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Eisenherstellung: Im Prinzip ganz einfach

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Eisenherstellung: Im Prinzip ganz einfach

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    Heiß ist es da drinnen, aber so richtig heiß: Um die 1200 Grad Celsius. Schließlich soll in dem selbst gebauten Lehmofen Eisenerz verhüttet werden, so wie vor 2000 Jahren. Um dabei wissenschaftlich festzustellen, wie die alten Germanen das Eisen für ihre Werkzeuge und Waffen gewonnen haben. Ein spannendes Experiment, das Studenten der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie der Universität Bamberg auf dem Gelände des Obbacher Schlossguts durchführen.

    Unter dem schattigen Dach eines ehemaligen Silos ragt ein knapp zwei Meter hoher Ofen mit konisch zulaufendem Kamin hoch. Die Luft flimmert über dessen Gichtöffnung. In Abständen von 15 Minuten gibt ein Student von einem Podest aus exakt abgewogene Holzkohle dort hinein.

    „Der Sommerhit“, lacht Professor Andreas Schäfer über den Namen der handelsüblichen Kohle aus ökologischem Buchenholz. Mit seinen Studenten habe er zwar bei früheren Verhüttungsexperimenten schon selbst Holzkohle produziert. Aber um der Vergleichbarkeit willen habe er diesen jetzt Weg gewählt.

    „Wissenschaftliche Experimente versuchen Thesen zu verifizieren oder falsifizieren“, sagt der Archäologe. Weshalb der Versuch sauber dokumentiert werden muss, um wiederholbar zu sein. Und damit jeder einzelne Parameter überprüft werden kann.

    Eisengewinnung nennt sich dieses Forschungspraktikum, das Professor Schäfer erstmals auf dem Schlossgelände seiner Familie in Obbach den Studierenden aus Bamberg anbietet. Vom Drittsemester bis zur Bachelorkandidatin arbeiten zehn junge Leute hier mit. Angeleitet werden sie zudem von Dr. Guntram Gassmann, selbstständiger Montanarchäologe aus Tübingen, Spezialist in Sachen archäologischer und geologischer Materialforschung.

    Ganz praktisch heißt das für die Studenten, zunächst den Verhüttungsofen nachzubauen. Zwei Tonnen Lehm aus einer ehemaligen römischen Legionsziegelei bei Frankfurt wurden im Juni dazu aufbereitet, zu Ziegeln geformt, als 1,75 Meter großer Ofen modelliert und verdichtet.

    Bereits im April hatten die jungen Leute zuerst eine 50 Zentimeter tiefe Grube am späteren Ofenstandort ausgehoben, in die die Schlacke beim Verhütten hineinfließen kann. Das Eisen bildet sich dann darauf als grieseliger Klumpen. Im erkalteten Zustand kann der Schlackenklotz aus dem geöffneten Ofen entnommen werden.

    Unter anderem von Ausgrabungen eines älterkaiserzeitlichen Verhüttungsplatzes in Wetzlar-Dalheim kennt Professor Schäfer die Bauweise eines solchen Ofens, wie er im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus verwendet wurde. „Das Prinzip ist relativ einfach“, sagt er, aber „ob es auch funktioniert“ soll nachgeprüft werden.

    So weiß man beispielsweise nicht genau, wie hoch der Ofenkamin war. Oder ob tatsächlich immer ein Blasebalg verwendet wurde, um die Glut im Ofen auf die richtige Schmelztemperatur von 1150 bis 1200 Grad Celsius für das Eisenerz, das Hämatit, zu bringen. Wahrscheinlicher ist für Professor Schäfer und Dr. Gassmann in diesem Punkt, dass ein ebenfalls gefundener Düsenziegel – ein kleiner Lehm-Quader mit einem Durchzugsloch – am unteren Rand des Ofens eingebaut wurde, der den Luftstrom fokussiert. Und dadurch die Innentemperatur erhöht.

    Genau das erledigt nun Dr. Gassmann: Er „verschließt“ die zuvor größere Ofenöffnung, durch die die glühende Holzkohle zu sehen ist, mit einem selbst fabrizierten Düsenziegel. Dann kann ein Student das zerkleinerte – gepochte – Hämatit gemeinsam mit der Holzkohle im Gewichtsverhältnis eins zu eins über den Kamin in die Glut geben. Etwa 30 Kilogramm Eisenerz aus dem Lahntal, oberirdisch abgebaut, stehen den Studenten für eine Ofenbefüllung zur Verfügung.

    Wie sehr eine Eisenverhüttung auch noch vom Wetter abhängig war, erfährt die Forschergruppe in Obbach an diesen heißen Tagen: Heraufziehendes Gewitter und verändernder Luftdruck lassen die Temperatur im Ofen sinken, die Durchsatzgeschwindigkeit nimmt rapide ab. „Die Menschen haben damals die Wettersituationen viel besser gekannt, als heute“, weiß Guntram Gassmann. „Sie waren ja auf Naturbeobachtungen angewiesen“. „Wahrscheinlich hätten sie bei so einem Wetter gar nicht mit der Verhüttung angefangen“, glaubt Andreas Schäfer.

    Was die Bamberger Studenten bei ihrem Forschungsprojekt weglassen, sind die Riten, die so einen Verhüttungsvorgang ehemals begleiteten. „Da wurde beispielsweise ein Huhn oder ein größeres Tier geschlachtet und das Blut in den Ofen gespitzt, um böse Geister abzuwehren“, erklärt der Archäologieprofessor. „Ein Ritus war auch wichtig zum Einprägen der einzelnen Schritte“, fügt sein Kollege Gassmann hinzu.

    Er weiß auch, dass der Schmied früher eine Sonderstellung inne hatte: Er war gefürchtet, weil er die Elemente beherrschte, zählte zur Elite, wurde ehrfürchtig behandelt, stand teilweise auch im Abseits. „Wenn man sieht, wie es einen Ofen zerreißt, welche Gewalt dahinter steckt, dann hat man großen Respekt davor“, unterstreicht Schäfer. „Das ist kein Kinderspiel“.

    Den Ofen wollen die Archäologen nach erfolgten Verhüttung nicht zerschlagen, lediglich ein Loch öffnen, um das gewonnene Eisen herauszuholen. Der Ofen soll auf dem Obbacher Versuchsgelände stehen bleiben, um weiteren Studenten zu Forschungszwecken zu dienen. „Wir wollen wissen, wie oft man ihn benutzen konnte“.

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