schweinfurt Es ist kurz nach 22 Uhr. Draußen ist es fast noch taghell. Die Tür zum Rock Corner geht auf, und ein Haufen Betrunkener wankt mir entgegen. "Watch out, a lady is coming through", ruft einer aus dem Dunkeln. Ich schiebe mich an den jungen Männern, die mir als "Lady" den Vortritt gewähren, vorbei in die Bar. Laute Rockmusik dröhnt mir entgegen. Im schummrigen Licht suche ich mir einen Platz am Tresen.
Heute ist Pay-Day, Zahltag, da ist die Stimmung besonders ausgelassen in dieser Bar, in der die Soldaten gerne ihre Kneipentour beginnen. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie in einer deutschen Bar. Nach fünf Minuten merke ich, dass ich zu den wenigen gehöre, die Deutsch sprechen. Ein englisches Schimpfwort jagt das nächste, während sich die jungen Soldaten über die Theke anbrüllen. Das scheint zum guten Ton zu gehören, niemand wird wütend.
Ganz im Gegenteil: Man(n) bestellt sich noch ein paar Shots Tequila, stößt gemeinsam darauf an, dass endlich wieder Pay-Day ist und die Sauferei jetzt so richtig losgehen kann. Auch der 26-jährige Chris Messer trinkt hier nur vor. Anschließend will er in die Rockfabrik. "Da gibt es heute zwei für einen. In 15 Tagen gehe ich zurück nach Hause. Solange feiere ich jetzt durch", lallt er mit glasigen Augen.
Die wenigen Deutschen in der Bar sind fast alle weiblich. Trotz üppiger Figur zwängen sich einige in hautenge Trägertops und zeigen den Amerikanern, was sie haben. Die Taktik geht auf: Zwei Mädchen kommen in Begleitung eines Soldaten an die Bar. Die Mädels bestellen, brav bezahlt der angetrunkene Ami. Es wird sicher nicht die einzige Runde bleiben, die an diesem Abend auf ihn geht.
Um Punkt 2230 Uhr kommen zwei Uniformierte in die Bar. Sie tragen die Armbinde der CP, der Courtesy Patrol. First Lieutenant Scott Preusker und Staff Sergeant Paul Poulos sorgen dafür, dass die Stimmung in den Bars nicht eskaliert. "Wir sind so eine Art professionelle Babysitter. Wir passen auf, dass nichts passiert. Wenn jemand zu viel getrunken hat, fahren wir ihn nach Hause. Unsere Aufgabe ist es, generell für die Sicherheit unserer Soldaten zu sorgen und darauf zu achten, dass das Feiern nicht außer Kontrolle gerät. Dann müsste die Militärpolizei gerufen werden," erklärt Preusker. Die übrigen Soldaten beachten die Patrouille gar nicht. Für sie gehört dieses Bild zum ganz normalen Party-Alltag. Ohne Sicherheit geht bei den Amerikanern eben nichts. Nach einem kurzen Lagecheck gehen die beiden wieder. Nicht einmal eine Minute später kommt die nächste CP zur Tür herein, diesmal aus der 126. Einheit. Die beiden scheinen genauso locker wie ihre Vorgänger zu sein, stellen sich zu einer kleinen Gruppe und unterhalten sich.
Auf meine Frage, ob ich ein Foto für die Zeitung machen dürfe, nicken sie freundlich. Doch als ich die Kamera zücke, wollen sie plötzlich nicht mehr aufs Gruppenfoto. Sie wollen wissen, wofür die Fotos sind, und warum ich überhaupt in der Bar bin. Erst einmal scheinen sie mit den Antworten zufrieden zu sein und verlassen die Bar. Aber als ich gegen 23 Uhr selbst gehen will, kommt die Patrouille zurück, mit der deutschen Polizei im Schlepptau. "Wir müssen Sie bitten, uns nach draußen zu begleiten", sagt ein Polizist mit ernster Stimme. Draußen wird mir erklärt, dass die CP der Meinung war, die Partybilder könnten für terroristische Zwecke verwendet werden. Während einer der Polizisten sämtliche Fotos auf der digitalen Kamera unter die Lupe nimmt, schreibt der andere meine Personalien auf.
"Von uns aus ist alles in Ordnung, aber wir müssen trotzdem einen Bericht an die Militärpolizei schicken", versuchen die Beamten die Situation zu erklären. "Die Amis reagieren häufig über. Sie rufen uns sogar, wenn ein verwirrter Rentner die Kaserne zu lange anstarrt. Die sind halt nervös und etwas überängstlich, aber sie machen auch nur ihren Job." Damit verabschieden sich die jungen Polizisten. Gefahr gebannt. Fall erledigt.