Den Satz "Wir sind bei den Menschen" würde Carsten Bräumer ganz dick in das Stammbuch seiner Kirche schreiben. Und dies auf Augenhöhe. Der neue Vorstand des Diakonischen Werkes sprach beim inzwischen schon seit über 25 Jahren gepflegten Stammbucheintrag der Christuskirche, bei dem Menschen über ihren persönlichen Glauben und darüber sprechen, was sie ihrer Kirche schon immer sagen wollten.
Ins Stammbuch eingetragen haben sich unter anderem der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein, die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der Kabarettist Volker Heißmann.
Der Gottesdienst war wie immer von einem ehrenamtlichen Special-Team vorbereitet worden, das auch das Diakonische Werk mit seinen 1600 Mitarbeitenden und über 100 Einrichtungen und dessen neuen Chef vorstellte. Dieser ist seit Januar Vorstand der Diakonie Schweinfurt, die eigenständige Träger auch in Bad Neustadt, Kitzingen, Bad Kissingen, im Lauertal und Markt- Einersheim verwaltet.
Bräumer ging in seiner Predigt auf die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin aus dem Johannes-Evangelium ein. Darin stellt sich Jesus nicht auf die Seite der Mächtigen, der Schriftgelehrten und Pharisäer ("Wer unter Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein"), sondern bleibt bei der angeklagten Frau sitzen, nimmt sich Zeit für sie. "Er steht nicht auf der Kanzel über den Menschen, er sitzt mit ihnen auf dem Boden."
Dies fordert Bräumer auch von seiner Kirche. "Wir gehören dorthin, wo die Menschen sind." Kirche müsse für sie sichtbar und erlebbar sein. "Wir sind auf Augenhöhe und nicht irgendwo weit weg. Und sie spüren uns. Menschen erleben Kirche und Diakonie da, wo sie uns brauchen."
Die Kirche gehört solidarisch auf die Seite derer, die gedemütigt und erniedrigt werden
Auf Jesus und die Ehebrecherin eingehend, erklärte Bräumer; "Es ist nicht unsere Aufgabe, Menschen zu verurteilen. Unsere Aufgabe ist es, ihnen Wege zum Leben zu zeigen." Die Kirche gehöre immer solidarisch auf die Seite derer, die gedemütigt und erniedrigt werden, die man an den Pranger stellt. "Es gibt keine besseren und keine schlechteren Menschen. Und niemand hat das Recht, andere zu erniedrigen." Kirche sieht er wie eine Familie, und darum habe sie ein gemeinsames Stammbuch.
Bräumer wurde vor 55 Jahren in Celle in eine Familie hinein geboren, in der Seelsorge, Diakonie und Ethik ein präsentes Thema war, betonte das Special-Team. Er hat Theologie studiert, 2004 wurde er als Pfarrer ordiniert. Schnell kam er zur Diakonie, zur Behindertenarbeit. Parallel begann er ein Studium für das Management für Verbände und Non-Profit Organisationen. 2004 erhielt er den Vorsitz im Vorstand des pietistisch geprägten Diakoniewerkes "Lobetalarbeit e.V." in Celle von seinem Vater, um nach 13 Jahren den Vorstandsvorsitz der Theodor Fliedner Stiftung in Mühlheim an der Ruhr zu übernehmen.