In der nuklearmedizinischen Diagnostik werden geringe Mengen eines radioaktiven Arzneimittels verabreicht. Dieses Radiopharmakon reichert sich in dem zu untersuchenden Organ oder Gewebe an und sendet Strahlen aus, die von einer Spezialkamera von der Körperoberfläche aus aufgenommen werden und zweidimensionale Bilder (Szintigramme) liefern.
Als häufigstes untersuchtes Organ nennt Dr. Muffert die Schilddrüse. Mit Sonografie, Szintigrafie, Labor und eventueller Punktion werden Schilddrüsenknoten und Schilddrüsen-Funktionsstörungen abgeklärt. Die nuklearmedizinische Diagnostik nimmt hier eine Schlüsselstellung bei der Therapieentscheidung zwischen Operation, Radiojodtherapie oder medikamentöser Behandlung ein. In Kooperation mit der Universitätsklinik Würzburg werden in der Praxis der beiden Schweinfurter Nuklearmediziner Radiojodbehandlungen geplant.
Bei der Skelett-Szintigrafie wird der Knochenstoffwechsel untersucht. Zum Nachweis von Metastasen bösartiger Tumore, bei gut- und bösartigen Knochentumoren, bei rheumatischen Erkrankungen und zur Verlaufskontrolle (Lockerung) nach der Implantation von Endoprothesen. Die Nierendiagnostik mittels Radiopharmaka erlaubt eine ergänzende Untersuchung auch nur einer Niere, etwa zur Abklärung einer Nierenarterien-Stenose bei Bluthochdruck oder zur Abklärung von Harnabfluss-Störungen. Die Szintigrafie der Lunge dient vor allem dem Nachweis einer Lungenembolie.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit praktizieren die Nuklearmediziner auch in Schweinfurt: Mit dem Ambulanten Herzzentrum am Krankenhaus St. Josef und mit dem Leopoldina-Krankenhaus, an dem beide als Konsiliarärzte arbeiten. Aus dieser Kooperation noch zwei eindrucksvolle Beispiele für den hohen Wert der Nuklearmedizin: Lymphabfluss-Szintigrafie und Herzszintigrafie.
Thema Brustkrebs. Bei der Operation werden auch die Seiten entsprechenden Achsel-Lymphknoten entfernt, weil von ihrem histologischen Befund die weitere Therapie abhängt. Zwar bleibt in 60 Prozent aller Fälle der Tumor auf die Brust beschränkt, siedelt sich also auch nicht in den Lymphknoten an. Doch das weiß man eben erst nach der Ausräumung und nach der Untersuchung.
Da diese - oft überflüssige - Lymphknoten-Operation mit zum Teil gravierenden und bleibenden Komplikationen verbunden sein kann, suchte man eine weniger radikale Methode. Man fand sie im nuklearmedizinischen Aufspüren und in der Untersuchung der so genannten Sentinel-(Wächter)-Lymphknoten, die mit einer schonenderen Biopsie entnommen werden können.
Diese Wächter-Knoten sind histologische Marker für alle nachgeschalteten Lymphknoten, der erste Ort einer Metastasierung. Am Vortag der Operation wird um den Brusttumor ein Radiopharmakon injiziert, mit dem die Wächter-Lymphknoten identifiziert und für den späteren Biopsie-Schnitt auf der Haut markiert werden. Am offenen Schnitt spürt eine Gammasonde die gesuchten "Referenz"-Knoten auf.
Prof. Fritz Christ, Leiter der Leopoldina-Frauenklinik, bietet diese Methode unter strengen Kriterien an: Die Krebsknoten dürfen nicht größer als zwei Zentimeter sein und es dürfen weder durch Tastbefund noch durch Ultraschall suspekte Lymphknoten in der Achsel nachweisbar sein. Der Chefarzt bestätigt die hohe Sensitivität dieser Methode, betont aber auch deren noch fehlende Langzeiterfahrung.
Bei der Herz-Szintigrafie reichern sich die radioaktiven Stoffe beim gesunden Herzen im gesamten Organ gut an, während sich eine Minderung oder Unterbrechung der Blutzufuhr, besonders bei Belastung, als minderspeichernd darstellt. Prof. Hubert Seggewiß, Chefarzt der Medizinischen Klinik I im Leo, hält zwar den Herzkatheter für den Goldstandard der Diagnostik, in manchen Fällen sei jedoch die Herzszintigrafie als ergänzende Untersuchung von großem Wert: Bei Patienten mit unklaren Beschwerden, mit nicht eindeutigem Risikoprofil, oder solchen mit großen Bedenken gegen einen Herzkatheter.
Insbesondere lässt sich die Therapiebedürftigkeit von Herzkranzgefäßen, die bei der Herzkatheteruntersuchung festgestellt wurden, mit der Herzszintigrafie besser einschätzen: An Studien mit großen Fallzahlen konnte gezeigt werden, dass selbst bei nachgewiesenen Veränderungen der Herzkranzgefäße kein erhöhtes Infarktrisiko besteht, wenn die Herzszintigrafie einen Normalbefund liefert. Bei herzszintigrafisch nachgewiesenen Durchblutungsstörungen hingegen besteht ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt, so dass die Einengung im Rahmen einer Katheteruntersuchung beseitigt werden sollte. Bei Infarkten dient die Szintigrafie zur Vitalitätsüberprüfung von Herzmuskelabschnitten.
Bleibt noch die Frage nach der Strahlenbelastung. Sie sei meist so gering wie bei einer üblichen Röntgenuntersuchung, antwortet Dr. Werner, weil das radioaktive Medikament in der Regel sehr rasch zerfällt und schnell über die Nieren ausgeschieden wird. Die Frage lässt sich auch ganz anders beantworten: Liegt der Verlust an Lebenserwartung bei einer nuklearmedizinischen Untersuchung bei einem angenommenen Faktor 1, so liegt er bei Menschen mit 20 Prozent Übergewicht beim Faktor 3600, bei männlichen Rauchern jedoch bei 9000.