Marc-Dominic Boberg, der Grüne, der Wert auf die „C“s in seinem Doppelnamen legt und dessen jüngere Tochter Clara-Franzisca („bitte beide Vornamen mit c“) heißt, kommt pünktlich, sogar einige Sekunden früher. Vor der Redaktion treffen wir ihn, weil er uns am Vortag zwar schnell entschlossen einen Termin gab, aber wo? Über diese Frage wollte er erst einmal schlafen. Als Vorgabe hatte die Redaktion einen Ort in Schweinfurt gegeben, einen, an dem er sich besonders wohlfühlt.
Boberg ist an diese Frage genauso akribisch herangegangen wie an seine Stellungnahmen im Stadtrat oder sein Wahlprogramm: aufwendig und mit Verstand. Stammkneipe?, hat er nicht. Die Bahn Nummer 7 im Silvana, der Sattel seines Rennrades und auch das an diesem Vormittag menschenleere Vereinsgelände des Hockey Clubs boten sich irgendwie nicht an. So steuert Boberg zu dem Naturladen in der Burggasse, in der Gasse, in der er ein Geschäft mit Naturtextilien hatte.
Ladenbesitzerin Christa Remde begrüßt den treuen Kunden herzlich. Boberg hat hier ein Heimspiel. Jeder, der den Laden betritt, kennt ihn. Ein Nachbar hat ihn von der anderen Straßenseite aus gesehen, kommt, um Servus zu sagen, muss zu einem Termin, hat keine Zeit für einen Einkauf. „Hier treffe ich Menschen, die ich mag“, kommentiert Marc-Dominic Boberg.
In den kommenden Wochen wird er im Zürch aber eher selten zu sehen sein. Das liegt nicht am Wahlkampf. Er ist beruflich unterwegs. Der am 10. Mai 1968 Geborene ist freier Handelsvertreter für Naturtextilien und als solcher stets von Mitte Januar bis Mitte März und von Mitte Juli bis Mitte September in ganz Süddeutschland auf Tour. Und Brötchen verdienen, das muss er auch heuer, Wahlkampf hin, Wahlkampf her.
Obwohl Schweinfurt nicht in seiner Geburtsurkunde steht, Boberg ist bekennender Schweinfurter, mag das „vielfältige Leben und die vielfältigen Menschen“ in dieser Stadt. Auf die Frage, was ihm an Schweinfurt nicht gefällt, fällt ihm nach Zögern nur das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld ein; auf die Frage, was ihm an der Stadt gefällt, die „Bodenständigkeit“.
Schnell ist im Gespräch klar, dass der Sport neben Frau Christine (selbstverständlich mit C) und den Töchtern Isabelle-Sophie (20 Jahre) und Clara-Franzisca (15 Jahre) für Boberg etwas ganz Zentrales im Leben ist. Er ist Langstreckenschwimmer und trainiert beim Schwimmclub 1913 vier Kindergruppen. Auf dem Rad ist er mit der Radrennsportgruppe Hofmann unterwegs. Außerdem trainiert er beim Schweinfurter Hockey-Club die Torleute und natürlich auch seine Tochter Isabelle-Sophie, die im Tor der Hockeyspielerinnen beim Münchner Sportclub steht.
Der Ausdauersport ist für Boberg Muse. Durch das Wasser und über den Asphalt zu gleiten, ist für ihn Ausgleich zum Beruf und zur oft hektischen Politik. Diesen findet er weniger in einem Konzert, im Theater oder bei einem Roman. „Dazu fehlt mir die Ruhe“, sagt er. Lieber macht er sich mit dem Foxterrier Ferry auf zu einem Spaziergang. Dass er für Kabarett und Kleinkunst aufgeschlossener ist, passt zu diesem Bild; auch, dass er sich beim Lesen bevorzugt mit Sachthemen eindeckt, glaubt man dem wortreichen Umweltpolitiker.
Der gelernte Einzelhandelskaufmann wohnt im Haus auf dem Hochfeld und weiß, welche Chancen er bei der OB-Wahl hat. Klappt es nicht, dann will er sich im Bereich Kommunikationstraining – irgendwo zwischen Sportpsychologie und Mentaltraining – weiterentwickeln. „Die Trainer reden viel, da kann man helfen“, bringt er sein Ziel auf den Punkt.
Am Schluss streift das Gespräch dann doch irgendwie in die Richtung ab, die eigentlich tabu sein sollte. Die Kollegen im Stadtrat seien allesamt ganz umgänglich. In den Sitzungen herrsche der politische Streit vor. Doch just dafür treffe man sich im Rathaus, sagt der Kandidat, der überrascht ist, wie angenehm man ansonsten den Umgang miteinander pflegt. Und auch die Politik sieht Boberg von zumindest einer sportlichen Seite. Frei nach dem Motto „Dabeisein ist alles“ sagt er: „Oberstes Ziel ist es für mich nicht, immer um jeden Preis erfolgreich zu sein, sondern gute Politik zu machen.“
Marc-Dominic Boberg
Familie: Seit dem dritten Lebensjahr wohnt Marc-Dominic Boberg in Schweinfurt. Geboren wurde er 1968 in Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen. Nach Schweinfurt zogen die Eltern mit ihm und dem Bruder Oliver, weil Vater Erwin Boberg Chef der Schweinfurter Feuerwache wurde. Verheiratet ist der Kandidat seit 1989. Er hat zwei Töchter (15 und 20 Jahre).
Ausbildung: Dem Abschluss an der damaligen Knaben-Realschule folgte eine Lehre in Schweinfurt bei Fischer Herrenmoden. Danach arbeitete Marc-Dominic Boberg bei Peek & Cloppenburg, Regent in Weissenburg, Ditzel Moden und Kröner Einrichtungen (beide Schweinfurt).
Karriere: 1996 begann Boberg seine Tätigkeit als freier Handelsvertreter für Naturtextilien in Bayern und auch in Baden Württemberg. Von 1995 bis Ende 2004 hatte er zusätzlich ein Naturtextil-Fachgeschäft in der Burggasse im Stadtteil Zürch.