Ein Fahrrad oder gar ein Auto, das war für angehende Priester vor rund 40 Jahren undenkbar, eigentlich. Denn vom Verbot völlig unbeeindruckt durchquerte Freigeist Roland Breitenbach damals mit seiner BMW Isetta den Spessart. Bis der Wagen wegen einer defekten Zündkerze liegen blieb. Ob göttliche Fügung oder unglücklicher Zufall: Ausgerechnet der Bischof fuhr an ihm vorbei und zitierte ihn am nächsten Morgen zur Schlüsselabgabe.
Dass er bei der offiziellen Einweihung des REAL Auto Oldtimer Centers im Schweinfurter Hafen wieder in genau solch einem alten Schätzchen Platz nehmen darf, freut Breitenbach sichtlich. „Ein alter Knacker in einem alten Auto“, kommentiert der 81-Jährige amüsiert. Es ist sein erster größerer öffentlicher Auftritt nach seinem Sturz im Februar, bei dem er sich – gut ein Jahr nach seinem lebensgefährlichen Radunfall im Oktober 2014 – das Becken angebrochen hatte.
Seit dem Sturz von seinem E-Bike geht der beliebte Pfarrer am Stock und auch „die Stimme hat a bissl was abbekommen“. Doch jammern will er nicht, das liege ihm nicht, sagt er auf Nachfrage zu seinem Befinden. Er tue lieber einfach das, was er schon sein Leben lang tue: „Das macht mir nach wie vor Freude.“ So habe er auch nicht lang gezögert, als ihn Inhaber Albert Reinhart gefragt hatte, ob er die feierliche Einweihung des nicht alltäglichen Autohauses übernehmen wolle.
Rund 100 Menschen lauschen seinen Segensworten, die er teils stehend, teils sitzend auf einem purpurnen Sessel wie ein Geschichtenerzähler vor dem riesigen Aquarium im Eingangsbereich spricht. Groß angekündigt war der Auftritt, unter anderem auf der riesigen LED-Leinwand an der Fassade des Autohauses. So muss Breitenbach an diesem Tag viele Hände schütteln. Alle sind froh, dass es ihm wieder besser geht – und er an Witz, Geist und Ausstrahlung nichts verloren hat.
Dass seine erste Ansprache in der Öffentlichkeit ausgerechnet bei REAL Auto stattgefunden hat, ist kein Zufall. Schon lange kennen sich der Pfarrer und der Inhaber des Autohauses durch die Kirche, waren zusammen im Wander- und im Klosterurlaub. Ein Freundschaftsdienst also, den er sehr gerne macht, lässt Breitenbach verlauten.
Wie Askese und christliche Werte, wie Bescheidenheit mit dem Verkauf von Oldtimern, die doch meist eher als exklusiver Luxus der oberen Schicht gesehen werden, zusammenpassen? Für Reinhart absolut kein Widerspruch: „Es geht nicht um Luxus und Verkaufen, sondern vielmehr um Demut und die Wertschätzung des Alten.“
Seine Kunden kommen auf der Suche nach diesem „einen Auto“ aus ganz Europa in den Schweinfurter Hafen. Für die meisten von ihnen sind die Oldtimer Erinnerung und Nostalgie: an die Kindheit, die erste Fahrstunde oder, wie im Fall von Roland Breitenbach, an das Priesterseminar.
Übrigens hatte die Geschichte des jungen Roland Breitenbach und seiner BMW Isetta damals auch noch ein glückliches Ende: Zwar kassierte der Bischof den Schlüssel tatsächlich ein – nicht jedoch ohne den augenzwinkernden Vermerk: „Du hast ja sicher noch den Zweitschlüssel.“