In Deutschland wurden nach vorläufigen Ergebnissen heuer auf knapp 275 000 Hektar Ackerland Kartoffeln angebaut, genau ein Prozent weniger als im Jahr 2005. Die Erntemengen fallen regional bedingt sehr unterschiedlich aus.
Nur noch für den Eigenbedarf
"Ich habe drei Wochen früher geerntet. Ende Juli ist das Kartoffelkraut durch die Hitze und die Trockenheit abgestorben. Es wurde dürr und die Frucht wuchs nicht mehr weiter", erläuterte der Vögnitzer Nebenerwerbslandwirt, der die wohlschmeckende Knolle nur noch für den Eigenbedarf anbaut. Das ist symptomatisch für die Gesamtsituation und für den Landkreis Schweinfurt, wo auf nur noch 100 von etwa 49 000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche Kartoffeln wachsen.
Laut einer Mitteilung des Thüringer Landesamts für Statistik, bringt es die Kartoffel gemessen an der gesamten Ackerfläche in Deutschland nur auf einen Anteil von 2,3 Prozent. Mit 119 000 Hektar ist Niedersachsen der bedeutendste Kartoffelproduzent der Republik gefolgt mit knapp 50 000 Hektar von Bayern.
"Viele kleine Bauern haben aufgehört. Sie bauen nur noch Kartoffeln für sich und vielleicht für die Nachbarn mit an. Die Kartoffeln, die wir im Supermarkt kaufen, kommen von weiter weg. Ziel sollte sein, sich mit Kartoffeln aus der Region zu versorgen. Frisch auf den Tisch wäre wünschenswert", sagt Joachim Dömling vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt.
Wie er ausführt, ist mit der Kartoffel normalerweise etwas zu verdienen. Das Problem sei der wechselnde Markt. Die Preise unterliegen großen Schwankungen. "Es gibt Jahre, in denen die Bauern drauflegen und dann wieder solche, in denen sie gut verdienen", führt er aus.
Bedingt durch die Hitze trat auch die Kraut und Knollenfäule auf. Das Kraut starb schlagartig ab, besonders dort, so Dömling, wo pflanzenschutzmäßig nur wenig oder nichts gemacht wurde. Außerdem gab es viele Kartoffelkäfer. Insektizide wirkten schlecht. Die Tiere entwickelten zum Teil Resistenzen gegen die am meisten verbreitetste Wirkstoffgruppe. "Auf Geheiß des Lehrers mussten wir während und nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Kartoffelfelder, um Kartoffelkäfer abzulesen. Sie kamen in ein Glas oder eine Flasche, die mit verdünntem Spiritus gefüllt war", erinnert sich Anna Hußlein aus Vögnitz.
Ursprünglich stammt die Kartoffel aus Südamerika und wurde vermutlich um das Jahr 1555 von den Spaniern nach Europa gebracht. Anfänglich war das Nachtschattengewächs als Zierpflanze begehrt, weil es eine schöne Blüte und üppiges Laub hat. Seinen Siegeszug als landwirtschaftliche Nutzpflanze begann die Knolle im 18. Jahrhundert. In Preußen verhalf Friedrich der Große mit Verordnungen der Kartoffel zum Durchbruch.
Da sie sättigt und gut schmeckt, war sie relativ schnell ein fester Bestandteil des Speisezettels. In großen Teilen der Welt ist sie ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Kartoffeln enthalten so gut wie kein Fett, sind daher an sich keine Dickmacher, wenn sie richtig zubereitet werden. Sie haben einen hohen Anteil an Ballaststoffen und Kohlehydraten, enthalten Vitamine der B-Gruppe und einen hohen Anteil an Vitamin C sowie die Mineralstoffe Kalzium, Magnesium und Eisen.
Weltweit gibt es etwa 5000 Kartoffelsorten. 206 sind in Deutschland vom Bundessortenamt zugelassen. 150 werden kommerziell genutzt. Es gibt Früh- und Spätkartoffeln, festkochende und mehlige Sorten.
Kartoffelernte anno dazumal
Früher wurden die Kartoffeln entweder mit der Kartoffelhacke oder dem Kartoffelpflug, einem speziellen Pflug, der nicht den Boden wendet, sondern den Damm nach beiden Seiten öffnet, in dem sich die Knollen befinden. Anfangs wurde er von Pferden oder Kühen gezogen, dann an die Traktoren angehängt. Später kamen Kartoffelvollernter auf, bei denen das Aufsammeln der Kartoffeln entfällt.
"Früher halfen in den Ferien die Kinder, deren Eltern eine Landwirtschaft hatten, bei der Kartoffelernte mit. Sie lasen sie zusammen, was sehr anstrengend war. Das Kreuz tat oft weh. Die Kartoffeln kamen auf einen Wagen, wurden heim gebracht und im Keller eingelagert. Die Saatkartoffeln für die nächste Ernte wurden meist im Herbst ausgelesen und separat gelagert.
Gleiches galt für die Speisekartoffeln. Was zu klein war, war Futter für die Schweine. Im Spätherbst kam die Dämpfkolonne. Die Kartoffel wurden in Silos eingestampft, das war das Futter für die Schweine im Winter. Dämpfen war eine schwere Arbeit", erinnern sich Anna und Rita Hußlein.