Seine Stimme kann es nicht sein. Eine glatte, medientaugliche Oberfläche kann er auch nicht bieten. Und doch ist Money Boy derzeit einer der bekanntesten Rapper – und einer der streitbarsten. Am Sonntag war der Schrecken aller Eltern in Schweinfurt, spielte mit seinen Kollegen Hustensaft Jüngling und Medikamenten Manfred im Stattbahnhof vor 250 Zuschauern.
Money Boy, der den bürgerlichen Namen Sebastian Meisinger trägt, mag auf den ersten Blick so gar nicht in das Klischee des harten Macho-Rappers passen. Nein, der Boy erfindet Rap auf seine Weise neu – er ist ein Phänomen. Seine Reime verbreitet beziehungsweise „droppt“ er fast im Minutentakt über die sozialen Netzwerke. Die Kennzahlen: Innerhalb von fünf Jahren 44 000 Tweets, 570 Videos auf Youtube und über 255 000 Fans auf Facebook.
Dafür gab's nicht nur Anerkennung von Musikproduzent DJ Koze, der neulich im „Vice“-Interview meinte: „Money Boy finde ich gerade fantastisch. Ich bin tief beeindruckt.“ Er überrasche stets aufs Neue und mische damit die etwas eingeschlafene deutsche Szene auf.
Auch bei Jugendlichen hat sich der 34-Jährige so eine veritable Fangemeinde aufgebaut. Die bewundern den Humor des Rappers und nehmen dessen Kunstsprache scherzhaft in den eigenen Sprachgebrauch auf – so können auch fast alle die bekannteren Songs mitsingen.
Das Skandal-Potenzial in Money Boys Sprache ist beträchtlich: sexistisches, drogenverherrlichendes Gangster-Gehabe, inflationärer Denglish-Gebrauch. Richtig harmlos ist da der Begriff „Swag“, den Money Boy im Jahr 2010 in dem Song „Dreh den Swag auf“ prägte. Schnell gehörte das Wort, das übersetzt so etwas wie „prahlen“ bedeutet, zum Standardrepertoire des Jugendslangs. So schaffte es der Österreicher zu deutschlandweiter Bekanntheit. Er bespielt inzwischen große Festivals wie das „Splash!“ – oder eben Konzertsäle wie den Stattbahnhof.
Auf dem Festival sei Money Boy aber besser gewesen, erzählen ein paar Besucher nach dem Konzert. „Wir feiern den Boy, aber heute war er echt schlecht“, so der 17-jährige Johannes, der mit vier Freunden aus Bamberg angereist ist. Von Money Boy selbst sei zu wenig gekommen, er habe etwas fertig gewirkt. Ob es daran liegt, dass Schweinfurt der fünfte Konzerttermin in fünf Tagen war? Immerhin konsumiert der Wiener auf der Bühne wie wohl auch in den Tagen zuvor Wodka aus der Flasche und Zigaretten in Kette. Der 21-jährige Tobias bleibt dennoch Fan: „Money Boy ist der lustigste Mensch auf Erden.“
Der Rapper provoziert gerne mit derben Punchlines, die Menschen außerhalb des Money-Boy-Kosmos vor Empörung nach Luft schnappen lassen. Aber was Eltern einst unter „Anstand und Moral“ einforderten, ist ihm völlig egal. Das kann dann schon mal pietätlos werden. Kostprobe: „Wenn ich zur Party im Anzug von Boss oder Prada komm / dann herrscht ne Bombenstimmung wie beim Bostoner Marathon.“ Doch genau damit punktet der Rapper bei den Fans. „Ich liebe diesen schwarzen Humor“, meint Konzertbesucher Phillip.
Bleibt noch eine Frage: Macht Money Boy jetzt Satire oder doch eher ernst gemeinten Rap? Der Musiker hat dazu einmal bei „rap.de“ gesagt: „Es liegt nicht bei mir, mir den Kopf über die Wahrnehmung von anderen Leuten zu zerbrechen.“ Ihm gehe es darum, als Künstler wahrgenommen zu werden, die Leute sollen dann selber entscheiden. Die Fans im Stattbahnhof haben schon lange vor dem Konzert entschieden. Sie wollen einfach nur Spaß haben.