Der Reformator Martin Luther als Sackpfeife des Teufels, der Papst als auf der Sau reitender Antichrist: Die Bildsatiren der Reformationszeit kannten damals kein Tabu. Die hochinteressante Ausstellung mit dem Titel „Lutherbock und Papstesel“ zeigt 500 Jahre alte satirische Holzschnitte. Sie wurde am Freitagabend im Museum Johanniskapelle eröffnet.
Die Ausstellung ist einer der Höhepunkt des Gerolzhöfer Kulturjahres, das sich in 2017 mit 500 Jahren Reformation und dem 400. Todesjahr des Fürstbischofs und Gegenreformators Julius Echter beschäftigt. Die Kernaussagen der Ausstellung finden auch ihren Niederschlag im großen Wandeltheater, das Ende Mai/Anfang Juni in der Gerolzhöfer Innenstadt über die Bühne gehen wird.
Mit seinen 95 Thesen habe der Augustinermönch Martin Luther 1517 hitzige Debatten ausgelöst, sagte Bürgermeister Thorsten Wozniak in seiner Begrüßung. Was ursprünglich als akademische Diskussionsgrundlage für Theologen gedacht war, spaltete im Lauf der Zeit die gesamte Bevölkerung in zwei Lager: Katholiken und Lutheraner, die alte und die neue Kirche.
Die gerade erst erfundene Buchdruckkunst ermöglichte es, dass Luthers Ideen, aber auch die Bildsatiren der Befürworter und Gegner einer Reformation einem breiten Publikum bekannt wurden. Die Satiren hatten ein Ziel: die gegenseitige Erniedrigung von Andersdenkenden. Das Interessante dabei: Wenn man damals zu verleumderischen Karikaturen aus Holzschnitten griff, wird heutzutage Facebook oder Twitter eingesetzt, um seine Meinung überspitzt unters Volk zu bringen. „Damals wie heute ging und geht man nicht zimperlich miteinander um. Die Geschichte wiederholt sich also“, resümierte der Bürgermeister.
Ausführlich und eindrucksvoll führte Domkapitular Jürgen Lenssen die Anwesenden in die Ausstellung ein. Er erläuterte zunächst, wie und warum es eigentlich zur Reformation kam, was Luther dazu bewegte seine Thesen zu veröffentlichen und was letztlich zur Spaltung in der Katholischen Kirche beitrug.
Hauptgründe waren unter anderem die innerkirchlichen Missstände, die Verweltlichung und das verschwenderische, sittenlosen Leben der Kurie, das ausartende Pfründewesen, der Verkauf geistlicher Ämter, das Vorrecht des Adels für den Besitz hoher geistlicher Ämter, der Niedergang des monastischen Lebens und vieles mehr.
Die Auseinandersetzungen zwischen neuer und alter Kirche wurden mehr und mehr auf zwei Personen projetziert: Luther und der Papst in Rom. Ein Phänomen, das bis in die heutige Zeit in Bezug auf politische Auseinandersetzungen nur allzu gut bekannt sei. Vor allen in den satirischen Flugblättern wurden in drastischer Art und Weise und ohne jegliches Tabu die sich bekämpfenden Seiten dargestellt.
Die Ausstellung mit ihren zwölf Texttafeln begründet in keiner Weise gegenseitige Vorwürfe, sondern dokumentiert nüchtern die damaligen hasserfüllten Zeiten zu Beginn der Reformation. Dass man trotz dieser scharfen Auseinandersetzungen und der gegenseitigen Befehdung heutzutage wieder nach einer Einheit der beiden Kirchen suche, zeige den unbrechbaren Wunsch nach einem Miteinander, betonte Jürgen Lenssen zum Abschluss seiner Einführungen. Und dies stimme ihn hoffnungsfroh.
Der Dank Lenssens galt vor allem Patrick Melber vom Kunstreferat der Diözese Würzburg, der die Ausstellung in wochenlanger Arbeit konzipiert hat. Er hat auch einen Ausstellungskatalog aufgelegt, der zum Preis von nur fünf Euro im Museum erhältlich ist.
Die Sonderausstellung läuft bis zum 5. Juni im Gotikmuseum. Die Besichtigung ist ausnahmsweise auch an den Samstagen und wie gewohnt sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr zu sehen.
Rahmenprogramm Während der laufenden Ausstellung „Lutherbock und Papstesel“ im Museum Johanniskapelle gibt es einige Sonderveranstaltungen. Am Sonntag, 11. Mai, untersucht Prof. Dr. Wolfgang Weiß, Professor für fränkische Kirchengeschichte an der Universität Würzburg, die „Flugschriften in der Auseinandersetzung zwischen altem und neuem Glauben. Beginn ist um 19.30 Uhr. Am Donnerstag, 18. Mai, um 19.30 Uhr spricht Dr. Rainer Dvorak, Direktor der Katholischen Akademie Domschule in Würzburg, in der Johanniskapelle zum Thema „Das, was uns eint, ist stärker als das, was uns trennt. Beobachtungen zum Stand der Ökumene“. Am Sonntag, 11. Mai, untersucht Prof. Dr. Wolfgang Weiß, Professor für fränkische Kirchengeschichte an der Universität Würzburg, die „Flugschriften in der Auseinandersetzung zwischen altem und neuem Glauben. Beginn ist um 19.30 Uhr. Dr. Patrick Melber, der die aktuelle Sonderausstellung konzipiert hat, lädt zu zwei Sonderführungen durch die Ausstellung ein: zum einen am Sonntag, 14. Mai, und am Pfingstsonntag, 4. Juni. Beginn ist um 14 Uhr.