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SCHWEINFURT: Der ganz alltägliche Wahnsinn

SCHWEINFURT

Der ganz alltägliche Wahnsinn

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    An zwei Abenden gab die Theatergruppe der Friedrich-Fischer-Schule das Stück „Limbo“ in der Stadthalle.
    An zwei Abenden gab die Theatergruppe der Friedrich-Fischer-Schule das Stück „Limbo“ in der Stadthalle. Foto: Foto: Friedemann Müller

    Zugegeben, die Schauspieler haben sich etwas mehr Publikum erhofft, aber die, die kamen, waren begeistert.

    Gerade am ersten Abend der beiden Aufführungen von „Limbo“, präsentiert von der Theatergruppe der Friedrich-Fischer-Schule, hätte man noch leicht Platz in der Stadthalle finden können. Die Schauspieltruppe ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Nach einer kurzen Einführung durch Schulchef Harald Bauer versetzten sich die Jungschauspieler mit viel Empathie und Engagement in die anspruchsvollen Rollen suchtkranker Frauen und des Klinikpersonals einer Therapieeinrichtung, die Schauplatz der Tragikomödie ist.

    Die Journalistin Viktoria (genüsslich durchtrieben: Chantal-Krystyna Pohl) glaubt, sie habe sich zu Recherchezwecken unbemerkt unter die Fittiche von Betty (hervorragend facettenreich: Elke Ziske), Bill (durchaus überzeugend: Levin Willner) und Karlsson (unbestechlich nüchtern: Tobias Fuchs) begeben, um dort die große Story zu finden.

    Was sie stattdessen antrifft, sind „harte Schicksale“ ganz alltäglicher Frauen quer durch die Gesellschaft. Da sind: Millan (souverän abwechslungsreich: Tahisa McNeil), die sich „seit vierzig Jahren selbst mediziniert“, um ihr verkorkstes Leben zu ertragen, und im Rausch beinahe ihre Enkelkinder getötet hätte; Lolo, die „Junkiebraut“ und „Predigerin“ (herrlich intensiv: Delia Heinlein), die ihre Kinder „seit fünf Jahren, sechs Monaten und vier Tagen“ nicht mehr gesehen hat; Kim (hinreißend naiv und impulsiv: Janett Keilholz), die in ihren unzähligen Rauschzuständen Opfer sexueller Übergriffe, aber auch zur Täterin wurde; und Hanna (beeindruckend dramatisch: Lisa-Marie Kraut), deren gutbürgerliches Leben als Rechtsanwältin ein jähes Ende fand, als sie bei einer Trunkenheitsfahrt den Freund ihrer Tochter überfuhr.

    Diese sitzen auf grauen Gitterkisten, in denen ihre Habseligkeiten, ihr früheres Leben, verplombt lagert und die sie immer wieder zu neuen Konstellationen zusammenstapeln. Neuzugänge müssen die erste Zeit in Bademänteln verbringen, „bis sie gebrochen sind, begreifen, warum sie hier sind.“

    Viktoria akzeptiert erst ganz am Ende, dass sie selbst zum Kreis der Insassen gehört – von ihrer Redaktion und ihrem Mann unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Klinik gelockt, um dort ihre eigene Drogen- und Alkoholsucht zu erkennen und zu bekämpfen. Zunächst aber bedient sie sich fleißig an ihren eingeschmuggelten Aufputschmitteln, presst Kim ein Telefon ab („Niemand telefoniert, solange sie den Bademantel trägt!“) und liefert damit Informationen an die Presse, wodurch Bill, Leiter der Klinik, unter großen Druck gerät, und provoziert ihre Therapeutin Betty so sehr, dass diese die Beherrschung verliert und Viktoria im Affekt würgt.

    Erst als sie Bettys tragischen Rückfall miterlebt, ist sie bereit, sich der Realität zu stellen.

    Die Schauspieler verstanden es so gut, den ernsten Stoff ungeschminkt und authentisch zu interpretieren, dass ihnen am Ende beider Vorstellungen lang anhaltender Beifall beschert wurde. Gekonnt unterstützt wurde die Truppe von Christoph Resler (Technik), Friedemann Müller (Bühnenbild und Regie) und Isabel Hein (Organisation). Friedemann Müller

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