Auf 1992 gehen erste Bemühungen zurück, für „pro familia“ eine Beratungsstelle in Schweinfurt zu eröffnen. Letztes Jahr hat's schließlich geklappt. Seit 1. Mai 2012 residiert neben den beiden kirchlichen Schwangerenberatungsstellen Diakonie und Sozialdienst katholischer Frauen sowie der staatlichen im Gesundheitsamt die unabhängige Beratungsstelle „pro familia“ in der Manggasse 18a. Leiterin Martina Schneider und Hans-Peter Breuner ziehen eine positive Bilanz.
382 Beratungen haben die Beschäftigten in den ersten zwölf Monaten bis Ende April durchgeführt, darunter 105 zur Schwangerenkonfliktberatung und 150 in der allgemeinen Schwangerenberatung. 245 Frauen suchten Hilfe beim „pro Familia“-Team, 97 Mal waren die Männer dabei, 13 Männer ließen sich alleine beraten. Neben beiden Hauptfeldern ist Prävention das dritte. Hier geht es um Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen in Schulen sowie um Fortbildung etwa von Lehrern und Erzieherinnen.
Über intime Themen sprechen
In Bezug auf Schulen musste die neue Beratungsstelle nicht werben, „die wenden sich von alleine an uns“, sagt Breuner, „schließlich steht Sexualaufklärung auch im Lehrplan“. Er hat Verständnis dafür. „Je intimer das Thema, um so schwieriger ist es für viele Jugendliche, mit Eltern oder Lehrern darüber zu sprechen. Neutraleren Personen wie ausgebildeten Sexualpädagogen gegenüber falle das oft leichter. Ab der dritten, vierten Klasse kämen „pro familia“-Mitarbeiter in die Klassen. Denn: „In Zeiten des Internets stellen die Kinder Fragen, die man vor 20 Jahren eher von Siebt- und Achtklässlern erwartet hätte.“
In zwei Kindergärten hat „pro familia“ in Schweinfurt Elternabende zur frühkindlichen Sexualerziehung abgehalten. Fortbildungen für Eltern, Erzieher und Lehrerinnen zu diesem Thema sind ebenfalls möglich. Unter dem Titel „Nase, Bauch, Po“ geben die Sexualpädagogen Tipps, wie die Betroffenen zum Beispiel mit dem kindlichen „Doktor spielen“ richtig umgehen können.
Im ersten Jahr hat „pro familia“ in 17 Schulklassen mit 266 Schülern sexualpädagogische Workshops sowie drei Elternabende für 53 Personen an Grundschulen zum Thema Sexualerziehung durchgeführt; ferner sieben sexualpädagogische Veranstaltungen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung (89 Personen), zwei Elternabende an Kindergärten sowie zwei sexualpädagogische Workshops für zehn Mädchen.
Leiterin Martina Schneider ist mit dem Start der neuen „pro familia“-Beratungsstelle fürs erste Jahr sehr zufrieden. Deren Inanspruchnahme werde sicher noch steigen. Nach Würzburg und Aschaffenburg ist es die dritte Stelle in Unterfranken. Sie ist für ein großes Gebiet zuständig: die Stadt Schweinfurt und die vier Landkreise Schweinfurt, Haßberge, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld.
Beratung frei wählen
Dass es „pro Familia“ nun auch in Schweinfurt gibt, sei Ausdruck des „Pluralitätsprinzips“, sagt Schneider. Das besage, dass bei einem sensiblen Thema wie der Schwangerenkonfliktberatung jeder die Beratungsstelle wählen können soll, die ihm zusagt – eine kirchliche, die staatliche oder eine unabhängige.
Personell ist „pro familia“ mit fünf Mitarbeitern auf dreieinhalb Stellen ausgestattet. Drei Mitarbeiter/innen teilen sich zwei Fachstellen und zwei Beschäftigte 1,5 Stellen in der Verwaltung. Etat: rund 194 000 Euro. Der Zuschuss des Freistaats Bayern beläuft sich auf 65 Prozent (126 000 Euro), 30 Prozent (58 000 Euro) kommen von der Stadt Schweinfurt und den vier Landkreisen Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld, und fünf Prozent muss der Verein an Eigenmitteln aufbringen.
Was die Schulbesuche in der Präventionsarbeit betrifft, „sind wir für dieses Schuljahr schon ausgebucht“, sagt Breuner. Er hält Sexualaufklärung für sehr wichtig, vor allem, um Teenager-Schwangerschaften, die in den USA und England etwa viel häufiger vorkämen, zu vermeiden. Ist „pro familia“ in Schweinfurt jetzt gerade mal ein Jährchen jung, feiert die Würzburger Beratungsstelle jetzt gerade ihren 30. Geburtstag.