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„Ein seltener Tropfen: Beamtenschweiß“

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„Ein seltener Tropfen: Beamtenschweiß“

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    Seit Dienstag in Betrieb: die Polizeidienststelle in Werneck.
    Seit Dienstag in Betrieb: die Polizeidienststelle in Werneck. Foto: jschaefer

    Wie leergefegt wirkt das Büro von Otto Weichsel: Auf dem Schreibtisch verlieren sich das Telefon und ein zusammen gerolltes Plakat. In der Ecke steht eine Kiste mit Altpapier. Auch in den Fluren von Weichsels Trakt im Schweinfurter Polizeigebäude ist kaum einer der Beamten der Verkehrspolizeiinspektion zu sehen. Alle sind im Dienst oder bringen gerade ihre Umzugskisten nach Werneck. Aufbruchstimmung. Eine neue Ära beginnt für die Autobahnpolizisten in ihrem neuen Haus an der A 70, das der Freistaat für 3,9 Millionen Euro an den Schnittpunkt der drei Fernstraßen im Landkreis Schweinfurt gebaut hat.

    Die Herausforderung: An den zwei Tagen des Umzugs soll der Dienstbetrieb auf den Autobahnen uneingeschränkt weitergehen. „Darauf habe ich Wert gelegt“, betont Inspektionschef Weichsel. Um das zu garantieren, hat die Dienststelle einen ausgeklügelten Ablaufplan entwickelt. „Etwa vor drei Monaten sind wir ins Detail gegangen“, sagt der Mühlhausener Bernhard Meyer, der daran mitgestrickt hat.

    Vor allem die Erreichbarkeit per EDV galt es zu sichern: Am Montag ist die Anlage in Oberthulba stillgelegt worden; die dortige Dienststelle ist aufgelöst und die Belegschaft nach Werneck abgerückt. In Schweinfurt, so erläutert Siegfried Brendel, hat die Polizei eine so genannte „Rücklaufebene“ aufgebaut, um eventuell eingreifen zu können. Nur einmal für eine halbe Stunde ist der zentrale Server abgeschaltet worden – wegen des Umzugs war bayernweit die Eingabe von Ordnungswidrigkeiten blockiert. An den Zentralrechnern in München hat man die Zeit genutzt, um Wartungsarbeiten durchzuführen.

    Ortswechsel: Im Eingangsbereich in Werneck dirigiert Bernhard Meyer die Neuankömmlinge. Er ist in dieser Phase dafür zuständig, dass sämtliche Kartons und Kisten aus Oberthulba in das richtige Zimmer getragen werden. „Jeder ist für seine persönliche Ausrüstung selbst verantwortlich“, sagt Weichsel. Und so spazieren die Beamten schwer beladen durch die Gänge: Am Bügel Uniformhemden, in der Hand die Dienstmütze, über der Schulter ein Halfter mit Schlagstock. Wer auf Streife ist, hat zuvor seine Kisten gepackt und beschriftet. Die werden von den Kollegen nach Werneck geschafft.

    Erste Anlaufstelle ist dort Hagen Knieß aus dem Geschäftszimmer. „Er ist etwas gestresst“, witzelt Weichsel. Knieß verteilt die Schlüssel, die mit farbigen Anhängern auf dem Fensterbrett in Reih und Glied aufgereiht sind, an die Kollegen. Für den Waffenschrank, für die zentrale Schließanlage. Genaue Buchführung ist bei ihm das A und O.

    Einige Polizisten sehen da ihren neuen Arbeitsplatz zum ersten Mal, müssen sich orientieren, sich durchfragen. Die 120 Beschäftigten aus den bisher zwei Dienststellen bilden ab sofort eine Einheit. Polizeirat Weichsel verspricht sich davon unter anderem mehr Flexibilität für Urlaubs- und Dienstpläne. Allerdings bejubeln nicht alle Beamten den Umzug: „Es war so familiär“, klingt bei Klaus Wiesler Wehmut über den Abschied aus Oberthulba mit. Um 6 Uhr am Montag hat dort die letzte Schicht geendet. Einen späteren Unfall auf der A 7 bei Bad Brückenau haben schon die Polizisten aus Schweinfurt für die Kollegen übernommen, die Uniform mit Blaumann getauscht haben.

    Denn den Umzug übernehmen die Polizisten selbst. „Wenn wir auch die Möbel hätten mitnehmen müssen, wäre das nicht ohne Spedition gegangen“, sagt Weichsel. Vom Präsidium in Würzburg hat man sich nur einen Lkw und zwei Arbeitskräfte ausgeliehen. Ansonsten dienen die Einsatzfahrzeuge als Transporter.

    Ein böser Blick von Bauleiter Martin Knapp trifft den Fahrer eines Kleinbusses. Er hat sein Gefährt zwecks schnellerer Entladung auf dem Fußweg vor dem Eingang geparkt. „Dafür ist er eigentlich nicht ausgelegt“, grummelt Knapp, der sein Hauptquartier in den Umzugstagen in ein (noch) freies Vernehmungszimmer verlegt hat. „Es ist schon komisch, nach eineinhalb Jahren bald nicht mehr täglich hierher zur Baustelle zu fahren.“ Wehmut auch beim Bauleiter.

    Im Gewusel der Polizisten, die Weichsel freudig per Handschlag begrüßt, bahnt sich einer den Weg – mit Karton und Selbstironie: „Heute gibt es seltene Tropfen: Beamtenschweiß.“ Zwischen den in den Gängen gelagerten Schachteln huschen Handwerker. Die letzten Handgriffe sind gefragt. Im Keller schraubt einer noch ein Regal zusammen. Dort soll noch jede Menge Material eingeschichtet werden, das momentan den Zugang zu den Waffenschränken blockiert.

    Langsam füllt sich auch der Hof: Die ersten Polizeiautos parken zwischen den zivilen Einsatzfahrzeugen und den Handwerkerwägen. Und auch an der Pforte tut sich was: der erste Kunde. Er hat ein volles Portemonnaie gefunden und will es abgeben. Der Diensthabende muss noch nach Papier suchen, aber auch dieses Missgeschick ist schnell behoben. Ebenso wie andere umzugstypische Pannen: Am Dienstag fällt Weichsel auf, dass er die Tageszeitung noch nicht umbestellt hat.

    Die wird heute wohl noch in die leeren Flure nach Schweinfurt geliefert. Bald wird aber auch dort neue Geschäftigkeit einziehen: Die Wasserschutzpolizei übernimmt einige Büros und die dortige Polizeiinspektion kann ihre Raumprobleme entschärfen. Dann werden wieder Umzugskartons gepackt.

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