Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Die Puppenmutter von Dittelbrunn

Landkreis Schweinfurt

Die Puppenmutter von Dittelbrunn

    • |
    • |
    Am Schminktisch: Gisela Lindner bemalt das Gesicht einer Porzellanpuppe mit Pinsel und Farbe.
    Am Schminktisch: Gisela Lindner bemalt das Gesicht einer Porzellanpuppe mit Pinsel und Farbe. Foto: Fotos: Ursula Lux

    Dittelbrunn

    „Schon mit fünf Jahren brach bei mir das Puppenfieber aus“, sagt Gisela Lindner und lacht. Damals hat sie ihre erste Puppe bekommen, heute kann sie die Puppen, die sie selbst gefertigt hat, gar nicht mehr zählen.

    Schon als Kind hat sie in der Schneiderwerkstatt der Großmutter für die eigene Puppe gestrickt und genäht. Später hat sie vieles ausprobiert: Wachsgüsse, Rupfenpuppen, ganze Wände hat sie mit Makramee-Teppichen behängt. Seit 20 Jahren weiß die Hobby-Künstlerin, wo ihre wahre Leidenschaft steckt: Sie fertigt Porzellanpuppen. Nebenbei wird nur noch gefilzt und Strümpfe gestrickt. „Beim Fernsehen am Abend muss ich ja auch was zu tun haben“, sagt sie.

    Porzellangießen nicht einfach

    Dass die Sache mit den Porzellanpuppen, vor allem das Porzellangießen gar nicht so einfach ist, merkte Gisela Lindner bei ihrem ersten Versuch. „Eine Gallone Porzellan habe ich vergossen, 30 Köpfe gemacht, aber nur zwei waren am Ende brauchbar“, erinnert sie sich. Bis daraus die ersten beiden Puppen entstanden, vergingen etwa 40 Stunden reine Arbeitszeit. Heute geht es ein bisschen schneller, mindestens 30 Stunden braucht eine Puppe aber immer noch. Denn bis ein kleiner Puppen-Lausbub aus dem Regal grinst, sind viele Arbeitsgänge nötig.

    In Aachen hat Gisela Lindner im Jahr 1992 die erste Deutsche Puppenschule besucht. Seitdem arbeitet sie professionell mit flüssigem Porzellan, das in die Gießformen eingefüllt wird. Vorher muss das Porzellan allerdings gut durchgerührt werden und eine Weile stehen, damit die Luftblasen entweichen können.

    Genau sieben Minuten darf das flüssige Porzellan in den Formen bleiben, bevor es wieder in den Kanister zurückgegossen wird. In dieser Zeit hat sich an der Innenwand der Form eine dünne Schicht abgelagert. Nach drei Stunden ist diese hart genug, so dass die Köpfe, Ohren, Gaumen, Brustplatten oder Gliedmaßen vorsichtig aus der Form herausgenommen werden können. Die Köpfe signiert Lindner mit ihren Initialen.

    Nach zwölf Stunden Trockenzeit bei 750 Grad im Brennofen werden im Wasserbad Unebenheiten und Nähte weggeschliffen, bevor die Teile ein zweites Mal in den Brennofen wandern. Diesmal bei 1200 Grad und doppelt so lange. Erst dann bekommen die Köpfe ein Gesicht. Mit Ölfarbe malt Gisela Lindner Lippen rot und Wimpern schwarz und trägt Rouge auf die Bäckchen auf. Dann werden Zungen und Augen eingesetzt.

    Noch verwendet Gisela Lindner fast ausschließlich mundgeblasene Glasaugen. Aber das wird immer schwieriger. „Bald wird es nicht mehr genug Glasbläser geben, die Augen herstellen“, bedauert sie. Die Plastikaugen findet sie lange nicht so schön.

    Körper aus Nesselstoff

    Schließlich fertigt Gisela Lindner aus Nesselstoff die Körper der Puppen, die mit der Brustplatte vernäht werden. Arme und Beine werden meist angebunden. Der Nesselstoff wird mit Granulat und Füllwatte gestopft.

    Natürlich braucht die nackte Puppe auch Kleider. Die Kleidchen, Höschen und Jacken näht und strickt Lindner meist selbst. In den Regalen bei Gisela Lindner stapelt sich ein großes Sortiment an Kleidungs- und Schmuckstücken, Schühchen und Spielsachen aller Art.

    Zuletzt werden die Haare befestigt, künstliche oder echte, erklärt Lindner. Erst dann darf die fertige Puppe zu ihren Kollegen ins Zimmer nebenan. Dort quellen die Regale über vor Lausbuben und hübschen Mädchen, Babys und feinen Damen. Sie lachen, gähnen oder schlafen, ziehen eine Schnute oder strecken die Zunge heraus. Jede Puppe ist ein Unikat.

    Manchmal repariert Gisela Lindner auch alte Puppen, derzeit eine echte Schildkröt-Puppe. Eigentlich ist daran nur noch der Kopf echt, den Rest hat Gisela Lindner erneuert, denn auf Wunsch der Besitzerin bekam das Mädchen einen neuen Porzellankörper.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden