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Editorial: Es ist ja bloß eine Oper

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Editorial: Es ist ja bloß eine Oper

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    Der Dirigent uninspiriert bis lahm, Brünnhilde indisponiert bis schlecht, Wotan farblos bis nicht vorhanden, die ganze Inszenierung altmodisch bis provinziell.“ So souffliert der Großkritiker Hans Böttner-Salm nach einer Wallküre-Aufführung dem Wagner-Banausen Monaco Franze, der damit anschließend im Kreise der routinierten (und pflichtschuldigst begeisterten) Operngänger um Dr. Schönfärber einen ziemlich unterhaltsamen Auftritt hat. Eine brillante (und unter Künstlern wie Kritikern legendäre) Satire von Helmut Dietl auf die Münchner Kulturschickeria.

    Inzwischen ist der Typus des Großkritikers fast ausgestorben, die Zeiten, in denen sein Urteil Gesetz war, sind vorbei, und das ist gut so. Hin und wieder kommt es sogar vor, dass ein Rezensent den Unwillen des Lesers auf sich zieht. Es ist ja auch irgendwie ungerecht, dass da einer seine Meinung kundtun darf, und der Theatergänger, der das alles möglicherweise ganz anders erlebt hat, muss es einfach so hinnehmen.

    Muss er nicht. Er kann zum Beispiel einen Leserbrief schreiben. Oder in der Redaktion anrufen. Wenn er es tut, dann oft mit so großem Engagement und so beeindruckender Leidenschaft, dass man ihm mit Monaco Franze zurufen möchte: „Jetzt beruhigen Sie sich, es ist ja nix passiert, das ist ja bloß eine Oper.“

    Natürlich gibt es Irrtümer oder gar Fehlurteile. Natürlich kommt es vor, dass ein Kritiker einem Künstler Unrecht tut. Das mag von seinen grundsätzlichen Einstellungen ebenso abhängen wie von seiner Tagesform.

    Aber wer wollte das abschließend beurteilen? Glücklicherweise geht es hier nicht um Recht und Unrecht im juristischen Sinne. Es geht um eine Momentaufnahme. Um das persönliche, das subjektive Erleben. Dieses stellt der Kritiker – im Idealfall argumentativ untermauert – zur Diskussion.

    Und hierin liegt der eigentliche Zweck der Rezension: An den Standpunkten des Rezensenten kann und soll der Theaterbesucher sich reiben. Sie geben ihm die Möglichkeit der eigenen Standortbestimmung. Teile ich die Meinung des Kritikers? Wenn nicht, wo irrt er? Bringt er vielleicht Aspekte zur Sprache, die mir nicht bewusst waren? Fragen, die sich im Übrigen auch der Kritiker stellen sollte, wenn ihn der Zorn des Lesers trifft.

    Und so findet zwangsläufig neben der äußeren auch eine innere Auseinandersetzung statt. Was können sich Kunst und Künstler mehr wünschen?

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