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WAIGOLSHAUSEN: Die letzten Tage der Kirche Waigolshausen

WAIGOLSHAUSEN

Die letzten Tage der Kirche Waigolshausen

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    Die letzten Tage der Kirche Waigolshausen
    Die letzten Tage der Kirche Waigolshausen

    Ein paar Tage wird es noch dauern. Dann wird von der Waigolshäuser Kirche nichts mehr zu sehen sein. Hinter dem Rathaus, dort wo das Kirchengebäude stand, wird dann nur noch eine große Lücke klaffen. Am 12. November, dem Tag nach dem Kirchweihsonntag, waren die Arbeiter der Abrissfirma Leis aus Walldürn angerückt. Genau ein Jahr zuvor hatte die Pfarrgemeinde noch einmal Kirchweihjubiläum gefeiert. Es war das Goldene, anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Kirche.

    Jetzt spielt sich hinter den aufgestellten Bauzäunen das brachiale Schauspiel des Gebäudeabrisses ab und führt täglich Zaungäste an der Baustelle vorbei. „Was wir Menschen bauen, ist nicht auf Ewigkeit“, hatte Domkapitular Jürgen Lenssen im August beim letzten Gottesdienst im Waigolshäuser Gotteshaus das Ende des Kirchengebäudes relativiert und den Blick auf den beschlossenen Neubau gelenkt. Doch für manchen bleiben es schmerzhafte Bilder, den fortschreitenden Abriss der vertrauten Kirche zu sehen. Was bleibt, ist das Verschwinden mit Fotos und Filmkamera zu dokumentieren.

    Anfänglich verliefen die auf 99 000 Euro veranschlagten Abrissarbeiten noch unspektakulär. Wegen der erforderlichen getrennten Entsorgung der Baumaterialen erfolgte zunächst der Ausbau der Mineralwolle-Dachdämmung und der Rückbau der Holz-Verkleidung des Zeltdaches. Vergangene Woche schlugen die Arbeiter dann Dachziegel für Dachziegel mit Hämmern ein. Zwei Tage hallte das Scheppern der herabfallenden Ziegel im Kirchenschiff durchs Dorf und kündete vom Beginn der heißen Abbruch-Phase.

    Ursprünglich sollte der Abriss bereits im September erfolgen. Doch der alte Echter-Kirchturm, der erhalten bleibt, brachte den Zeitplan noch einmal durcheinander. Baugrunduntersuchungen hatten ergeben, dass vor dem Abriss zunächst das Fundament des 42 Meter hohen Turms stabilisiert werden muss. Zum Einsatz kam schließlich das sogenannte Soilcrete-Verfahren. Dabei wurden unter dem alten Turmfundament nacheinander Spülbohrungen bis in sechs Meter Tiefe angelegt und die Bohrlöcher mit Beton verfüllt. Nun ruht der Turm auf insgesamt 35 Betonsäulen mit jeweils 1,25 Meter Durchmesser. Laut Kirchenpfleger Matthias Weißenberger war das Spezialverfahren mit 137000 Euro wesentlich günstiger als eine konventionelle Fundament-Nachgründung mit Abgrabung und Mauerunterfangung. Diese hätte sich auf 246000 Euro belaufen und zudem länger gedauert.

    Zu Beginn dieser Woche ebnete ein Bagger die Sakristei ein und schob sich durch die Kirchenmauer den Weg ins Gebäudeinnere frei. Für einen großen Auflauf sorgte dann das Einlegen der stählernen Fachwerkkonstruktion des Daches, die das Kirchenschiff überspannte. Zunächst hatten Arbeiter von einem Kran aus die obere Kuppe mit einem Schweißbrenner abgetrennt. Dann hängten sie das tonnenschwere Stahlgerüst mit einem Seil am Bagger an, der es ins Gebäude herunter zerrte. Die Planungen hatten zum Schutz des Kirchturms einen geordneten Rückbau vorgesehen und es ging auch alles gut. Mit einem markigen Schrei machte sich die sichtliche Anspannung der Bauarbeiter Luft.

    Für die Helfer aus der Pfarrgemeinde gibt es momentan nichts mehr zu tun. Kurz vor Abrissbeginn bauten einige noch die oben auf den Mauersims rundum verlegten Kupferbleche aus. Ein Einsatz der sich lohnte. Die Anlieferung der 1,3 Tonnen Kupfer beim Schrotthändler brachte 6800 Euro. Einnahmen, die wie die 1300 Euro aus einer ersten Altmetall-Anlieferung, dem Sonderkonto Kirchenneubau gutgeschrieben werden konnten. Exakt 782,25 Helferstunden und weitere 98,5 Maschinenstunden kann Kirchenpfleger Weißenberger bisher bilanzieren. Doch bei den festgelegten Stundensätzen um die zehn Euro wird es trotzdem noch einigen Schweiß verlangen, damit die von der Diözese erwarteten Eigenleistungen der Pfarrgemeinde von 45000 Euro zusammen kommen.

    Eine Woche wird die Abrissfirma wohl noch brauchen, bis der Bauschutt abgefahren und die Fläche plan geschoben ist, schätzt Matthias Weißenberger. Für ihn vergeht derzeit „kein Tag ohne Kirche“. Schließlich ist die Kirchenverwaltung Bauherr. Am 17. Dezember steht die Vergabe des Rohbaus an. Eigentlich sollte mit den Bauarbeiten noch dieses begonnen werden. Doch das Turmfundament verschob den Zeitplan um zwei Monate nach hinten. Jetzt ist der Baubeginn im Frühjahr geplant. Ursprüngliches Ziel war, zum ersten Advent 2013 Kirchweih zu feiern, sagt Weisenberger. Um das noch zu schaffen, „müsste jetzt alles mehr als ideal laufen“, hat Weißenberger wenig Hoffnung, dass der Termin zu halten ist.

    Der örtliche Bauausschuss wird sich auch in den kommenden Monaten alle 14 Tage treffen. Er berät die Details und legt die Ergebnisse der Kirchenverwaltung zum Beschluss vor. Festgelegt wurde bereits der Heizungstyp (welcher?). Momentan wird die Beleuchtungssituation der neuen Kirche diskutiert. Auch bei der Farbgebung, Bodenmaterialien oder der Einrichtung gibt es noch viel zu entscheiden und wohl noch einige Besichtigungstouren in andere Kirchen, meint Weißenberger.

    Die letzten Monate schwiegen wegen der Fundamentarbeiten am Turm die Kirchenglocken. Zum ersten Advent, nach Aushärtung des Betons, darf wieder geläutet werden, sagt Weißenberger: „Jetzt, wo die Kirche weg ist“. Die Gottesdienste werden bereits seit dem Kirchenausräumen im August im Pfarrsaal gehalten. Beim Adventskaffee am 2. Adventssonntag werden dort die kleinen bunten Glasscheiben aus den Kirchenfenstern gegen Spenden angeboten. Einige Waigolshäuser haben sich auch ganze Glasfensterelemente aus der Kirche gesichert, die wohl in manchen Gärten als Erinnerungsstücke einen Platz finden werden.

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