Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe und sorgte für völliges Unverständnis in der Belegschaft. Am Donnerstag informierte der Betriebsrat in einer außerordentlichen Betriebsversammlung über die Pläne der Südzucker AG mit Sitz in Mannheim, die Werke Zeil, Delitsch und Löbau (letztere beide in Sachsen) zum 31. Dezember 2000 zu schließen. Dieses Vorhaben soll im Juni dem Aufsichtsrat der Südzucker AG zur Abstimmung vorgelegt werden.
Rainer Hofmann, Betriebsratsvorsitzender des Werkes in Zeil, sagte, dass ihn diese Nachricht "völlig überrascht" habe. Zwar galt Zeil immer als "weicher Standort" und von einer Schließung war immer wieder mal die Rede, dennoch hatte niemand mit dieser Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt gerechnet. Eine Begründung habe er bislang nicht erhalten.
Hofmann sieht den Grund für die Pläne in dem Streben nach "Gewinn-Optimierung", denn das Werk in Zeil habe in den vergangenen Jahren trotz geringer Investitionen zur Aufrechterhaltung des Betriebes immer ein positives Ergebnis ausgewiesen. Dies sei ausschließlich dem Engagement der Mitarbeiter zu verdanken. "Es ist nun mal das einfachste, Leute zu entlassen oder Werke stillzulegen", empört sich Hofmann.
Derzeit arbeitet in der Instandhaltung und im Zuckerverkauf eine Stammbelegschaft von 150 Leuten. Hinzu kommen während der Kampagne 20 Aushilfskräfte. Das bedeutet, dass mit einer Schließung 170 Arbeitsplätze wegfallen würden. Peter Wigand, Werkleiter von Zeil und Ochsenfurt, spricht von einer "harten Entscheidung des Vorstandes", aber er geht davon aus, dass diese wirtschaftlich untermauert ist. Seit 1995 gebe es für die Südzucker AG ein Strukturprogramm, dass die Schließung des Standortes Zeil vorsehe.
Das Problem sieht Wigand in der neuen europäischen Zuckermarktordnung, wodurch der Zucker-Überschuss reduziert werden soll. Es werden nur Mindestpreise für eine bestimmte Menge gegeben, darüber hinaus muss der Zucker auf dem Weltmarkt gehandelt werden. Der Weltmarktpreis ist allerdings sehr gesunken, nicht zuletzt weil Brasilien die Produktion vervielfacht habe. Wigand sagt, dass die Südzucker AG schon jetzt ihren Rübenanbauern empfohlen habe, acht bis zehn Prozent der Anbaufläche zu reduzieren.
Gegen den Standort Zeil spricht nach Aussage von Wigand, dass das Werk am Rande der Rübenanbaugebiete liege. Schon heute würden Rüben aus dem Bereich des Werkes Ochsenfurt nach Zeil gebracht. Für die Rübenanbauer im Zeiler Anbaugebiet würde eine Schließung bedeuten, dass sie künftig ihre Rüben nach Ochsenfurt bringen müssten. Dort würde die Kampagne verlängert. Die Transportkosten würde die Südzucker AG übernehmen.
Am 22. Mai trifft sich der Betriebsrat mit den Vorstandsmitgliedern. Betriebsratsvorsitzender Hofmann hofft, dass der Aufsichtsrat die Pläne des Vorstandes nicht genehmigt. Eine endgültige Entscheidung fällt erst im Juni. Doch auch ein bisschen Resignation ist Hofmann schon anzumerken. "Wir haben schon damit gerechnet, dass es irgendwann zu einer Schließung kommt. Doch jedes Jahr, welches der Betrieb länger läuft, wäre ein Gewinn."