Die von der Abschiebung bedrohte ukrainische Familie Nykonchuk aus Untersteinbach schöpft wieder Hoffnung, dass ihrem Asylantrag doch noch in Deutschland stattgegeben werden könnte. Derzeit befindet sich die aus dem umkämpften Donezk geflüchtete vierköpfige Familie im evangelischen Kirchenasyl.
Die Nykonchuks haben das Glück, dass ihnen im Kampf mit den Behörden Lena Schuster und der Freundeskreis, der sich ehrenamtlich um die Integration der Asylbewerber in der Gemeinde Rauhenebrach bemüht, zur Seite stehen.
Lena Schuster ist „Patin“ der Familie. Sie hatte einst in Gaibach ihr Abitur gemacht. Bedingt durch ein Auslandssemester im Rahmen ihres Europastudiums in der sibirischen Stadt Tomsk und ein anschließendes mehrmonatiges, soziales Praktikum in Odessa spricht die Studentin fließend russisch. Momentan schreibt sie gerade an ihrer Bachelorarbeit. Nicht zuletzt durch Lena Schusters Initiative waren Flüchtlingsfamilien aus der Ostukraine in ihren Heimatort vermittelt worden.
Petitionsaufruf
Die 24-Jährige hatte nach Ablehnung des Asylantrags eine Online-Petition auf der Seite change.org/zukunft-in-frieden im Internet für die Familie Nykonchuk gestartet. Der Aufruf wurde bereits knapp 80 000 Mal unterstützt. Die Eingabe liegt momentan dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vor.
Die Nykonchuks sind den meisten in der Gemeinde Rauhenebrach seit dem Sommer 2015 sehr gut bekannt und vertraut. Vor dem Abschiebungs-Bescheid arbeitete der Vater als Facharbeiter in einer hiesigen Baufirma, die Kinder machten ein Praktikum in der örtlichen Bäckerei. Kurzum: Die Familie war voll in die ländliche Gemeinde im Steigerwald integriert.
Arbeiten nicht erlaubt
Umso mehr lebten Sergej (40) und Lena Nykonchuk (35) und ihre Töchter Albina (17) und Ella (15) seit der drohenden Abschiebung in permanenter Angst, aus dem Umfeld herausgerissen zu werden, in das sie sich so gut eingefügt hatten. Außerdem hatte Sergej Nykonchuk zum großen Bedauern seines Arbeitgebers den Job in der Baufirma wieder aufgeben müssen, da es ihm als Folge des im Oktober abgelehnten Asylantrags untersagt ist, weiter in Deutschland zu arbeiten.
Der Asylantrag war vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden, weil die Familie offiziell von den Behörden der Ukraine ein Visum für Spanien, nicht aber für Deutschland erhalten hatte.
Die Ablehnung des Asylantrages mit dem Verweis auf das Visum in Spanien bedarf nun aber einer genaueren Prüfung durch einen fachkundigen Anwalt, so Lena Schuster. Sie ist voller Zuversicht: „Es ist realistisch, dass durch diese Überprüfung dem Asylantrag der Familie stattgegeben wird.“
Sergej und Lena Nykonchuk hatten immer wieder betont, dass sie in einem Land mit einer derart hohen Jugendarbeitslosigkeit wie Spanien, für sich und ihre Kinder keine Perspektive sehen. Deshalb stand für sie von Anfang an fest, im Falle der ihnen ab Januar 2016 drohenden Abschiebung lieber den riskanten Weg über Russland zurück in die Ukraine zu nehmen.
Um die Familie vor der Abschiebung und die ihnen dadurch drohende ungewisse Zukunft zu bewahren, sei nur noch ein Kirchenasyl in Frage gekommen, so Lena Schuster.
Mitglieder des Helferkreises, allen voran die Betreuer der Familie Nykonchuck, Lena Schuster und Fritz Klaus sowie Martina Reinhart, setzten sich daraufhin bereits vor Weihnachten mit dem Katholischen Pfarramt in Untersteinbach in Verbindung, um die Möglichkeit eines in der Regel vom Staat geduldeten Kirchenasyls zu überprüfen.
In dem Gespräch zwei Wochen später mit Pfarrer Kurt Wolf und Mitgliedern des Kirchenvorstands, hätten sich die Vertreter der Katholischen Kirchengemeinde aber nicht zu einer endgültigen Entscheidung durchringen können, bedauert Lena Schuster.
Da die Zeit aber sehr drängte, hätte sich der Helferkreis mit einer evangelischen Kirchengemeinde in der Nähe in Verbindung gesetzt. Hier sei man mit dem Anliegen auf offene Ohren gestoßen, berichtete Lena Schuster.
Der Pfarrerin sei es gelungen, innerhalb weniger Stunden den Kirchenvorstand zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenzutrommeln, um das Thema „Kirchenasyl“ zu besprechen. Nach nur einstündiger Diskussion habe der Kirchenvorstand einstimmig beschlossen, dass man im christlichen Sinne Menschen in Not hilfreich zur Seite stehen müsse und man deshalb der Familie in den Räumen der Kirchengemeinde Schutz gewähre.
Noch am gleichen Tag wurden die Nykonchuks in die evangelische Kirchengemeinde gebracht, wo sie seitdem im Pfarrhaus wohnen.
In zwei Monaten sei es der Familie möglich, wieder nach Untersteinbach zurückkehren, da nach dieser Frist der Asylantrag in Deutschland erneut geprüft werden könne und damit erst einmal keine Gefahr der Abschiebung mehr bestehe. Dann dürfe der Vater zudem auch wieder arbeiten, berichtet Schuster. Der Chef der Baufirma, bei der Sergej Nykonchuk in Arbeit stand, habe schon signalisiert, ihn wieder einzustellen.
In der Kirchengemeinde macht sich Sergej Nykonchuk solange bei der Renovierung des Pfarrhauses nützlich und ist froh, dass er der Pfarrerin mit seinen handwerklichen Fähigkeiten weiterhelfen kann.
Lena Schusters Spendenaufruf
Durch die Flucht in das Kirchenasyl habe die vierköpfige Familie jeden Anspruch auf Unterstützung durch den Staat und auch den Krankenversicherungsschutz verloren. Zudem müsse die asylgewährende Kirchengemeinde für die Dauer von zwei Monaten für alle Ausgaben aufkommen. In Anbetracht der finanziellen Belastung seien Spenden sehr willkommen, so Lena Schuster.
Spenden können unter dem Stichwort „Kirchenasyl“ auf das Konto der evangelischen Kirchengemeinde Großbirkach eingezahlt werden. Die IBAN lautet DE51770620140000417327, die BIC: GENODEF1BGB. Für die Ausstellung von Spendenquittungen sind der Name und die vollständige Adresse anzugeben.