schweinfurt (mx) Nichts schadet dem Reise-Geschäft mehr als Kriegsgefahr und Terror-Attacken. Die Schweinfurter Reisebüros spüren den drohenden Irak-Krieg bereits jetzt, wenn auch unterschiedlich stark. Die Enthaltsamkeit der Kundschaft nimmt vor allem bei den Reisen ins östliche Mittelmeer zu.
"Diese Panikmache mit dem Irak-Krieg, die schadet uns", wettert Özay Erdogan von "Sunshine Travel" am Oberen Marienbach vor allem gegen die Medien. Seit drei Wochen ist es in seinem Reisebüro still geworden. Er glaubt die Ursache zu kennen: Die Leute meiden fast geschlossen Touristik-Hochburgen wie die Türkei, Ägypten und Tunesien.
Zur Kriegsstimmung am Golf und Terrorangst kommt der schmale Geldbeutel, der die Tourismusbranche leiden lässt. Erdogan glaubt, dass "es gar keinen Grund für die Angst gibt. Selbst der dem Irak am nächsten gelegene Urlaubsort in der Türkei liegt noch 160 Kilometer von der Grenze entfernt."
Auch Claudia Graser-Göb, Inhaberin des Reisebüros "Holiday-Land" (Lange Zehntstraße), schiebt den Medien den Schwarzen Peter zu. "Das Auswärtige Amt gibt jeden Tag Warnungen aus, in welche Länder Deutsche nicht reisen sollten. Türkei, Ägypten und Tunesien stehen nicht auf der Liste." Offiziell werde vor diesen Urlaubszielen bisher nicht gewarnt, folglich sei ein Urlaub dort auch nicht gefährlich. Sie glaubt, dass eher in Berlin oder London eine Bombe explodieren könnte, als in den genannten Tourismus-Zentren.
"Das letzte Jahr war nicht so toll wegen des Anschlags am 11. September 2001", sagt Graser-Göb, doch habe ihr Büro den Level halten können. Beim SW-Reisecenter stellt Uwe Rhoden fest, dass das Geschäft "zurückgeht", die Leute zögerten mit Buchungen.
Bei anderen Reisebüros sieht es nicht anders aus. Viele Urlaubswillige suchten Alternativen, heißt es quer durch die Branche. Bulgarien wird als Aufsteiger der Saison genannt, auch weil es dort billig ist.
Im Falle eines Irak-Krieges wird Spanien in der Reisebranche als der Gewinner genannt. Bernd Göbel vom gleichnamigen Reisebüro vertritt beispielsweise diese Meinung. Fast alle Reisebüros bestätigen, dass viele Kunden auf Frühbucher-Rabatte pfeifen, auf Last-Minute-Schnäppchen spekulieren, also abwarten.
Das könnte ein schwerer Fehler sein, meint Dieter Geis vom First-Reisebüro in der Rückertstraße: "Wenn die Buchungen zurückgehen, verkleinern die Fluggesellschaften ihre Maschinenzahl und die Hotels ihre Kontingente." Einige Urlaubswillige könnten am Ende mit leeren Händen dastehen. Der Kunde könne sich nicht darauf verlassen, dass es heuer so geht wie in den letzten Jahren und er auch dieses Mal etwas bekommt, sagt Anja Mantel, Beraterin vom Reisebüro im Marktkauf.
Der neue Trend heißt unterdessen: weg vom Flugzeug, hin zu Kreuzfahrten. Immer mehr Jüngere buchten heute Reiseformen, für die sich früher fast nur die Älteren interessierten. Beim Club-Schiff Aida sei das Durchschnittsalter von 70 auf 40 Jahre geschrumpft. Auch nach Wellness- und Wochenend-Trips würde zunehmend gefragt, sagt Graser-Göb: "Die Leute wollen lieber zwei- oder dreimal kurzen Urlaub im Jahr haben als einen langen. Da ist die Durststrecke nicht so lang."
Graser-Göb versteht die Scheu vor dem Buchen nicht. Überall schöben Reisegesellschaften immer günstigere Rabatte ein, buhlten sie mit noch mehr Prozenten und bauten zusätzliche Extras ein. "Noch nie war Urlaub so günstig wie jetzt", sagt die Reisevermittlerin.
Erdogan bleibt optimistisch, glaubt nicht, dass es zum Krieg kommt: "In drei Wochen boomt die Türkei wieder", prognostiziert er mutig. Bernd Göbel ist pessimistischer: "Der Ami zieht das im Irak durch." Er hofft nur, dass sich der Krieg nicht zu lange hinzieht. Hätte ein Krieg Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl? Göbel: "Eine gewisse Talsohle können wir durchschreiten, aber nicht ewig."