das, die Aussage wurde zum Kern der Philosophie des bedeutenden Wiener Neurologen und Psychiaters, der, nachdem er vier KZ überlebte, die Logotherapie und Existenzanalyse begründete.

    Der Ortsgeschichtliche Arbeitskreis setzte dem österreichischen Arzt mit einem bewegenden Abend in der evangelischen Auferstehungskirche ein kleines Denkmal. Die beiden Rundfunksprecher Yvonne Freifrau von Bibra und Heinz Peter lasen aus dem weltweiten Bestseller „Trotzdem Ja zum Leben sagen“. Die Musikerinnen Eva Ruthild Schneider an Orgel und Cembalo und Mechtild Kohler-Röckl mit der Querflöte fingen die Stimmungen des Gelesenen auf und übersetzten sie in Musik.

    Zunächst stellte Peter Frankl (1905 bis 1997) vor. Schon mit 16 Jahren hatte dieser seine erste Arbeit für Sigmund Freud geschrieben. Wenig später wandte er sich der Individualpsychologie Alfred Adlers zu, um letztlich zum Begründer der dritten Wiener Schule der Psychotherapie, der „Logotherapie und Existenzanalyse“ zu werden.

    Bereits mit 28 Jahren leitete er als Oberarzt im Psychiatrischen Krankenhaus in Wien den „Selbstmörderinnenpavillon“, und betreute jährlich bis zu 3000 suizidgefährdete Frauen. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 konnte der Jude Frankl nur noch eingeschränkt arbeiten. Ein bereits ausgestelltes Amerika-Visum ließ er verfallen, um seine Eltern vor einer drohenden Deportation zu schützen.

    1941 wurde er mit seiner ganzen Familie abtransportiert. In Theresienstadt verliert sich die Spur seiner Eltern und seines Bruders. Frankl kommt nach Auschwitz, Kaufering und Türkheim. Auch seine Frau sieht er nie wieder. Trotzdem setzt er sich bereits kurz nach seiner Befreiung aus dem KZ für Versöhnung ein.

    „Man kann dem Menschen alles nehmen, nur nicht die menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen“, erfährt Frankl. „Und es gab ein so oder so“, betont er in seinem Büchlein.

    Was das Lager scheinbar aus dem Menschen macht, erweise sich als Ergebnis einer inneren Entscheidung, stellt er fest. Es habe einerseits den typischen KZler gegeben und andererseits auch immer die, die Menschen blieben und ihre Menschenwürde bewahrten, unter den Insassen ebenso wie unter den Wächtern. Selbst im Konzentrationslager gab es so etwas wie Natur- und Kunsterleben, berichtet er, und noch erstaunlichen Humor. „Auch der Humor ist eine Waffe der Seele im Kampf um ihre Selbsterhaltung. Später sollt dieser eine wesentliche Rolle im Heilungsansatz der Logotherapie spielen.

    Eine weitere Methode Frankls, das Grauen zu überleben: Er denkt sich weg davon. Statt sich auf die täglichen Gräuel zu konzentrieren, stellt er sich vor, wie er mit seiner Frau zusammen ist oder am Rednerpult steht und einen medizinischen Vortrag hält. Die Logotherapie, die Sinnheilung wird Frankls wissenschaftlicher Verdienst. Leben muss einen Sinn haben, der Mensch muss seinem Leben einen Sinn geben beziehungsweise den Sinn in seinem Leben finden.

    Aber „wenn Leben überhaupt einen Sinn hat, dann muss auch Leiden einen Sinn haben“, so Frankls Quintenessenz einer schrecklichen Zeit.

    Was Frankl aus dem KZ und der aufmerksame Zuhörer aus dem Abend mitgenommen haben: „Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“

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