„Und wieder war es soweit – die Stille...obwohl es nicht still war, das Geschrei...obwohl niemand schrie, die Einsamkeit...obwohl ich nicht allein war...“, heißt es auf einem der Plakate in der Ausstellung am Celtis-Gymnasium zum Thema „Klang meines Körpers – Wege aus der Essstörung“. Viele Schüler sind tief berührt über die Werke, die fünf junge betroffene Frauen im Rahmen einer musiktherapeutischen Gruppe auf die Beine gestellt haben.
Helmuth Backhaus von der Suchtprävention der Stadt Schweinfurt führt die Jugendlichen durch die Wanderausstellung und schafft es, sie immer wieder einzubeziehen. Zum Thema Freundschaft, Liebe, Einsamkeit oder auch, wie man Betroffenen helfen könnte. „Man sollte vielleicht nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und sagen, 'du bist doch magersüchtig', sondern sich sensibel an das Thema rantasten“, sagt eine Schülerin. Auch Schönheitsideale werden angesprochen und über die eigenen Stärken und Schwächen diskutiert. „Was sind zum Beispiel deine Stärken?“, fragt Backhaus den 16-jährigen Manuel. Zunächst findet Manuel es komisch, über sich selbst zu reden und das, was er kann, hervorzuheben. Seine Mitschüler helfen ihm: „Er ist sehr hilfsbereit.“ und „Er spielt gut Fußball“, sagen sie. Backhaus Fazit: „Es sollte generell mehr gelobt werden.“
Ute Suckfüll, Familienbeauftragte am Landratsamt Schweinfurt, ist froh, dass die Sensibilität beim Thema Essstörungen größer geworden ist. Denn: Laut Statistik leidet jeder fünfte Jugendliche unter einer Essstörung, 95 Prozent der Betroffenen sind Mädchen und junge Frauen. In der Ausstellung, die eine Kooperation von Landratsamt, Gesundheitsamt, kommunaler Jugendarbeit und von Lehrkräften des Celtis-Gymnasiums ist, werden die Schüler mit den verschiedenen Formen von Essstörungen konfrontiert: der Magersucht, der Essbrechsucht (auch bekannt als Bulimie) oder der Esssucht, bei mit Heißhungerattacken einhergeht. Nach der Statistik endet jede sechste Magersucht tödlich, bei anderen Betroffenen bleiben dauerhafte Folgeschäden, erklärt Suckfüll.
Aber auch die Jungs sind mit der Bigorexia, auch bekannt unter dem Namen „Adonis-Komplex“, auf dem Vormarsch. „Trotz stetig wachsender Muskelmasse fühlen sich die Jungs zu schmächtig, das kann zur Sucht werden“, so Suckfüll.
Gründe liegen oftmals in familiären Konflikten oder auch gesellschaftlichen Einflüssen, so zum Beispiel Mode und Diäten. Die 16-jährige Isabel aus der zehnten Klasse bestätigt, dass zum Beispiel Model-Casting-Sendungen Einfluss auf das Schönheitsideal haben. Auch den anderen Mädchen sind Diäten nicht fremd. „Man darf sich aber nicht so sehr von einem bestimmten Ideal beeinflussen lassen“, meint Ophelia. Die Ausstellung findet sie toll, „denn es sind Erfahrungsberichte von Mädchen, die es selbst erlebt haben“. Einig sind sich die Jugendlichen, dass Schüler und Lehrer Betroffene ansprechen sollten.
Für die Lehrer wurde vergangenes Jahr sogar eine Schulung angeboten, erzählt der Leiter des Celtis-Gymnasiums, Rainer Herzing. Das Thema Essstörungen liegt ihm am Herzen, „ist es doch auch an unserer Schule absolut präsent“. Deshalb sollen die Schüler Signale erkennen lernen. Häufige Diäten, das Aufsuchen der Toilette nach den Mahlzeiten, Abmagerung und Verleugnung des Untergewichts können Anzeichen sein. „Ich finde die Ausstellung sehr aufschlussreich und weiß jetzt besser, wie ich reagieren könnte, wenn mir etwas auffällt“, lobt eine Schülerin.
Backhaus betont, wie wichtig es ist, dass Betroffene einen Ansprechpartner haben. „Wenn sich euch jemand anvertraut, nehmt das ernst.“ Wichtig sei auch, dass die Person ihr Problem anerkenne, dann sollte der Weg in eine Beratungsstelle folgen und eine Therapie begonnen werden.
Adressen im Netz: www.bzga.de (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung); www.dhs.de (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen); www.bundesfachverbandessstoerungen.de; www.ab-server.de (Informationsserver zu Essstörungen); www.hungrig-online.de