Der Dampf quillt aus dem alten Brenngerät, dessen kupferner Deckel weit nach oben geöffnet ist. Stefan Schmitt lässt die heiße, verkochte Maische, die Schlempe, wie er gleich aufklärt, in eine Tonne ab. „Das Brenngerät von 1895 habe ich umgebaut“, erzählt der 42-Jährige, während er zügig den Kessel reinigt. „Zwischen der Feuerung und der Brennblase hab ich Stahlbleche eingeschweißt, dass die Maische nicht anbrennen kann. Das ist jetzt wie in einem Wasserbad.“
Brennblase, so nennt sich der Behälter, in den der Mann aus dem Wasserlöser Ortsteil Burghausen jetzt erneut Maische der gleichen Obstsorte, also einige Wochen lang in Hefe angesetzte Früchte, bis zum Rand einfüllt, genau 138 Liter, wie es in seinem Brennrecht steht. „Das ist geeicht“, weist er darauf hin, dass beim Schnapsbrennen alles peinlich genau, direkt pingelig zugehen muss: von der Anmeldung der Brenntage und -stunden beim deutschen Hauptzollamt in Stuttgart, der auf die Minute genauen Dokumentierung jedes Arbeitsganges beim Brennen, über die Steuer- und Gebührenvorschriften bis hin zur absoluten Sauberkeit.
70 Obstbäume
Stefan Schmitt öffnet das Türchen unter dem Kessel und legt ein paar Holzscheite nach. Beim Erzählen darf er nicht vergessen, die richtige Brenntemperatur zu erreichen. „Das ist mein Thermometer“, lacht er und legt seine Hand auf den kupfernen Deckel. „Vor zehn Wochen war einer vom Zollamt da und hat geschaut, ob die Bäume auch alle so da stehen, wie ich es angegeben habe“, berichtet er weiter. „Ich darf nämlich keine Früchte zukaufen. Und der wollte wissen, ob ich selbst so viel Obst habe“, grinst er. Hat er: Von 70 Obstbäumen, die er mit seiner Frau Monika vor zwölf Jahren pflanzte. Darunter sind neben Äpfeln, Birnen, Kirschen, Sauerkirschen, Zwetschgen, Quitten, Mirabellen oder alten Pflaumensorten wie Spilling auch drei Mispelsträucher. Eine seltene Frucht, im reifen Zustand gold-bräunlich, die, wenn sie etwa nach den ersten Nachtfrösten weich und genießbar ist, einen süß-säuerlichen Geschmack entwickelt.
„Wenn sie reif ist, ist sie weich wie eine Birne, etwas teigiger“, erklärt Monika Schmitt. Die zunächst harten Mispeln hat das Ehepaar nach der Ernte im November in der Scheune auf einem Netz ausgebreitet, unter Mithilfe seiner drei Kinder immer wieder umgedreht und vor dem Einmaischen auf die Weichheit kontrolliert. Zeitaufwändig und arbeitsintensiv, wie die Schmitts zugeben, so wie die ganze Obstbaumpflege und -ernte. Aber: „Als kleiner Zuverdienst war das ganze damals gedacht“, erläutert Stefan Schmitt, der als gelernter Brauer und Mälzer hauptberuflich in einer Schweinfurter Mälzerei arbeitet.
Über 400 Jahre im Familienbesitz
Und es passt zu seinem historischen Anwesen, das es bereits seit 1404 gibt, das seit 1595 eine „freie Schenkstatt“ von Julius Echters Gnaden ist und auf dem Schmitts Vorfahren seit über 400 Jahren sitzen. Ein Braurecht lag einst auf der „Stern“-Wirtschaft, auch ein Brennrecht, das der Vater zwar verkaufte, vom Sohn aber wieder erworben wurde. Der historisch interessierte Junior sieht sein Fachwerk-Gehöft, das er jahrelang selbst sanierte, als Einheit: Mit kleiner Gaststätte, Land- und Waldwirtschaft, Obstbau, Bienenzucht oder Schafen.
Jetzt tropft es langsam in den blinkenden Metalleimer. Der für den Menschen schädliche Vorlauf läuft an, später rinnt der trinkbare Mittellauf, dann der Nachlauf, „das Fuselöl“. Über das so genannte Geistrohr war der Alkohol vom Brenngerät in den Kühler gewandert, in dem der heiße Schnaps-„Geist“ auf etwa zehn Grad heruntergekühlt wurde. Um dann als Lutter, als Rauhbrand, zunächst in die Vorlage mit der Spindel und dem Alkoholmeter, dann in den Eimer zu laufen. „Dreimal gebe ich den Lutter wieder zur nächsten Maische, zum nächsten Brand“, erklärt Stefan Schmitt. „Bei Quitte mache ich vier Rauhbrände“. Erst dann kommt der Feinbrand an die Reihe und landet schließlich in großen Glasballons.
Ohne Aroma-Zusätze, wie es seit geraumer Zeit erlaubt ist, „rein auf der Basis des Obstes“, so der Burghäuser, brennt er seine Spezialschnäpse, um sie über seine kleine Gastwirtschaft selbst zu vermarkten. „Wenn die Wallleut' aus Würzburg hier Station machen, dann trinken die immer einen Schnaps“. Oder nehmen eine Flasche mit. Der herbe Geschmack des Quittenbrandes, der feinere, zwischen Apfel und Birne angelegte des Mispel-Brandes, aber auch der Spilling-Schnaps finden ihre Liebhaber. Für die der 42-Jährige auch gerne mal eine Schnapsprobe zusammenstellt.