Teile der Stadtmauer waren dort schon immer sichtbar. Bei den Sanierungsarbeiten und bei der Freilegung einzelner Mauerteile wurden jetzt aber ein gut erhaltener Treppenabgang und ein intaktes, mit Schutt verfülltes Gewölbe entdeckt. Es ist mittlerweile bis in eine Tiefe von fünf Metern ausgeräumt. Dabei wurden weitere Gewölbeansätze freigelegt.
Schön gearbeitete Grabsteine
Im westlichen Turmbereich – seine Decke ist eingestürzt und war komplett mit Kriegsschutt gefüllt – fanden sich Bruchstücke einer Vielzahl von teils sehr schön gearbeiteten Grabsteinen, datiert bis ins 17. Jahrhundert. Außerdem kleine Gebrauchsgegenstände sowie zwei Ofenkacheln aus dem 19. Jahrhundert. Im Kriegsschutt lag außerdem noch scharfe Munition, darunter Handgranaten.
Im Rahmen der archäologischen Untersuchungen, die das Landesamt für Denkmalpflege begleitet und fördert, sind alle Funde und der Bestand der Befestigung umfassend dokumentiert worden. Dieses Material soll Grundlage für einen Animationsfilm über die westliche Stadtbefestigung mit Spitaltor und Schalenturm sein, der sich vielfältig verwenden lässt. Mit im Boot ist das Stadtarchiv.
Um auch dieses Stück Alt-Schweinfurt erlebbar zu machen, wie die städtische Sanierungsstelle es formuliert, wird seit geraumer Zeit saniert, freigelegt und dort, wo nötig, wieder aufgebaut. Der westliche Turm erhält eine neue Decke, die nur teilweise vorhandene Treppenanlage wird erneuert.
Die Baukosten belaufen sich auf rund 300 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Bauforschung (6000 Euro). Für Beleuchtung der Wege sind 36 000 Euro veranschlagt. Dieses Geld wird der Stadt- und Wohnbau erstattet. Die Gesamtsumme steht im Haushalt („Sanierung“) zur Verfügung. Gelder aus dem Städtebauförderprogramm gibt es zwar keine. Ganz allein wird die Stadt die Sanierung aber nicht schultern müssen: Bei der Bayerischen Landesstiftung sind 50 000 Euro Zuschuss beantragt.
„Schauderhaftes Strafrecht“
Zur Geschichte: Am Schalenturm sind verschiedene Bauphasen ablesbar. Vermutlich stammen die ältesten Bauteile noch von dem 1367 von der Bürgerin Kunigunde Esel gestifteten Karmeliterkloster. Es stand bis 1542 an Stelle des späteren Friedhofs. Nach der Reformation wurde das Kloster aufgegeben, die Liegenschaft von der Stadt verwaltet. 1553/54, während des Markgräflerkrieges, diente das Anwesen als Geschützstellung und wurde schwer beschädigt. 1560 erwarb die Stadt das Grundstück und legte auf dem Gelände den Friedhof an, der bis 1874 dort bestand.
Um den Schalenturm, auch „Jungfernkuss“ genannt, ranken sich Legenden. Sie stammen vermutlich aus dem 19. Jahrhundert. So soll laut Überlieferung „in den grausamen und barbarischen Zeiten des Mittelalters“ in diesem Turm von den Karmelitern ein „schauderhaftes geheimnisvolles Strafrecht“ ausgeübt worden sein. Es soll eine eiserne Jungfrau gegeben und dort gestanden haben, bei deren „Kuss“ der Delinquent von scharfen Schwertern enthauptet und in den Wassergraben unterhalb des Turms befördert wurde. Belege für die Existenz einer wie auch immer gearteten mittelalterlichen Gerichtsbarkeit wurden vor Ort allerdings nicht gefunden.
So steht es in einem von der Sanierungsstelle erstellten Papier für die Mitglieder des städtischen Bauausschusses, die die Baustelle am Donnerstag besichtigten. In zirka sechs Wochen sollen die Arbeiten beendet sein, womit ein weiteres Stück Stadtgeschichte präsentiert werden kann. Mit der Öffnung des Geländes zum Alten Friedhof ist eine durchgängige Fußwegeverbindung zwischen Fischerrain/Brennöfen zum Bahnhof Mitte und zum Mainufer geschaffen.