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ÜCHTELHAUSEN: Den Senioren ein Stück Heimat geben

ÜCHTELHAUSEN

Den Senioren ein Stück Heimat geben

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    Wie zuhause: Kartoffelschälen ist die Spezialität von Luise Paris. Im Haus Parasol wird auch gemeinsam gekocht.
    Wie zuhause: Kartoffelschälen ist die Spezialität von Luise Paris. Im Haus Parasol wird auch gemeinsam gekocht. Foto: Fotos (3): Ursula Lux

    „Ein Viertele Weißen, ein Viertele Roten, das hat der Petrus bestimmt nicht verboten.“ Maria Schmitt singt und erzählt aus ihrem Leben. Ihr gegenüber sitzt Heinrich Roos. Er redet nicht viel, aber singen, das kann er auch. Vor allem wenn die CD mit Volksmusik läuft. Die beiden sitzen mit Luise Paris und Rosemarie Büttner am Tisch und erzählen. Und sie lachen viel.

    Wiltrud Sauer betreibt die einzige private Tagespflege für Senioren im Landkreis. Ein Stück Heimat statt einem Heim will sie den Alten geben und wirbt für ihre Einrichtung mit „Pflege im familiären Stil“. Im Haus in der Gartenstraße geht es tatsächlich zu wie in einer Familie. Nach dem gemeinsamen Frühstück haben sich die Senioren heute fürs Ausruhen und Musikhören entschieden. „Manchmal wird dabei auch getanzt oder wir gehen miteinander spazieren“, erzählt Sauer. Einen starren Plan gibt es bei ihr nicht. Sie richtet sich nach den Bedürfnissen ihrer Gäste, wie sie die Senioren liebevoll nennt. Mobilitäts- und Gedächtnistraining, Erinnerungsarbeit, all das verpackt sie in alltägliche Unternehmungen und Unterhaltungen.

    Die Krankheiten vergessen

    Wiltrud Sauer ist gelernte Altenpflegerin, war in verschiedenen Heimen tätig und arbeitete zuletzt als Stationsleiterin einer Sozialstation. Irgendwann reifte in ihr der Wunsch, dass „Menschen so betreut werden, dass sie ihre Krankheiten vergessen“. Das ließ sich im Heimalltag jedoch nur schwer umsetzen und so machte sie sich selbstständig.

    Das Erdgeschoss des Familienhauses wurde komplett umgebaut. Barrierefrei musste es werden, die Räume hell, übersichtlich und funktionell. Ein Teil des Gartens musste vier Autostellplätzen weichen, im anderen Teil entstand eine große Terrasse mit Blumengarten. Die Einrichtung ist „milieugerecht“ im Stil der 1950er und 1960er Jahre, die Toiletten behindertengerecht. Und als wäre der Umbau noch nicht genug, kämpfte sich Sauer durch einen wahren Bürokratie-Dschungel. „Noch 'nen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars, zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars“ – dieses Lied von Reinhard Mey war ihr ständiger Begleiter, sagt sie. Doch die Altenpflegerin ist froh: „Ich habe noch Glück gehabt. Einer Kollegin von mir in Bad Neustadt wurde die Genehmigung verweigert.“

    In Norddeutschland seien solche privaten Tagespflegen viel verbreiteter, sagt Sauer. Dort gebe es oft Vereine zur Unterstützung solcher Einrichtungen. Sie habe sich das angeschaut, bevor sie im März 2008 ihr „Haus Parasol“ eröffnete.

    Seitdem pflegt und betreut sie bis zu zehn Senioren mit der Pflegestufe eins und zwei. Dabei ist es ihr wichtig, die Demenzkranken nicht auszuschließen, sondern sie zu integrieren. Jeder wird mit seinen Wehwehchen in die Gruppe eingeführt und angenommen. Wertschätzung steht für die Leiterin des Hauses an oberster Stelle. Deshalb, glaubt sie, habe es auch noch nie wirklich Streit gegeben. Ihre „Gäste“ sind hier zuhause und fühlen sich wohl.

    Familienhund als Therapie

    Luise Paris kommt seit der Eröffnung dreimal in der Woche. „Ich könnte es nicht besser haben“, sagt sie. Wenn ihre Tochter sie früh aus dem Bett holen will, erzählt die Seniorin, will sie oft nicht aufstehen. Wenn es aber heißt, es gehe nach Üchtelhausen, „sollten sie mal sehen, wie schnell ich aus dem Bett bin.“ Paris hat im Haus Parasol einen besonderen Freund gefunden: Beagle Snoopy, mit dem sie gerne spielt und schmust. Der Familienhund sei die reinste Therapie, sagt Sauer, und Luise Paris lacht: „Der ist ein richtiger Schlawiner.“

    Sauer hat nichts gegen Heime, kennt aber auch die Vorteile ihrer Einrichtung. Die Pflegebedürftigen müssen sich nicht ständig auf neue Bezugspersonen einstellen, vieles, wofür es im Heim feste Zeiten gibt, passiere bei ihr im normalen Alltag: „Wir lesen Zeitung, gehen spazieren und kochen gemeinsam.“ Luise Paris ist ihre Spezialistin fürs Kartoffelschälen. Mittags wird oft „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt. Aber geschummelt wird nicht, betonen die Senioren.

    Für die Angehörigen ist diese Tagespflege ein Segen. So werden sie ab und zu einmal entlastet, können beruhigt zur Arbeit gehen oder einfach mal ausspannen. Wichtig ist für Sauer auch der Kontakt zu den Angehörigen. „Wenn die Senioren gebracht werden, erfahre ich, was zuhause war. Und viele bleiben beim Abholen noch ein bisschen sitzen und wir tauschen uns aus“, sagt sie.

    Pflege täglich von 8 bis 16 Uhr

    Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr werden die Senioren hier betreut und gepflegt. Die Tagessätze übernimmt, je nach Einstufung, die Pflegekasse. So bleibt für die Angehörigen nur der Eigenanteil für Unterkunft und Verpflegung. Eine Tagespflege bietet teilweise auch das Wohnstift Steigerwald in Gerolzhofen und das Seniorenheim im Barockschloss Birnfeld. Auch die „Gemüsestube“ in Sennfeld betreut manchmal Senioren stundenweise am Nachmittag. Doch hier liegt der Schwerpunkt auf der Arbeit mit pflegenden Angehörigen.

    Im Haus Parasol haben die Bewohner inzwischen ganz andere Probleme. Gibt es heute Eintopf oder Fisch? Sauer betont das „oder“, denn sie weiß, Wahlmöglichkeiten sind für ihre Gäste nicht leicht zu unterschieden. Die aber einigen sich schnell auf Eintopf. Überhaupt sind sich die vier im Großen und Ganzen einig. Nur eines macht Maria Schmitt Sorgen: „Wenn Neue kommen, hoffentlich passen die dann zu uns.“ Die Leiterin beruhigt. Bisher habe immer alles gepasst. Nur eine Frau sei nicht gern gekommen, erinnert sie sich. Doch das lag nicht am Haus, sie hat sich über den Üchtelhäuser Berg geärgert, sagt Sauer. „Und den kann ich leider nicht abtragen.“

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